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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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aufgebrochen waren, um die Neue Stadt zu bevölkern, die Stadt des Horizonts: eine neue Haut, nachdem die alte abgestreift worden war.
    Wie lange war das her? Jetzt mußte Huy wirklich lachen. Sechs Jahre. Gegen zweitausend Jahre eingefleischten Denkens einen Damm zu bauen - aus sechs Jahren und einer neuen Stadt. Was hatten sie sich bloß gedacht? Die große Masse des Volkes, die noch immer den Rücken beugte, wenn der Pharao vorüberkam, damit sie sein Gesicht nicht sah - so weit hatten Echnatons Reformen nämlich nicht gereicht -, hatte nicht einmal den Hauch eines vorüberziehenden Gedankens verspürt. Es war eine Revolution der Elite für die Elite gewesen, und während die Besessenheit den alten Pharao in den Wahnsinn getrieben hatte, hätte sie das Schwarze Land um ein Haar seine Vormachtstellung gekostet.
    Und nun war Semenchkare, der Pharao, der Gott auf Erden, der die Macht des Aton verkörperte, die Scheibe der lebensspendenden Sonne - nun war er dahin, und mit seinen zwanzig Jahren hatte er seinen Mentor um sechs Monate überlebt. Weit hatte er den Stab nicht getragen.
    Wie jung sie starben, dachte Huy. Echnaton war auch nur neun Jahre älter gewesen, aber sein Körper war schon von Geburt an ausgemergelt gewesen und - als wäre das nicht genug - auch noch jenen Anfällen heiliger Ekstase ausgeliefert, die seine zerbrechliche Gestalt mit der präzisen Gewalt eines Berufsringkämpfers auf die hartgestampfte Erde geschleudert, dort festgehalten und mit solcher Wut geschüttelt hatten, daß ihm der Schaum vor den Mund getreten war. Huy hatte es einmal mitangesehen; der König hätte sich die Zunge durchgebissen und die mageren Glieder durch die Vehemenz des Drucks gebrochen, wäre nicht jemand dagewesen, der es verhindert hatte. Wer so gering war wie Huy, wagte keine Deutung des ächzenden, rasenden Gurgelns, mit dem der Gott bei solchen Gelegenheiten durch den König sprach, und sein Sinn wurde niederen Beamten niemals mitgeteilt.
    Der König war bei einem solchen Anfall gestorben und seine Seele war hinaufgeschwebt, wo immer sie hingegangen sein mochte, aufwärts zu seinem speziellen Gott gekreist. Ein einsames Schicksal, aber auch Huy hatte daran glauben wollen. Besser hinauf zur Sonne, als unten im Grab zu bleiben, egal, wie üppig, wie reichhaltig es ausgestattet sein mochte mit magischen Speisen und Dienern aus Ton und geschützt durch Bannsprüche aus dem Buch der Toten. Huy hatte es glauben wollen, aber er war auf diesem Weg nicht weit genug gekommen, hatte die sicheren Gewißheiten seiner Vorväter noch nicht abwerfen können; doch da er ihre Gräber von ihren Nachfolgern vernachlässigt sah, stellte er fest, daß er nur an das Leben glaubte. Was vorher und was nachher kam, war ein leerer Raum, den zu betrachten sein Geist nicht über sich brachte.
    Semenchkare war im Schlaf gestorben; niemand wußte, warum. Er war ein kräftiger, gesunder junger Mann gewesen, ein tüchtiger Jäger und zärtlicher Ehemann, allerdings noch kein Vater. Nur der alte Ay und der General, Haremheb, hatten den Leichnam besucht, ehe er den Einbalsamierern übergeben worden war.
    Der König hatte die Zügel der Macht nicht sehr fest gehalten. Die Wüstenpiraten des Nordens waren gefährlich nahe ans Delta herangekommen, wo der Fluß ins Große Grüne mündete, und noch immer beschränkte sich die Armee auf Patrouillen und Manöver und schlug nie wirklich zu. Gleichzeitig kamen die Bauarbeiten in der Stadt des Horizonts zum Stillstand. Mit dem Tod Echnatons waren Menschen in kleinen Gruppen fortgezogen. Die Stadt lag auf einem Plateau oberhalb des Flusses, aber in der Wüste; in der Trockenzeit herrschte Gluthitze, und in den Zeiten der Überschwemmung und des Hervorkommens wurden die Moskitos zur Plage. Halbfertig, hastig hochgezogen, voller Misthaufen anstelle von Abflußkanälen, erschien Huy die Stadt wie eine Blüte, die der Nachtfrost vernichtet hatte, kaum daß sie sich zu öffnen begonnen hatte. Mit dem Tod des alten Königs war das Leben aus der Stadt gewichen; zwar wurde im Norden, wo aus Bergen von Bauschutt die großen Paläste aufragten wie mächtige Seebarken, die man zur Überholung an Land gezogen hatte, noch immer halbherzig gearbeitet, aber die Siedlungen in den Vororten verfielen bereits.
    Die Menschen mußten gesagt bekommen, was sie tun sollten, und statt dessen war der alte König gestorben; es war, als sei er weggelaufen. Dann war die Sonnenfinsternis gekommen, und das alles war mitten im Veret

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