Verlobt, verliebt, verführt
wohnte. Es gab zwei Wege auf den Dachboden. Entweder über die Leiter vom Treppenhaus aus – auf diesem Weg war er hergekommen – oder durch eine Klappe in der Zimmerdecke von Nicoles Wohnzimmer.
Vor ein paar Monaten war während eines starken Sturms ein Baum ins Dach gestürzt. Das Apartment war mittlerweile wieder vollkommen hergerichtet, aber hier oben auf dem Dachboden sah es immer noch ziemlich wüst aus.
Ty bückte sich und öffnete die Klappe.
Es quietschte laut, doch Nicole, die im Flur ihres Apartments stand, reagierte nicht. Da sah Ty, dass sie Kopfhörer aufgesetzt hatte. Außerdem sang Nicole so laut und falsch mit, dass er lächeln musste. Sie bekam von ihrer Umgebung offenbar gar nichts mit.
Er wollte sie gerade auf sich aufmerksam machen, da streifte sie sich die Schuhe ab und zog sich das T-Shirt über den Kopf.
Sie trug einen BH mit Tigerstreifen. Wusste sie eigentlich, wie sexy sie darin aussah? Nun legte sie die Hände an den Bund ihrer Hose.
„Nicole!“, schrie er und verlor fast den Halt, weil er sich so weit vorbeugte. Aber er wollte unbedingt, dass sie wusste, dass er hier war. Sonst zog sie sich aus und war danach wieder wütend auf ihn. Und gut gelaunte Frauen, die lächelten oder vor Lust seufzten, gefielen ihm besser. Zumindest wenn sie nackt waren.
Immer noch singend, schlängelte sie sich aus der Hose und schleuderte sie mit dem Fuß auf den Stapel Schmutzwäsche. Ihr Slip passte farblich nicht zum BH, war aber genauso sexy – aus violetter Seide und winzig. Tanzend drehte sie sich im Kreis und ging zum Schlafzimmer, wobei er ausgiebig ihren Rücken und den Po bewundern konnte.
„O Mann“, flüsterte er und beugte sich so weit vor, wie er sich nur traute. „Nicole!“
Ty brach durch die Decke. Er spürte den Luftzug im Gesicht und sah den Boden auf sich zurasen. Ein Bild, das sich mit dem von Nicole in BH und Seidenslip mischte.
Nicole erschrak wirklich selten. Aber als Ty durch ihre Zimmerdecke stürzte, bekam sie einen höllischen Schreck. Nun lag er auf dem Boden ihres Wohnzimmers, und sie starrte ihn erst einmal fünf Sekunden lang fassungslos an, bevor sie zu ihm lief. Er rührte sich nicht.
„Oh nein. Ty. Ty!“
Er lag auf der Seite, und das Gesicht war grau vor Staub und Mörtel. Nicole sank auf die Knie und beugte sich über ihn.
„Ty, kannst du mich hören?“
Nichts, doch wenigstens hob und senkte sich seine Brust. Nicole schluchzte fast vor Erleichterung. „Du kommst wieder in Ordnung. Ganz bestimmt.“
Sie sprang auf und rief über ihr Handy einen Krankenwagen. Dabei verhielt sie sich ganz ruhig und kühl wie bei jedem Notfall.
Dann sah sie wieder zu Ty, der groß und reglos auf dem Boden lag, und verlor fast die Nerven. Ihre Hände zitterten, als sie ihn berührte. Was sollte sie jetzt tun? Es war, als habe sie ihre ganze Ausbildung mit einem Schlag vergessen.
„Verdammt, Nicole, reiß dich zusammen“, sagte sie sich. Langsam strich sie mit der Hand seine Arme und Beine entlang. Beim rechten Fußknöchel runzelte sie die Stirn. Er musste nicht unbedingt gebrochen sein, war aber etwas angeschwollen. Auf der rechten Seite tastete sie vorsichtig nach gebrochenen Rippen.
„Alles wird wieder gut.“ Sie wusste selbst nicht, ob sie damit ihn oder sich beruhigen wollte.
An der Stirn formte sich eine große Beule. „Ty.“ Sie umfasste seinen gut geformten Kopf und blickte in sein männlich schönes Gesicht. „Komm schon, Ty. Komm wieder zu dir. Wach auf.“ Sie zog ein Augenlid hoch. Die Pupillen reagierten nicht richtig, aber vielleicht war es nur eine Gehirnerschütterung. „Bitte, Ty, wach auf. Kannst du das für mich tun? Wach auf, dann werde ich …“
Ty stöhnte und hustete. Langsam rollte er sich auf den Rücken und stöhnte erneut. Die Augen behielt er geschlossen. „Leise, Darling“, flüsterte er. „Es ist zu früh, um so zu schreien.“
„Ty.“ Tränen der Erleichterung traten Nicole in die Augen. „Du bist hier bei mir.“
„Du hast deinen Satz nicht beendet. Was tust du, wenn ich aufwache?“
Selbst in so einer Situation konnte er noch Witze machen! Doch als er sich aufzurichten versuchte, verzog er vor Schmerz das Gesicht und hielt sich den Kopf.
„Beweg dich nicht.“ Sie half ihm, sich langsam wieder hinzulegen. „Du hast dir vielleicht etwas gebrochen, wahrscheinlich deinen Dickkopf. Nein“, sagte sie schnell, als er sich wieder aufrichten wollte, „jetzt bleib mal einen Moment still liegen, verdammt noch
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