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Verlockendes Dunkel

Verlockendes Dunkel

Titel: Verlockendes Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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irrte, müsste Jack O’Gara, der im vergangenen Jahr von Straßenräubern überfallen worden war, eigentlich ein Familienmausoleum in Wicklow bewohnen, statt hier Bordeaux zu trinken und ihr verstohlene Seitenblicke zuzuwerfen.
    Während sie gerade zu ihm hinübersah, stürzte er ein weiteres Glas Wein hinunter, als wäre es Wasser, und schenkte sich sogleich aus der sich schnell leerenden Karaffe nach. War das sein drittes oder viertes Glas?
    »Nicht so schnell, mein Freund, sonst müssen wir dich noch vom Boden aufwischen«, schalt Aidan, der den Blick nicht von seinem Cousin abwenden konnte. »Wie ich sehe, hat der Tod nicht viel an deinen Angewohnheiten geändert.«
    Jack erblasste, als er den Kopf senkte. »Das haben wir doch alles schon besprochen, Aidan. Ich wäre sofort zu dir gegangen, doch Brendan wollte das nicht. Er wolle dich nicht in Gefahr bringen, sagte er.«
    »Und du hast auf ihn gehört? Das ist das erste Mal, dass du je einen Befehl befolgt hast.«
    Jack zuckte erneut zusammen und leerte ein weiteres Glas Wein.
    Aidan zog an seinem Zigarillo. Zusammengesunken saß er in seinem Sessel, sein Gesicht sah so abgespannt und müde aus, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen, und seine Hände zitterten, als er den Zigarillo ausdrückte. Elisabeth wusste sehr gut, wie er sich fühlte. Sie kannte die schmerzhafte Starre in den Muskeln, die ruhelosen, brennenden Augen und die Übelkeit erregende Erschöpfung, wenn man dringend Schlaf brauchte, aber Schlafen das Allerletzte war, was man tun wollte.
    »Ich möchte nach Hause, Aidan. Würdest du mich hinbringen?«
    Er wandte sich ihr zu, als hätte er vergessen, dass sie noch im Zimmer war, und sein Blick glitt zu dem schimmernden Ehering an ihrem Finger. »Selbstverständlich. Cat wird entzückt sein, dich bei sich zu haben.«
    »Nein, nicht nach Belfoyle. Ich möchte nach Hause, Aidan. Nach Dun Eyre. Und ich möchte jetzt gleich aufbrechen.«
    »Aber du wirst doch sicher deine Sachen packen wollen …«
    »Nein, jetzt sofort, Aidan. Ich kann keine Minute länger hierbleiben.« Ihre Kehle brannte von ungeweinten Tränen. »Bitte!«
    »Geh nur, Aidan!«, sagte Jack. »Ich erkläre es den anderen.«
    Aidan klopfte seinem Cousin auf die Schulter und grinste ihn an. »Hoffst wohl immer noch, der unnahbaren Miss Roseingrave näherzukommen?«
    Jack wackelte mit den Augenbrauen. »Sagen wir einfach, von den Toten zurückzukehren hat auch seine Vorteile.«
    Wenig später wurde die Tür zu dem Haus auf der Duke Street hinter ihnen geschlossen, und Elisabeth und Aidan standen unter einem strahlend blauen Frühlingshimmel. Ein Briefträger mit einer Tasche über der Schulter kam die Straße hinaufgeschlendert, und zwei eifrig schwatzende Damen spazierten an ihnen vorbei. Dann fuhr eine Droschke vor, und ein Mann in gestärktem Hemd und mit einem hohen Biberhut stieg mit einem Nicken in ihre Richtung aus. Das Leben nahm seinen Lauf, als wäre nichts geschehen.
    Keiner wusste, wie nahe sie einem verheerenden, übernatürlichen Krieg gekommen waren – oder was sie einem Mann zu verdanken hatten, der sein Leben geopfert hatte, damit sie weiter in Unwissenheit leben konnten.
    »Sieh mich an, Elisabeth!« Kein beruhigendes Lächeln schmückte das Gesicht des Earl of Kilronan. Seine Augenbrauen waren zu einer steilen Falte zusammengezogen, und seine Augen verdunkelten sich vor grimmiger Entschlossenheit. »Mein Bruder ist schon einmal von den Toten wiederauferstanden. Wenn er kann, wird er einen Weg zurückfinden.«
    »Glaubst du das?«
    »Du nicht?«
    Sie lächelte unter Tränen. »Ich wünschte, ich könnte es.«
    Dun Eyre,
Dezember 1817
    Elisabeth legte ihre Hände auf die Tasten des Pianos und schlug probeweise ein paar Töne an. Sie hatte die Notenblätter aus einer Schublade gezogen, wo sie verstaubt und vergessen gelegen hatten. Ihr Talent im Umgang mit dem Instrument brachte nichts hervor, was sich mit der Flut lange vergrabener Emotionen vergleichen ließe, die Brendan ihm hatte entlocken können. Die Musik war aus seinen Fingern geflossen, bis die Zuhörer sie in ihren Knochen und in ihrem Blut verspürt hatten. Sie war ein fabelhaftes, machtvolles Geschenk gewesen, das sie buchstäblich aufhob und mit sich davontrug. Und Brendan selbst hatte sie von innen heraus erleuchtet wie eine Lampe und seine Augen strahlen lassen.
    Elisabeths Töne kamen sauber einer nach dem anderen. Das Stück war zu erkennen, doch ihm fehlte der Zauber. Die Schönheit und die Macht,

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