Verlobt, verliebt, verführt
aus, als sie ihn in Erinnerung hatte. Und sie besaß, was Personen betraf, ein sehr gutes Gedächtnis.
Tim hatte auf kultivierte Art auch sehr gut ausgesehen, war schlank und mittelgroß. Ryans Körper wirkte dagegen sehnig und durchtrainiert, so als würde er ihn seit Jahren durch harte Arbeit stählen. Einen Mann wie ihn hatte sie noch nie kennengelernt.
Und das will ich ja auch gar nicht, dachte sie ärgerlich. Sie hatte genug von Männern. Das sollte sie nicht vergessen.
Dennoch fiel es ihr schwer, jetzt unbeteiligt zu tun, nachdem er sie in der Nacht zuvor noch geküsst und in den Armen gehalten hatte. Aber gestern war ein Unwetter gewesen, ermahnte sie sich, sozusagen eine Ausnahmesituation.
Und wenn Ryan sie noch länger geküsst hätte, wäre sie wahrscheinlich zu allem bereit gewesen.
Was würde ein Sexualtherapeut wohl dazu sagen?
„Alles in Ordnung?“, fragte er mit leiser Stimme.
„Mit mir? Oh, natürlich.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln und hoffte nur, dass ihr Mund nicht mit Eiscreme verschmiert war. „Er ist tatsächlich ein Mistkerl.“
„Hast du seinetwegen deinen Job verloren?“
Suzanne nickte.
„Wie bitte?“ Taylor, die aus dem Haus gekommen war, griff bestürzt nach Suzannes Hand. „Hab ich richtig gehört? Du hast deinen Job als Küchenchefin im Café Meridian verloren?“
„Ihr Ex hat sie feuern lassen“, erklärte Ryan. „Aber es hat auch sein Gutes. So muss sie ihn wenigstens nicht mehr sehen, finden Sie nicht auch, Taylor?“
„Auf jeden Fall.“ Taylor zog Suzanne überschwänglich an sich, und Suzanne blickte über Taylors Schulter hinweg zu Ryan. Nicht weil er ohne Hemd so umwerfend aussah, sondern weil er so viel Mitgefühl für sie aufbrachte.
Na ja, zum Teil auch, weil er kein Hemd anhatte. Wenn sie ehrlich war, dann sogar zum größten Teil.
Doch für ihren Geschmack war es jetzt ein bisschen zu viel Mitgefühl. „Mir geht es gut.“ Sie klopfte Taylor den Rücken. „Wirklich.“
„Natürlich.“ Taylor gab sie frei und trat einen Schritt zurück. Als sie das Eis in Suzannes Hand bemerkte, nahm sie sich ungeniert einen Löffel davon. „Du wirst schon etwas Neues finden.“ Während sie mit vollem Mund sprach, gestikulierte sie wild mit dem Löffel. „Wir beide gegen den Rest der Welt. Hm, das schmeckt ja himmlisch. Ryan?“ Sie langte noch einmal in den Becher und bot ihm auch einen Löffel voll an. Er beugte sich zu ihr vor, nahm mit dem Mund das Eis, schluckte und leckte sich anschließend die Lippen.
Suzanne starrte ihn an und wusste nicht, ob sie jetzt weglaufen oder ihn um einen Kuss anflehen sollte.
„Komm, lass uns deine Sachen ins andere Apartment hinuntertragen“, schlug Taylor unternehmungslustig vor.
„Aber ich bin arbeitslos.“
„Na und?“
„Damit bin ich arm und kann keine Miete mehr zahlen.“
„Unsinn“, tat Taylor ihren Einwand ab. „Übrigens, hast du immer solches Eis dabei?“
„Natürlich. Es ist Konditoreis.“
„Sag bloß, du hast es selbst gemacht.“
„Doch. Ich kann auch backen und kochen.“
„Fantastisch.“ Taylor klatschte begeistert in die Hände. „Mit so einer Mieterin bin ich einverstanden.“
„Wieso machst du dann keinen Party-Service auf?“, warf Ryan ein. Als beide Frauen ihn überrascht ansahen, hob er beschwichtigend die Hände. „Na ja, ich fände, das wäre eine ganz natürliche Entwicklung. Erst Küchenchef, dann Party-Service. Du könntest selbstständig arbeiten und wärst nicht mehr von irgendeinem Kerl abhängig, der dich wegen einer neuen Freundin rauswirft.“
Aufgeregt wandte Taylor sich an Suzanne. „Natürlich, Ryan hat recht. Du solltest mal die große Küche in dem Apartment sehen, in das du jetzt einziehst. Sie wäre bestens dafür geeignet.“
„Eine Art Party-Service betreibe ich auch jetzt schon“, entgegnete Suzanne gedehnt, „aber das ist nur ein Hobby von mir.“
„Dann solltest du dein Hobby zum Beruf machen.“ Taylor nickte aufmunternd.
Suzanne lachte. „Ein eigenes Unternehmen liegt mir nicht.“ So etwas erschien ihr denn doch zu bodenständig, und ihre Mutter hätte jederzeit zugestimmt, dass sie dafür ungeeignet war.
„Ryan, du brauchst doch einen Party-Service!“, rief einer der Zwillinge, und Suzanne bemerkte erst jetzt, dass sich mittlerweile fast die ganzes Belegschaft im Halbkreis um sie herum versammelt hatte.
Der andere Zwilling wischte sich über die Stirn und nickte. „Genau. Du hast uns für Freitagabend eine Geburtstagsparty
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