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Verrat und Verführung

Verrat und Verführung

Titel: Verrat und Verführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: HELEN DICKSON
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Schurkenbande gegenübertreten muss.“
    Auf diesen Vorwurf ging William nicht ein. „Und lass Gemächer für unseren unwillkommen Gast herrichten. Wahrscheinlich wird ihn sein Kammerdiener begleiten. Am besten eignet sich die Blaue Suite im Westflügel, die liegt weit genug vom Eingang entfernt, den Mark benutzen würde, falls er später hierher zurückkommen muss. Wenn wir Glück haben, wird Rockley morgen nach dem Frühstück ahnungslos abreisen. Und sollte er uns verdächtigen, müssen wir dafür sorgen, dass er nichts Genaues herausfindet. Hoffentlich wird er verschwinden, und wir sehen ihn nie wieder.“
    Von William allein gelassen, dachte Christina an den Abend, der sich so bedrohlich vor ihr erstreckte. Sie versuchte sich auf die Begegnung mit Lord Rockley vorzubereiten. Von wachsender Angst erfüllt, spürte sie, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte. Ihr Bruder hatte erwähnt, der Mann sei klug. Wie klug? Prüfend spähte sie in den Spiegel über ihrem Toilettentisch. Würden ihre Augen und ihre Miene irgendetwas verraten, das ihren Bruder und sie selbst ins Verderben stürzen mochte?
    Sie erblickt ein attraktives Gesicht mit fein gezeichneten Zügen und ausdrucksvollen Augen. Sie musste an den Fremden im Wald denken. Hastig riss sie sich zusammen. Jetzt ging es um das schiere Überleben, nicht um mädchenhafte Fantasien und Sehnsüchte. Weil ihr nichts anderes übrig blieb, plante sie ihr Täuschungsmanöver mit eiserner Willenskraft. Entschlossen verdrängte sie alle Gedanken an einen Moment, wo dieselben Züge einen Mann veranlassen mochten, alle seine anderen Ziele zu vergessen, nur noch einen einzigen Wunsch zu empfinden – diese Frau zu erobern.
    Langsam fuhren die Kutschen die kurze Zufahrt zwischen den Pappeln hinauf, eine nach der anderen. Vom Erdgeschoss bis zum Dach hell erleuchtet, erhellte fröhlich flackerndes Kerzenlicht die Dunkelheit. Oakbridge Hall, ein großes, weitläufiges Haus, war in den Tudor-Zeiten aus roten Ziegeln erbaut worden. Bedauerlicherweise zeigten die geschmackvolle Einrichtung und das exquisite Dekor die Spuren einer gewissen Vernachlässigung: fadenscheinige Vorhänge, abgetretene Teppiche. Vor den hellen Rechtecken an den Wänden hatten früher Gemälde gehangen. Schon vor einigen Monaten waren sie verkauft worden. Ihr Fehlen erinnerte Christina täglich an die hohe Summe, die ihr Bruder dem Schurken Mark Buckley schuldete – und an die Lebensgefahr, in der sie beide schwebten.
    Nur die offiziellen Räume, für Empfänge bestimmt, und einige Gästesuiten wurden einigermaßen instand gehalten.
    Zu der Feier an diesem Abend waren nur die vornehmsten Mitglieder des benachbarten Landadels eingeladen, und so fühlten sich die Gäste enorm privilegiert. Zu den Lebzeiten ihres Großvaters, eines schwerreichen Gutsherrn, hatten zahlreiche gesellschaftliche Ereignisse im distinguierten Oakbridge stattgefunden, das wusste Christina. Noch immer sprach man von den glanzvollen Bällen und Soireen. Diese Tradition hatte der Vater fortgesetzt. Von William, jetzt Lord Atherton, wurde das ebenfalls erwartet. So geschah es auch. Aber unglücklicherweise war es nicht William, der den Ton angab und die Feste finanzierte, sondern Mark Buckley.
    Atemberaubend schön stand Christina neben ihrem Bruder an der Tür zum großen Festsaal, wo sie die Gäste begrüßten. Das Eisblau ihres Kleides passte perfekt zum dunkleren Blau ihrer Augen, genauso wie die Diamanten und Saphire, die ihren Hals schmückten. Standhaft weigerte sie sich, den Schmuck – ein Erbe von ihrer Mutter – zu verkaufen, um Williams Schulden zu begleichen. Wie gleißende Sterne funkelten die Diamanten im Kerzenschein und weckten den Neid der weiblichen Gäste, während die Gentlemen eher die Trägerin der Juwelen begehrten.
    Die Bewunderung, die ihr galt, entging ihr nicht. So triumphierend würden sie alle spotten, wenn sie wüssten, dass mir elend zumute ist, dachte sie bitter. Warum es ihr immer noch gelang, solche Einladungen zu bewältigen, verstand sie nicht. Obwohl sie diese Abende hasste, verlor sie nie die Fassung. Höflich bedankte sie sich für die Komplimente ihrer Gäste, und ihr Lächeln wirkte charmant, aber nur strahlend, nicht warm.
    Etwas abseits von der Warteschlange vor dem Saal stand ein großer, breitschultriger Mann, den die anderen Leute nicht kannten. Aufmerksam musterte er die Gesichter der Anwesenden, die Ballkleider der Frauen, die eleganten Perücken der Männer.
    Dann richtete er seinen Blick

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