Verlobt, verliebt, verführt
Hallo?“
Verdammt, sie hörte ihn doch ganz klar und deutlich. Suzanne stand auf und ging rückwärts auf die Haustür zu. „Der Empfang ist bestens, das sehe ich am Display“, zischte sie ins Handy. „Also, verrat mir jetzt bitte, wieso du beschlossen hast, mein ganzes Leben zu ruinieren.“
„Das klingt aber etwas sehr dramatisch, findest du nicht?“
„Wie bitte?“ Sie lachte laut auf, ganz getreu dem Motto ihrer Familie, lieber zu lachen als zu weinen. „Nein, das finde ich nicht. Aber wenn du möchtest, kann ich gern dramatisch werden.“ Sie unterbrach sich erneut, aber dieses Mal, um sich einen großen Löffel voll Eis in den Mund zu schieben. Der herrliche Geschmack ließ sie fast aufstöhnen, doch sofort riss sie sich zusammen. „Warum hast du mich feuern lassen?“
„Ach so, das meinst du. Weißt du, es war für mich zu schmerzvoll, zu wissen, dass du im Restaurant meiner Schwester arbeitest. Ich hätte nicht mehr dort hingehen können, ohne an unsere Trennung erinnert zu werden. Deshalb habe ich jemanden gesucht, der für diesen Job besser geeignet ist. Das ist alles.“
„Was, einen besseren Chefkoch als mich? Wer ist es?“
„Eine Frau, die mich so lieben wird, wie ich es verdiene.“
Suzanne verzog das Gesicht. „Tim, was hat das denn mit Kochen zu tun?“
„Sie ist meine neue Freundin und so verliebt, dass sie alles für mich zu tun bereit ist.“
Nein, sie konnte sich nicht länger beherrschen. Ihr Temperament ließ sie jede Verhaltensregel der Carters vergessen. „Du bist ein Schwein! Du hast mich feuern lassen, damit deine neue Flamme zu ein paar sexuellen Gefälligkeiten bereit ist?“, schrie sie ins Handy.
„Nein, ich habe dich feuern lassen, um ein paar sexuelle Gefälligkeiten zu bekommen, zu denen du niemals bereit warst“, entgegnete er ruhig. „Mir wurde erst jetzt klar, wie wenig wir in dieser Hinsicht zueinander passten.“ Er machte eine Pause, ehe er hinzufügte: „Vielleicht solltest du mal eine Therapie machen, Suzanne.“
Sie legte den Kopf in den Nacken, blickte in den blauen Himmel und zählte bis zehn. „Ich brauche keine Sexualtherapie.“
„Mal im Ernst, Suzanne, ich mache mir Sorgen um dich. Du solltest dir wirklich helfen lassen.“ Er klang tatsächlich besorgt, obwohl das nicht zu dieser Selbstsucht passte, die Suzanne ihren Job gekostet hatte. Den habe ich wirklich von Grund auf umgekrempelt, dachte sie. Mit dem einfühlsamen Tim, der ständig weinte, hatte dieser Mann nichts mehr gemeinsam.
„Ich muss jetzt auflegen, Suzanne.“
„Tim …“ Sie hörte zwar nichts mehr, aber vielleicht war er ja noch dran. „Leg jetzt bloß nicht einfach so auf! Ich muss … verdammt!“ Sie starrte auf das Handy. „Ich bringe dich um!“ Frustriert schob sie sich noch einen Löffel voll Eis in den Mund.
„Dann musst du ins Gefängnis und darfst nicht über ‚Los‘.“
Suzanne fuhr herum. Um Himmels willen. Dort stand Ryan. Er hatte sich inzwischen das Hemd ausgezogen, und sein Oberkörper war schweißbedeckt von der schweren Arbeit. Die Brustmuskeln schimmerten, und Suzanne konnte die Hitze, die von ihm ausging, regelrecht spüren. Sie bekam kaum noch Luft.
Sexualtherapie?, dachte sie. Was ich jetzt brauche, ist eine kalte Dusche. Ganz langsam zog sie den Löffel wieder aus dem Mund.
„Kein Mann ist es wert, für ihn ins Gefängnis zu gehen“, stellte er gelassen fest. „Nicht einmal so ein Mistkerl wie … Tim, sagtest du?“
Na prima, er hatte also mitgehört. Dann wusste er jetzt genau, was so alles in letzter Zeit in ihrem jämmerlichen Leben passiert war. „Du hast gelauscht.“
Ryan verteidigte sich gar nicht erst, sondern verschränkte die Arme vor der Brust und lächelte verschmitzt. Dann hob er vielsagend die Augenbrauen und blickte an Suzanne vorbei.
Sie drehte sich um und erkannte zu ihrem Entsetzen, dass sie auf der Suche nach Empfang für ihr Handy mitten unter die arbeitenden Männer geraten war. Um sie herum lagen Ketten-sägen, Äxte und Haufen von Sägespänen.
Zwei der Arbeiter, die sich zum Verwechseln ähnlich sahen, standen da und grinsten übers ganze Gesicht. Offensichtlich waren es Zwillinge. Als Suzanne sie wütend anfunkelte, trollten sie sich und machten sich wieder an die Arbeit.
Ryan dagegen blieb, als hätte er nichts Besseres zu tun. Sie musterte ihn abschätzend von Kopf bis Fuß. Von den Arbeitsstiefeln bis zum dichten schwarzen Haar, in dem jetzt kleine Sägespäne hingen, sah er noch beeindruckender
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