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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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ägyptischen Hurghada. Die Töpfe, die sie vor zwei Wochen schnell noch abgewaschen hatte, vor ihrer Abreise nach Illinois, standen unverräumt auf dem Abtropfständer.
    Anscheinend hatte Reno den Zimmerpflanzen während ihrer Abwesenheit gelegentlich Wasser gegeben, jedenfalls schien im schwer geprüften Feigenbaum bei den Flügeltüren zur Dachterrasse noch ein Rest von Leben zu stecken. Unter den Stummeln von Renos Joints, die sich auf dem Wohnzimmertisch an einer Stelle auftürmten, befand sich wohl der Aschenbecher. Daneben lag ein Stapel mit Post und Reklamewurfsendungen. Den würde sie sich später vornehmen, im Lauf der Woche.
    Sie leerte den Aschenbecher und machte die Türen zur Dachterrasse weit auf. Für Ende Oktober war es ein ziemlich warmer Tag, mit wolkenlosem Himmel. Leise drangen Stimmen von einem Café in der Hauptstraße an ihr Ohr. Die Atmosphäre war freundlich und sanft. Ein schärferer Kontrast zu ihrer eigenen Befindlichkeit war kaum denkbar. Sie schloss die Augen, holte tief Luft und schlang ihre Arme um sich.
    Es hatten sich durchaus ein paar Dinge verändert. Wesentliche Dinge.
    Zunächst einmal hatte sie keinen fröhlichen, leicht naiven Nachbarn mehr, der sie mit seinen Erzählungen zum Lachen brachte. Svens Wohnung stand leer und würde binnen Kurzem vermutlich zum Verkauf angeboten.
    Es lagen auch keine Asics mehr im Flur herum. Keine Hanteln im Wohnzimmer. Der Rasierapparathalter unter dem Abstellbrett im Badezimmer war leer. Und unter dem Kleiderschrank lagen keine Reisetaschen mit Bargeld, Biwakmützen und Munition mehr.
    Der Eigentümer dieser Gegenstände war vor gut zwei Wochen fortgegangen, kurz bevor er mit Susan und ihrer Mutter nach Springfield, Illinois, hätte fliegen sollen. Sie wusste nicht, wo er jetzt war. Was er tat. Ob er eine andere Freundin hatte. Sich einsam fühlte.
    Ob er überhaupt noch lebte.
    »Oh … du bist ja schon wieder da.«
    Erschrocken drehte sie sich um.
    Reno stand schafsköpfig vor ihr und grinste. Er trug eine schlabberige Unterhose und ein T-Shirt mit Aufdruck. I was not thinking . Seine tief in die Stirn hängenden Strähnen waren kürzlich von einem nicht besonders akkuraten Friseur blondiert worden.
    Er trat ein paar Schritte vor und küsste sie auf die Wange. Seine Bartstoppeln kratzten.
    »Deine Haare sind ja gelb«, bemerkte sie.
    Reno fuhr sich mit knochigen Fingern über den Schädel, zog Streifen in die fettigen Locken. Er grinste wieder. »Tja … gelb …«
    »Hast du heute Nacht hier geschlafen?«
    »Ja.« Er hustete und rieb sich über den Arm. »Ich, und äh …«
    In der Türöffnung des Schlafzimmers erschien ein Mädchen, das kaum älter sein konnte als siebzehn. Ihr wildes Zottelhaar war schwarz-violett gefärbt, und ihr junges Gesicht war mit schweren Piercings verunstaltet.
    »… sie«, beendete Reno mit einer undeutlichen Armgeste seinen Satz. »Äh, Dingens.«
    »Jolanda«, sagte das Mädchen leise. Sie hatte ihr schwarzes Sweatshirt verkehrtherum an. Ihre kurzen Fingernägel waren schwarz lackiert. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich genierte.
    »Jolanda«, wiederholte Reno schuldbewusst und holte tief Luft. »Und die also.«
    »Na, ich geh dann mal wieder.« Das Mädchen wich Susans Blick aus, schaute noch einmal verstohlen auf Reno und schlich zur Tür hinaus.
    »Hattest du einen Auftritt gestern?« Susan wusste nicht, ob sie laut loslachen oder böse auf ihn sein sollte.
    Reno hatte eine ganze Reihe von Problemen. Das vordringlichste war ein hartnäckiger Mangel an Realitätssinn. Deshalb war er immer wieder obdachlos, das Prinzip »Miete bezahlen« war ihm unbekannt. Susan hatte nichts dagegen, dass er bei ihr übernachtete, nur dass er Unbekannte in die Wohnung ließ, gefiel ihr nicht. In Renos Menschenkenntnis hatte sie kein sonderlich großes Vertrauen.
    »Auftritt?« Schlaftrunken rieb er sich die Augen. »Ja, im W2 … glaube ich. Sorry, ich zieh mir eben was über. Ich hatte noch gar nicht mit dir gerechnet. Wolltest du nicht erst am Nachmittag nach Hause kommen?«
    »Es ist doch drei Uhr.«
    »Ach«, sagte er und schaute sich verstört um. »War mir gar nicht klar.«
    Schließlich trat doch ein verhaltenes Lächeln auf ihre Lippen. Auf dem langen Flug von den USA in die Niederlande hatte sie schon darüber nachgedacht, was es für ein Gefühl wäre, zu Hause eine leere Wohnung vorzufinden. Nun war sie alles andere als leer. Sie konnte Reno eigentlich nur dankbar sein.
    Er zumindest war noch da.
    Sie

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