Verrat im Zunfthaus
Franziska und begab sich selbst dorthin. Als sie die Küchentür öffnete, stob ein staubfarbenes Fellbündel an ihr vorbei und rannte, freudig mit dem Schwanz wedelnd, auf Adelina zu.
«Moses, du frecher Hund!», wehrte sie das Tier ab, musste jedoch tatsächlich ein bisschen lachen, was nach den Schrecken der vergangenen Stunden befreiend wirkte. Der Hund umtanzte sie freudig, hüpfte bellend auf und ab und folgte ihr auf den Fersen, als sie durch das Haus ging, um die Fensterläden zu überprüfen.
Der Rundgang dauerte eine ganze Weile, denn nachdem ihr Gemahl, der städtische Medicus Neklas Burka, im vergangenen Herbst das Nachbarhaus gekauft hatte, waren mehrere Durchbrüche durch die Wände vorgenommen worden und der Wohnbereich im Obergeschoss nun doppelt so groß wie zuvor.
Im Erdgeschoss des neuen Hauses, gleich neben der Apotheke, hatte Neklas begonnen, sich Behandlungsräume einzurichten, die er sich mit einem Chirurgen zu teilen gedachte.
Adelina warf noch einen Blick in die Dachkammer ihrer Stieftochter Griet, als von unten empörtes Weinen und Schreien laut wurde.
«Herrin, seid Ihr oben?», rief Magda nach ihr.
«Ich komme schon», antwortete Adelina und eilte hinunter in die Küche.
«Er hat Hunger», meinte die ältliche Magd und reichte Adelina den frischgewickelten Säugling.
«Er hat immer Hunger», lächelte Adelina und setzte sich mit Colin auf die Ofenbank. Während sie ihm die Brust gab, sah sie sich in der aufgeräumten Küche um. «Gibt es heute kein Abendessen?»
«O doch, Herrin, aber der Herr Magister wollte heute unbedingt etwas aus der Garküche holen. Er hat Mira mitgenommen; sie müssten bald wieder zurück sein.»
«Aus der Garküche? Warum das denn? Ich hatte doch frische Grützwürste bereitgelegt?»
«Er sagt, er erwartet heute einen Gast, und da Ihr unterwegs wart, dachte er, so sei es einfacher.»
«Dachte er? Na schön.» Adelina schloss kurz die Augen. Hätte sie sich nicht gerade so ausgesprochen wohl gefühlt, wäre sie ärgerlich geworden. Sie strich Colin sanft über die Wangen, die sich vor Anstrengung wie auch Genuss leicht gerötet hatten.
Dann wandte sie sich wieder an Magda. «Und wo sind Griet und Vitus? Hast du meinem Vater den Mohntrank gegeben?»
«Griet und Vitus sind draußen bei Ludowig. Vitus hilft beim Holzhacken, und Griet wollte so gern den Hühnerstall ausmisten. Das Kind ist geradezu vernarrt in die Hühner.» Magda schüttelte nachsichtig den Kopf. «Euer Vater hat, soweit ich ihn verstehen konnte, nach Euch gefragt. Er scheint gerade ein paar lichte Momente zu haben, doch nachdem ich ihm den Mohnsaft gegebenhatte, ist er eingeschlafen. Morgen früh solltet Ihr gleich als Erstes nach ihm sehen.»
«Das werde ich.» Adelina nickte ihrer Magd noch einmal kurz zu und lehnte sich erneut mit geschlossenen Augen zurück. «Würdest du mir einen Eimer kaltes Wasser für meine Füße richten?»
«Aber natürlich, sofort, Herrin.»
Adelina lauschte, wie Magda eilfertig das Gewünschte herbeibrachte. Von draußen drang das noch immer heftige Rauschen des Regens herein, untermalt vom fernen Grummeln und Poltern eines Gewitters.
«Soll ich Euch helfen, die Schuhe auszuziehen?», fragte Magda.
Adelina nickte, doch im selben Moment pochte es heftig an der Haustür. «Sieh bitte nach, wer da ist.»
Doch Magda war kaum an der Küchentür, als diese aufsprang und Franziska hereinplatzte. «Herrin, da ist ein berittener Bote an der Tür, der einen Brief für Euch hat. Soll ich ihn hereinlassen?»
Adelina war verblüfft. «Ein Bote? Um Himmels willen, ja! Lass ihn herein bei diesem Wetter!» Da Colin mittlerweile nur noch halbherzig saugte, eher nur noch nuckelte, löste sie ihn rasch von ihrer Brust. Magda nahm ihn auf den Arm, und Adelina richtete eilig ihr Kleid.
Der Bote, der nun die Küche betrat, war noch jung und ein wenig verlegen. «Meisterin Burka?» Er sprach mit starkem Akzent, der sie an Neklas erinnerte. «Ich kann nicht lange verweilen, soll nur diesen Brief übergeben.»
«Vielen Dank.» Neugierig nahm Adelina das gesiegelte Schriftstück entgegen. «Aber wartet doch wenigstens,bis der Regen nachlässt. Auch sollt Ihr nicht ohne eine kleine Belohnung losreiten.» Sie winkte Franziska, die in der Küchentür stand. «Hol meine Geldkassette, damit ich den Mann bezahlen kann.»
«O nein, nicht nötig!», wehrte dieser jedoch ab. «Frau Benedikta hat mich bereits im Voraus sehr gut bezahlt. Aber sie erwartet mich schon übermorgen
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