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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Richartz
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Rücken ihrer Kollegin und hielt ihr ein Taschentuch hin. Sara wischte sich den Mund ab und nickte nur. „Geht schon. Fahr weiter.“ Sara dachte nach. Langsam konnte sie wieder denken. Matt. Sie musste Matt anrufen. Sie suchte ihr Handy aus ihrer Tasche und wählte seine Nummer. Mailbox. „Dieser Arsch“, fluchte Sara. Lilly blickte sie ernst an. „Matt?“ „Er geht die ganze Zeit nicht an sein Handy. Ich versuche seit gestern Morgen, ihn zu erreichen.“ Lilly überlegte. „Pass auf, ich schicke eine Polizeistreife zu seinem Haus. Sie sollen ihn zum Fundort bringen“, Lilly sprach in den Polizeifunk. Sara schickte parallel eine SMS an Matt. Als Lilly die Streife zu seinem Haus geschickt hatte, schaute Sara sie fragend an. „Wurden die anderen Eltern in Kenntnis gesetzt?“ Lilly nickte widerwillig. „Ja, die Presse weiß auch schon Bescheid. Daher bringt es gar nichts, den Eltern etwas vorzumachen. Sie werden gerade benachrichtigt und dann zum See gebracht. Wir könnten sie sowieso nicht davon abhalten.“ Sara schloss die Augen und hielt ihre Hände im Schoß verschränkt. Ihr Herz pochte und ihre Kehle war trocken.

    Knapp 12 Kilometer hinter La Jolla begann das besagte Waldstück. Lilly begann langsamer zu fahren und bog schließlich in einen schmalen und verwilderten Waldweg ein. Er war voller Schlaglöcher und das Waldstück ringsherum war von Unkraut überwuchert. Der Wagen rumpelte schwankend über die holprigen Furchen. Lilly fuhr vorsichtig und hoffte, die Dämpfung würde keinen bleibenden Schaden davontragen. Die Morgensonne fand ab und zu ihren Weg durch die oberen Baumkronen. Autos parkten bereits am Rand, unter Anderem auch mehrere Übertragungswagen der Fernsehsender. Sara war immer noch wie gelähmt. Selbst den holprigen Weg registrierte sie nicht. Der schmale Pfad mündete schließlich in einer kleinen Lichtung, dahinter lag der See. Sofort stürzten ihnen Reporter entgegen, die sich um das Auto säumten. Alle hofften auf einen kurzen Blick, eine kleine Unachtsamkeit, eine belanglose Bemerkung, um an ihre Story zu gelangen. Sie umzingelten Lillys Wagen, Lilly blieb gar nichts anderes übrig, als den Wagen anzuhalten. Sie nahm die Hand von Sara. „Ganz ruhig, Sara. Ich bin bei dir.“

    Sara atmete tief ein und nickte. Die zwei Frauen stiegen aus. Es war noch sehr frisch an diesem Morgen, Sara schlug den Kragen ihrer Fleecejacke hoch. Der Zoom jeder einzelnen Kamera war auf sie gerichtet. Sara ignorierte die Mikrofone in ihrem Gesicht und blickte sich kurz um. Sie sah Lundberg etwas abseits, der sie nur anstarrte, doch dessen Miene verriet nichts. Sara wich seinem Blick aus und ging auf die Absperrung zu, Lilly war dicht hinter ihr. Sie glaubte, ihren eigenen Herzschlag zu hören, der wie ein immer schneller werdender Trommelwirbel unter ihrer Brust in Fahrt kam.

    Der Tatort war abgesperrt, so dass es den Reportern noch nicht einmal möglich war, einen Schnappschuss zu machen. Es war ein schöner See, die Sonne spiegelte sich auf dem Wasser. Die Luft war klar. In der Mitte war eine Art Insel, es könnte ein richtiges Idyll sein. Die imposanten Bäume ringsherum des Sees hatten eigentlich eine Atmosphäre ungestörter Geborgenheit. Das einzige Geräusch, das Sara wahrnahm, kam von mehreren Vögeln, die sich in Scharen in den Baumkronen sammelten. Sie sahen Shawn, der unten am Wasser stand. Bei ihm standen mehrere Beamte der Spurensicherung in weißen Overalls. Sie verdeckten den Blick auf etwas, das auf dem Boden lag. Das musste die Leiche sein, dachte Sara und ihre Beine wurden schwach. Sie musste kurz stehen bleiben, Lilly reichte ihr die Hand. „Geht es?“, fragte sie besorgt. Sara nickte nur. Die Frauen gingen einen kleinen Pfad hinab, um auch ans Ufer zu gelangen. Überall lagen Holpersteine. Nach wenigen Metern waren ihre Hosenaufschläge total verdreckt. Die Bäume standen hier sehr dicht, grüne Äste neigten sich über ihre Köpfe. Der Himmel war klar, aber in der Luft lag plötzlich dieser säuerliche Leichengeruch. Auch Lilly wurde ganz anders. Sie hielt sich ein Taschentuch vor ihre Nase. Egal, wie sie sich drehte, dieser Verwesungsgestank verpestete die ganze frische Morgenluft. Obwohl es früh am Morgen war, bemerkte Lilly Mücken und Fliegen um sich herumschwirren.

    Shawn erblickte sie und kam eilig auf sie zu. Er war sehr blass und nahm seinen Mundschutz ab. Sein Anzug war zerknittert, seine Wangen waren mit Stoppeln überzogen. „Hi, wir wissen noch nichts Genaues.“

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