Verliebt in einen Unbekannten
Ãrzte entscheiden lassen solltest, ob du schon zurückkehren kannst, bevor du irgendwelche festen Absprachen triffst.«
Ich holte tief Luft. »Margot, ich habe mich auf dem Laufenden gehalten, und es liegt auf der Hand, dass du exzellente Arbeit geleistet hast. Du hast wunderbare Voraussetzungen für die Simitol-Lancierung geschaffen.« Ich biss die Zähne zusammen. »Ich bin wirklich beeindruckt, dass du den Gesundheitsminister für uns gewinnen konntest und derart brillante Fortschritte bei den Patientenverbänden erzielt hast. Doch in zwei Wochen gehen wir mit der gröÃten Produkteinführung seit zwanzig Jahren an die Ãffentlichkeit, und die Regierung sowie der Verband der Britischen Pharmaindustrie werden jeden einzelnen unserer Schritte verfolgen. Es ist absolut zwingend, dass ich diesen Prozess persönlich begleite.«
»Das sehe ich ganz genauso«, ertönte eine Stimme hinter mir.
Ich erstarrte. Oh, bitte nicht!
John sollte doch in Paris auf der Konferenz eines unserer Konkurrenten sein, der ein vergleichbares Medikament in der dritten Entwicklungsphase hatte: Ich hatte meinen heutigen Besuch in der Firma exakt auf seine Abwesenheit abgestimmt. Natürlich war mir klar gewesen, dass ich mich irgendwann mit ihm auseinandersetzen müsste, aber ich wusste auch, dass heute nicht der geeignete Tag dafür war. Doch hier stand er, in seiner vollen Länge von über einem Meter neunzig, gestiefelt und gespornt, strahlend und gebräunt von seinen Flitterwochen auf diesem dämlichen Weingut in Kalifornien und mit diesem dämlichen goldenen Ehering am Finger. Blöd, blöd, blöd. Und trotzdem attraktiver denn je zuvor.
Ich versuchte aufzustehen, doch er kam mir zuvor, lehnte sich zu mir herab, küsste mich auf die Wange und teilte mir mit, wie nett es sei, mich zu sehen. Ich war so überrumpelt von der Situation, dass ich ihn kaum hörte, doch ich kam blitzschnell wieder zu mir, als er diskret mit der Hand über meinen Nacken strich. Er lieà seine Finger für den Bruchteil einer Sekunde dort liegen, dann richtete er sich auf. Ich blickte verstohlen zu Margot und Carly, doch keine von beiden schien etwas bemerkt zu haben.
So ein Lumpenhund. Mir mit der Hand, an der sein neuer Ehering steckte, den Nacken zu streicheln?
Und dann stellte ich etwas äuÃerst Seltsames fest: Mein Nacken kribbelte nicht an der Stelle, die er berührt hatte. Nun, zumindest kaum. Meine Intimteile standen definitiv nicht in Flammen. Als der Schock über unser unerwartetes Wiedersehen nachlieÃ, merkte ich, dass ich ganz ruhig wurde.
Hm? Was hatte denn das zu bedeuten?
»Nun dann, Charley!«, sagte er. »Lambert« nannte er mich nur im stillen Kämmerlein. »Wie gehtâs dem Star der Firma? Bereit, am Montag das Ruder zu übernehmen?«
Ich nickte und bemerkte sehr wohl Margots zornigen Blick.
John betrachtete mich unterdessen aufmerksam. »Wirst du auch wirklich wieder auf dem Damm sein, meine Liebe?«, erkundigte er sich, jetzt mit menschlicherer Stimme. »Es wird dir nicht zu viel werden?«
»Natürlich nicht«, erwiderte ich munter. »Margot kann damit beginnen, mich per E-Mail auf den neuesten Stand zu bringen.«
Warum hielt ich angesichts Johns Mitgefühls nicht einfach den Mund?
John, der sich vermutlich dasselbe fragte, klopfte sich auf den Schenkel und fasste dreist nach meiner Hand. Ich spürte, wie Margot vor Neid und Argwohn schier explodierte. »Bist du sicher, Lambert?«, murmelte er. »Deine Gesundheit ist mir weitaus wichtiger als Simitol.«
Für einen derart businessbesessenen Mann wie John war das eine ziemlich zweifelhafte Behauptung. Ich blickte ihm skeptisch ins Gesicht, doch ich hatte den Eindruck, er meinte es absolut ernst. »Selbstverständlich bin ich mir sicher!«, verkündete ich strahlend und zog meine Finger zurück. Ich will tatsächlich nicht, dass er meine Hand hält! Das war ungewöhnlich. Ich war nicht fix und fertig, schmiedete nicht den illusorischen Plan, ihn Susan Faulkner wieder auszuspannen. Das liegt daran, dass du damit beschäftigt bist, Shelley Cartwrights Glück zu zerstören , teilte mir die Stimme in meinem Kopf mit. Was für ein freundlicher Mensch du doch bist, Charley Lambert! Warum solltest du dir auch die Mühe machen, dir einen eigenen Mann zu suchen, wenn du dir den von jemand anderem unter den Nagel reiÃen kannst?
John
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