Verliebt in den Feind?
Augen. In der Nacht war sie trotz ihrer Erschöpfung vom Gästehaus zum Wohnhaus gelaufen, nur mit Rafaels Bademantel bekleidet. Dort war sie eingelassen worden, ohne dass man ihr Fragen gestellt hätte.
An diesem Morgen hatte sie sich von Megan ein T-Shirt und eine leider etwas zu kurze Trainingshose geliehen und wollte an die Arbeit gehen. Doch Phillip bestand darauf, dass sie einen Tag freinahm, um sich zu erholen.
Nach dem Mittagessen waren Megan und sie nach Napier gefahren, wo sie Jeans, T-Shirts, Unterwäsche und Schuhe erstanden. Nach Jahren, in denen sie sich kaum etwas gekauft hatte, wurde das Shoppen inzwischen zur lieben Gewohnheit, wie Caitlyn amüsiert feststellte.
Wieder zurück auf Saxon’s Folly, verging ihr buchstäblich das Lachen.
Im Hof ging unruhig Rafael auf und ab. Offenbar wartete er auf sie.
„Ich wollte sehen, wie es dir geht“, sagte er. Dabei verriet sein Blick ehrliche Besorgnis, die Caitlyn tief berührte. Doch sogleich verdrängte sie das Gefühl wieder.
Er liebt mich nicht, sagte sie sich.
Bevor sie mit ihm reden konnte, fuhr ein Polizeiwagen vor. Zwei uniformierte Polizeibeamte mit ernstem Gesichtsausdruck stiegen aus und schlugen die Türen zu.
„Caitlyn Ross?“, fragte der größere der beiden.
Sie nickte.
„Wo können wir mit Ihnen sprechen?“
Caitlyn ging mit ihnen in einen kleinen Raum, der mit Büchern, Zeitschriften und natürlich Weinregalen vollgestopft war und ihr als Büro diente. Es wunderte sie nicht, dass Rafael mitgekommen war. Groß, schlank und dunkelhaarig stand er in der Tür, es war unübersehbar, dass er sie beschützen wollte.
„Wir möchten Miss Ross allein sprechen.“
„Daraus wird nichts“, sagte Rafael unnachgiebig. „Ich bleibe hier. Ansonsten vereinbaren Sie bitte einen Termin, bei dem Ms. Ross’ Anwalt anwesend sein wird.“
„Miss Ross braucht keinen Anwalt. Alles, was wir von ihr wollen, ist eine Aussage“, sagte der größere und jüngere Beamte beschwichtigend.
Während Rafael sich nicht von der Stelle rührte, setzten sich Caitlyn und die Polizisten auf die drei Stühle im Raum. „Haben Sie Feinde, Miss Ross?“
Caitlyn schüttelte den Kopf. „Nein. Warum?“
„Es deutet einiges darauf hin, dass der Brand kein Unfall war“, sagte der ältere der Männer ernst.
„Meinen Sie, es war Brandstiftung?“, fragte Caitlyn ungläubig.
„Das müssen wir herausfinden. Ihre Wohnung liegt über den Ställen, richtig?“
„Ja.“ Ein entsetzlicher Gedanke schoss ihr durch den Kopf. „Der Mann vom Sicherheitsdienst … Ich dachte, er wurde von einem herabstürzenden Holzbalken getroffen? Hat man ihn niedergeschlagen?“
„Das können wir noch nicht sagen, Miss Ross. Wir stehen erst am Anfang unserer Ermittlungen.“
„Verdächtigen Sie jemand Bestimmten?“, fragte Rafael. Der Ältere sah ihn kurz an, schwieg jedoch.
„Haben Sie vielleicht einen Exfreund, der wütend auf Sie ist?“, fragte der Jüngere.
„Ich wüsste nicht, wen.“
„Kennen Sie jemanden, der ein schwarzes Motorrad fährt?“
Sie wollte schon den Kopf schütteln, da fiel ihr etwas ein … Ein schwarzes Motorrad? Konnte da ein Zusammenhang bestehen? „Vor einigen Wochen sind zwei Jugendliche mit einem schwarzen Motorrad in die Koppeln gefahren. Der Hengst hat gescheut, und Alyssa ist vom Pferd gefallen.“
Die kurze Schilderung des Unfalls schien keinen der beiden Polizisten in Erstaunen zu versetzen. Caitlyn hatte das Gefühl, ihnen nichts Neues berichtet zu haben.
Die Beamten machten sich Notizen. Nach einigen weiteren Fragen verabschiedeten sie sich und fuhren davon.
„Wenn es wirklich Brandstiftung war, hoffe ich, dass der Schuldige gefasst wird“, sagte Caitlyn zu Rafael.
„Ich darf gar nicht daran denken, was hätte passieren können“, murmelte er.
Abends betrat Rafael mit Caitlyn an seiner Seite das Wohnhaus – mit dem entschlossenen Schritt eines Mannes, der etwas vorhat …
Allmählich wurde die Zeit knapp. Sein Gut Torres Carreras wartete auf ihn, er war ohnehin schon länger geblieben als ursprünglich geplant. Doch er hatte hier in Neuseeland noch einiges zu erledigen. Er legte die Hand auf Caitlyns Taille und steuerte auf Phillip und dessen – eheliche – Söhne zu, die in einer Gruppe zusammenstanden und sich unterhielten.
Zum ersten Mal empfand Rafael keine Verbitterung. Nachdem er das Paket, das er unter dem Arm trug, auf einem kleinen Tischchen abgestellt hatte, nickte er Joshua und Heath zu. Erfreut kamen die
Weitere Kostenlose Bücher