Verlieb dich nie in einen Herzensbrecher! (Julia) (German Edition)
das hatte er nach dem Tod seines Bruders und der Scheidung der Eltern entschieden. Und es ging ja auch ohne. Er hatte einen Beruf, der ihn mehr als befriedigte, und einen interessanten Bekanntenkreis. Er reiste um die Welt und genoss alle Vorteile, die ein gut gefülltes Bankkonto mit sich brachte. Selbst Heirat war nicht ausgeschlossen, solange seine zukünftige Frau nicht mehr von ihm erwartete, als er zu geben bereit war.
Was er nicht wollte, wovor er zurückschreckte, waren Situationen, die er nicht kontrollieren konnte.
In diese Situation hatte Daisy ihn gebracht.
Alles an ihr hatte ihn überwältigt, ihr Charme, ihr warmherziges, unverfälschtes Wesen, die Leidenschaft, mit der sie sich ihm hingab. Aber gleichzeitig weckte sie Sehnsüchte und Empfindungen, die ihn an Dinge erinnerten, an die er sich nicht erinnern wollte. Und so hatte er sie verlassen.
Daisy behauptete, dass er nicht lieben konnte – er hatte geglaubt, dass er nie wieder lieben würde. Charlie bewies, dass sie beide im Irrtum waren.
Er liebte seinen Sohn, wie er es niemals für möglich gehalten hätte. Mehr noch, er gestand sich ein, dass er Daisy von Anfang an geliebt hatte.
Ohne dass es ihm bewusst gewesen war, hatte sie damals seinen inneren Schutzwall ins Wanken gebracht. In jenen zwei kurzen Tagen hatte sie ihm gezeigt, wie das Leben mit jemandem wie ihr sein könnte, wenn er den Mut dazu aufbrächte. Aber das hatte er nicht – zu tief waren die schlimmen Erfahrungen seiner Kindheit verankert. Stattdessen war er abgereist. Mit heilem Herzen, wie er glaubte. Er hatte sich geirrt.
Empfindungen und Sehnsüchte, das Verlangen nach ihr waren so stark wie zuvor. Als sie an jenem Oktoberabend die Tür geöffnet hatte, hatte er sofort gewusst, dass alles unverändert war.
Und da er sich das um keinen Preis eingestehen konnte, redete er sich ein, dass es nicht mehr als Begehren war – Daisy war eine sehr attraktive Frau. Er sagte sich, dass eine gemeinsame Nacht ihn von ihr kurieren würde. Dass er seine Gefühle unter Kontrolle hatte und auch sie kontrollieren konnte.
Aber das ließ sie nicht zu.
Sie wollte – verlangte! – von ihm noch immer das Gleiche: kompromisslose Liebe. Dazu gehörte die Bereitschaft, sich einem Menschen auszuliefern, Risiken einzugehen, sein Schicksal in andere Hände zu legen – Dinge, die er seit Jahren ablehnte.
Besaß er die Kraft, das zu ändern? Alex wusste es nicht.
Er wusste nur, dass er Daisy liebte. Und wenn er sie nicht verlieren wollte, blieb ihm keine andere Wahl. Und noch etwas wusste er: Bevor er an eine Zukunft denken konnte, musste er mit der Vergangenheit abschließen.
Er drehte Manhattans Skyline den Rücken und ging ins Schlafzimmer. Es war spartanisch möbliert und enthielt außer dem niedrigen breiten Bett nur einen Kleiderschrank, einen Nachttisch und eine hohe Eichenkommode. Vor der kniete er jetzt nieder, um die unterste Schublade herauszuziehen. Sie war leer, bis auf eine dunkelgrüne Pappschachtel, zehn Zentimeter hoch und ungefähr dreißig im Quadrat.
Alex betrachtete sie einen langen Moment. Seit über zwanzig Jahren war sie in seinem Besitz.
Er erinnerte sich an die Worte seines Vaters, als die Eltern geschieden wurden und das Haus verkauften; als seine Mutter nach Athen zog und sein Vater nach Korfu. „Nicht zurückblicken“, hatte er gesagt. „Vorbei ist vorbei.“
Aber es gab ein paar Dinge, von denen sich Alex nicht trennen konnte. Er hatte sie in dieser Schachtel verstaut, die ihn seitdem überall hin begleitete. Nach London, wo er sein Studium absolvierte; nach Brüssel an seinen ersten Arbeitsplatz; danach in die verschiedenen Städte, in die es ihn verschlug. Jetzt war sie hier in New York.
In all den Jahren hatte er sie kein einziges Mal geöffnet.
Wie oft hatte er kurz davor gestanden, nur um jedes Mal im letzten Moment davor zurückzuschrecken! Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig – seine Zukunft stand auf dem Spiel.
Mit unsicheren Händen nahm er die Schachtel aus der Schublade. Dafür, dass sie all die Jahre wie ein Stein auf seiner Seele gelastet hatte, erschien sie ihm überraschend leicht.
Er stand auf, ging damit zum Bett und stellte sie neben sich, dann hob er den Deckel. Wie erwartet stürmte eine Flut von Erinnerungen auf ihn ein.
Da war die Postkarte, die Vass ihm vom Matterhorn geschickt hatte. Sein Bruder war damals neun gewesen – alt genug, um Dad auf eine Reise in die Schweiz zu begleiten. ‚Der Berg ist spitze, den
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