Verrat im Zunfthaus
geöffnet war, trat sie ohne zu klopfen ein.
«Guten Tag, Meister Leuer!», grüßte sie den betagten Mann in Kaufmannskluft, der sich am Schreibpult gerade über ein Dokument beugte. Er hob den Kopf und stand dann eilfertig auf. «Meisterin Burka, seid mir gegrüßt! Wie geht es Euch? Gut seht Ihr aus. Und was macht Euer herziger Kleiner?»
Adelina lächelte. «Colin ist wohlauf und beinahe ständig hungrig. Vermutlich hat er das von seinem Vater.»
«Ah ja, wunderbar. Das ist ein gutes Zeichen, meine Liebe.» Um die Augen des alten Zunftmeisters bildeten sich unzählige Fältchen, als er ihr zulächelte und sich wieder setzte. «Was führt Euch denn bei dieser furchtbaren Hitze hierher? Ah, vermutlich seid Ihr wegen Eures neuen Siegels gekommen, nicht wahr? Da muss ich Euch leider enttäuschen. Meister Vetscholder, der die Gaffelregister verwaltet, ist im Augenblick nicht hier.»
«Tatsächlich? Wie merkwürdig.» Überrascht verzog Adelina das Gesicht. «Wir hatten den heutigen Nachmittag zur Siegelung und Unterschrift vereinbart.»
Meister Leuer nickte. «Ich wundere mich auch, denn er war bereits gestern nicht hier, und dabei müssten eigentlich noch weitere wichtige Vorgänge abgeschlossen werden. Ich kann mir nur vorstellen, dass er wieder einmal Probleme mit einer seiner Weinladungen hat. Erst kürzlich hat er eine Lieferung durch vagabundierende Kriegsknechte verloren.»
«Das wollen wir doch nicht hoffen.» Adelina dachte mit Unbehagen an die schon seit längerem unbeschäftigten Söldnertruppen, die sich seit dem Abkommen mit dem Erzbischof in zersplitterten Grüppchen vor den Stadttoren herumtrieben. Friedenszeiten waren für diese Männer schlimmer als Krieg und Belagerung. Aus Langeweile, vor allem aber aus der Not heraus, überfielen sie Handelskarawanen oder Treidelkähne, die Wein und Lebensmittel geladen hatten.
«Nein, das wollen wir wirklich nicht hoffen. Aber was machen wir denn nun?» Ratlos griff Meister Leuer nach einem Pergament auf dem Schreibpult, legte es jedoch gleich wieder nieder. «Leider habe ich keine Befugnis, die Register durchzusehen.» Seine Miene hellte sich auf. «Aber Meister Hirzelin müsste gleich kommen. Er kann Euch den Eintrag machen. Wenn Ihr so lange warten möchtet?»
«Nun ja, wenn es nicht zu lange dauert.»
«Bestimmt nicht. Setzt Euch und trinkt etwas Ahrwein. Ein guter Tropfen, der Winzer beliefert auch meinen eigenen Haushalt.» Eifrig stellte Meister Leuer ihr einen versilberten Becher hin und griff nach dem Weinkrug.«Oh! Na, so was, verzeiht, ich muss rasch in den Keller und den Krug auffüllen.» Leuer stand wieder auf, verzog dabei jedoch das Gesicht und rieb sich den Rücken.
«Wartet, Meister Leuer, bleibt nur hier und schont Euch. Ich werde selbst hinuntergehen», sagte Adelina sofort und nahm ihm den Krug ab.
«Würdet Ihr? Verzeiht, aber das aufziehende Gewitter macht meinen alten Knochen zu schaffen. Das ist wirklich ärgerlich.»
«Macht Euch keine Gedanken. Ich bin gleich wieder zurück.»
Adelina verließ das Zimmer, winkte Franziska, ihr zu folgen, und öffnete die Tür, hinter der sich die Kellertreppe befand. «Komm, nimm diesen Krug, wir gehen hinunter und füllen ihn mit frischem Wein. Ich nehme derweil das Licht.»
«Kann ich Euch behilflich sein?» Der Wachmann kam herbei und hielt den beiden Frauen die Tür auf.
«Danke, es geht schon», winkte Adelina lächelnd ab. «Einen Krug Wein werden wir schon allein herauftragen können.» Sie nahm das flackernde Tranlicht aus der Halterung neben der Treppe und ging voran.
«Hier unten ist es wenigstens kühl», sagte Franziska hinter ihr. «Aber es riecht ziemlich muffig.»
«Ja, die alten Gewölbe sind stellenweise feucht», antwortete Adelina. «Der Lagerraum für den Wein ist es glücklicherweise nicht.»
Sie ging zu einer schweren Eichentür, drückte sie auf und hängte das Lämpchen in eine Halterung neben dem Türstock.
«Ziemlich finster ist es hier», befand Franziska. «Man sieht ja kaum was.»
«Geh schon mal vor, hier liegen irgendwo noch weitere Lämpchen. Ich zünde eines an und komme nach.» Adelina trat an ein Bord neben der Tür, auf dem eine Holzkiste stand, und entnahm ihr ein Tranlicht.
«Iih, hier riecht es ja noch schlimmer», rief Franziska, die nur wenige Schritte in den Raum gegangen war und nun auf Adelina wartete. «Ein wenig wie beim Metzger am Schlachttag.»
«Du kommst auf Ideen», sagte Adelina schmunzelnd und entzündete das Licht. «Nun komm,
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