Verräterisches Profil
vorläufigen Bericht in achtundvierzig Stunden vorlegen zu können.«
Er griff zu der vor ihm stehenden Flasche Apfelschorle und trank einen Schluck. Beate hielt dies für das Ende seiner Erläuterungen.
»Danke.«
»Wir sollten diesen Punkt bei unseren Ermittlungen besonders beachten«, ergänzte er zu ihrer Überraschung.
»Was meinst du genau?«, erkundigte sich Robert anstelle von Beate.
»Es scheint mir so, als habe er sich wirklich Mühe gegeben, keine verwertbaren Spuren zu hinterlassen. Bis auf das Sperma, anhand dessen wir ihn natürlich überführen könnten. Daher vermute ich, dass ihm dieser Akt sehr wichtig war. Psychologen sehen in der Ejakulation aufs Gesicht einer Frau häufig ein sexistisches Symbol männlicher Dominanz über die Geschlechtspartnerin. Wir haben es also möglicherweise mit einem auf extreme Dominanz fixierten Täter zu tun, dem es nicht ausgereicht hat, sie zu schlagen und zu vergewaltigen. Es würde mich nicht wundern, wenn er seine Körperflüssigkeit bewusst für uns zurückgelassen hätte, um zu zeigen, dass er alles unter Kontrolle hat.«
Beate schluckte. Das Bedürfnis eines Mörders, mit der Polizei zu kommunizieren, würde auf einen potenziell gefährlicheren Tätertyp hindeuten.
»Das behalten wir alle im Hinterkopf«, wies sie die Mitglieder der Ermittlungskommission an. »Was haben die anderen noch herausgefunden?«
Es gab zwei weitere Teams. Das eine hatte die Aufgabe übertragen bekommen, Angehörige und Arbeitskollegen zu befragen, das andere sollte die finanzielle Situation der Familie überprüfen. Tobias Linden, einer der beiden Beamten, die für Letzteres eingeteilt waren, gab den Kollegen einen kurzen Zwischenbericht.
»Frank und ich haben heute früh im Haus der Konrads alle Unterlagen der letzten zehn Jahre zusammengetragen, die wir nun durchgehen. Sollten sich dabei Anhaltspunkte finden, melden wir das sofort.«
»Gut. Haben die ersten Erkundigungen bei Nachbarn oder Familienangehörigen schon etwas gebracht?«
»Außer den Angaben zu Uhlich leider nicht viel«, machte sich der Polizist Christopher Rost zum Wortführer der dreiköpfigen Gruppe. »Gestern hatten wir ja bereits in Erfahrung bringen können, dass die Schwester der ermordeten Frau die Leichen deshalb gefunden hat, weil sie am frühen Sonntagnachmittag zum Kaffee eingeladen war und ihren Schlüssel benutzt hat, nachdem auf ihr Schellen nicht reagiert worden war.«
»Gibt es Hintergrundinformationen über die Schwester?«, wollte Robert wissen. Immerhin bestand die Möglichkeit, dass der Mörder mit einem Schlüssel ins Haus gelangt war.
»Klara Niessen, zweiunddreißig Jahre alt, ledig, keine Kinder. Beschäftigt bei der Sparkassenfiliale im Uni-Center. Sie lebt seit drei Jahren allein. Den Haustürschlüssel besitzt sie erst seit ungefähr einem Monat und bewahrt ihn an einem Bund auf, zu dem nur sie Zugriff hat.«
»Warum hat sie ihn bekommen?«
»Angelika Konrads hat vor fünf Wochen ihr Schlüsseletui verloren. Da ihr Mann auf Geschäftsreise war, musste Frau Konrads einen Schlüsseldienst in Anspruch nehmen. Um zukünftig nicht noch einmal in eine solche Lage zu geraten, tauschten die Schwestern die Schlüssel untereinander aus. Klara Niessen kennt übrigens niemanden, der als Verdächtiger infrage kommen könnte. Angelika hat ihrer Schwester nie von Eheproblemen, einer Affäre oder sonstigen, bedrohlich wirkenden Zwischenfällen berichtet. Die Information über Jan Uhlich hatte ich bei dem Gespräch noch nicht. Ich werde sie diesbezüglich erneut kontaktieren.«
Damit reichte er das Wort weiter an seine Kollegin Mira Albrecht, die zusammen mit Angela Sasse einige der Nachbarn befragt hatte. Doch auch Albrecht hatte nichts Relevantes in Erfahrung bringen können. Alle Anwohner hatten die Familie als unauffällig bezeichnet. Niemand konnte sich erklären, warum die Konrads Opfer dieses schrecklichen Verbrechens geworden waren. Keiner hatte eine merkwürdige Gestalt in der Mordnacht oder in den Tagen zuvor bemerkt.
3
Am späten Nachmittag stand Beate im Studentenwohnheim vor Katrin Golischs Tür und fragte sich, ob die Stripperin ihre Dienste zu dieser Uhrzeit bereits im Internet anbot. Aber wahrscheinlich war es dafür zu früh. Robert war im Präsidium geblieben, um mit einem Staatsanwalt letzte Einzelheiten zu einem abgeschlossenen Fall zu besprechen. Allerdings war ihr das nicht ungelegen gekommen. Zum einen hatte sie in Gesprächen mit weiblichen Zeugen manchmal den Vorteil,
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