Verräterisches Profil
Gesprächsannahme.
***
Zum dritten Mal an diesem Tag wollte jemand mit der Kollegin Rosenkreuz sprechen. Heike Brückmann hatte inzwischen deren Nebenanschluss auf ihren eigenen umgeleitet und sah anhand des Displays, dass dieser Anruf nicht ihr galt.
»Jugendamt Bochum. Anschluss Rosenkreuz. Brückmann am Apparat.«
»Hauptkommissarin Bauer, Kripo Bochum. Ist Frau Rosenkreuz zu sprechen?«
»Nein. Die Kollegin befindet sich auf einer Fortbildung.«
»Haben Sie heute Morgen eventuell mit einem Norbert Hill telefoniert?«
»Ja.« Sie informierte die Kommissarin über Hills Anruf. »Ich habe in der Akte nachgeschaut, in der ich einen Zettel fand, dass derzeit nichts unternommen werden darf, weil Sie in einem alten Mordfall ermitteln.«
»Was haben Sie Herrn Hill daraufhin mitgeteilt?«
»Genau das.« Plötzlich ahnte sie, einen Fehler begangen zu haben. »Hätte ich das nicht weitergeben dürfen? Sie müssen wissen, ich war fast vier Wochen im Urlaub.«
»Kein Problem«, beruhigte die Kommissarin sie kurz angebunden und verabschiedete sich.
Die Jugendamtsmitarbeiterin legte nachdenklich den Hörer zurück aufs Telefon. Einige Minuten später kam eine Arbeitskollegin in ihr Büro, um sie zu einer Raucherpause abzuholen.
»Siggi, weißt du etwas über den Fall Eileen Nolte?«
Nachdem sie ins Bild gesetzt worden war, schwante ihr Böses.
***
»Warum versetzt ihn das in so helle Panik?«
»Vielleicht glaubt er, verräterische Spuren hinterlassen zu haben, die ihn im Nachhinein überführen könnten«, vermutete Robert. »Er kann sich ja nicht sicher sein, ob der Regen alles beseitigt hat.«
»Oder er hat ein Beweisstück am Tatort zurückgelassen, welches für die –« Gruber hielt inne. »Nein. Ich glaube, er kannte Judith Rössler. Nur flüchtig, sonst hätte er für die damaligen Ermittlungen eine Rolle gespielt. Das würde passen. Die Tat trug die Handschrift eines chaotischen Mörders. Bei den Opfern dieses Tätertyps handelt es sich häufig um entfernte Bekannte. Nun befürchtet er, dass wir die richtigen Schlussfolgerungen ziehen. Das könnte eine Erklärung für seine Reaktion sein. Eine bessere proaktive Strategie ist gar nicht denkbar – wenn sie unter kontrollierten Bedingungen stattfindet. Stellt sich die Frage: Was wird er tun? Wo würde ich an seiner Stelle hinfahren?« Mark sprach immer leiser. »Ich habe getötet, um die Kontrolle zu gewinnen. Die Morde dienten dazu, das Sorgerecht zu bekommen. Das kann ich mittlerweile vergessen.«
Plötzlich war ihm anzumerken, dass er eine Idee hatte.
»Ich würde meine Tochter kidnappen.«
Beate reagierte sofort. »Robert, versuch die Polizisten, die bei den Roths postiert sind, über Funk zu erreichen. Ich kontaktiere die Roths telefonisch.«
Aus dem örtlichen Telefonbuch, das auf dem Sekretär in Hills Wohnzimmer lag, suchte sie die Rufnummer der Familie heraus. Doch bei deren Anschluss sprang nach dem fünften Freizeichen lediglich der Anrufbeantworter an.
»Hauptkommissarin Bauer hier. Gehen Sie mit den Kindern zu den Polizisten vor Ihrem Haus und lassen Sie sich in Sicherheit bringen. Wir kommen so schnell wie möglich zu Ihnen. Norbert Hill will Eileen möglicherweise in seine Gewalt bringen. Bis gleich.«
Kaum waren Beate und Mark ins Auto gesprungen, raste Robert los.
»Die Kollegen meinten, Clemens Roth hätte zur üblichen Zeit das Haus verlassen, und seitdem sei niemand rein- oder rausgegangen. Sie warten auf weitere Anweisungen.«
»Warum geht dann bei denen keiner ans Telefon?«
Besorgt griff sie zum Funkgerät. Die Beamten, die eigentlich für Eileens Sicherheit sorgen sollten, hatten nun die Aufgabe, die Ehefrau und die beiden Mädchen vor Hill zu beschützen. Bis sie als Verstärkung eintrafen, konnte es zu spät sein.
32
Sybille Roth öffnete die Haustür und begrüßte den ihr inzwischen vertrauten Polizeibeamten. »Tag, Herr Prün. Wollen Sie zur Toilette?«
»Nein. Hauptkommissarin Bauer hat uns gebeten, bei Ihnen nach dem Rechten zu sehen. Sie hat eben vergeblich versucht, Sie telefonisch zu erreichen.«
»Oh, das tut mir leid. Ich bin mit Eileen und Lilly im Kinderzimmer. Die beiden haben ein Puppentheaterstück einstudiert, das sie mir gerade vorführen. Oben höre ich das Telefon oft nicht. Was wollte sie denn?«
»Die Kommissarin befürchtet, dass Herr Hill seine Tochter entführen will.«
»Was?« Schockiert schaute sie über ihre Schulter und vergewisserte sich, dass keines der Kinder lauschend auf der Treppe
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