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Verschleppt ins Tal Diabolo

Verschleppt ins Tal Diabolo

Titel: Verschleppt ins Tal Diabolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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was?“
    Das dreispaltige Foto zeigte
den strahlenden OB Dr. Matthias Clüngel-Fründe — wie er Tim, der neben ihm
stehend den OB um drei Fingerbreiten überragte, freundschaftlich den Arm um die
Schulter legte. Das Bild war zwei Monate alt: Tim ohne Baseballmütze, aber in
einem noch winterlichen Sweatshirt. Gesichtsausdruck: freundlich gelangweilt.
    „Bei unserer Umfrage, wie und
wo die Promis unserer Millionenstadt das Pfingstfest verbringen“, las Gaby vor,
„fragten wir auch Oberbürgermeister Dr. Clüngel-Fründe und seinen Sohn
Eugen-Marcel. Der OB wäre am liebsten zu Hause geblieben, wie er versichert,
aber Eugen-Marcel, der in drei Tagen 17 wird, besteht auf einer Woche
Seychellen. Der TK wünscht guten Flug.“ Gaby ließ die Zeitung sinken.
„Hihihihih! O Gott, das ist gefährlich lustig.“ Sie presste die Beine zusammen.
    Tim grinste. „Der Bildredakteur
hat sicherlich von der Mai-Bowle genascht. Das Foto ist von vor Ostern. Als ich
die Auszeichnung gekriegt habe.“
    „Klar doch!“ Gaby klopfte ihm
auf die Schulter. „Bin ja immer noch stolz auf dich und der Wecker tickt leiser
als ein Holzwurm im Nussbaumschrank.“
    Tim war ausgezeichnet worden —
öffentlich — für eine mutige Tat. Hatte er doch im Januar ein vierjähriges Kind
— ein Mädchen — vor dem Ertrinken gerettet. Die Kleine war auf dem dünnen Eis
des Vierlinger Sees eingebrochen und unter die Eisdecke geraten. Tim, der am
Ufer joggte, war sofort in das eisige Wasser gesprungen und unter die Eisdecke
getaucht. In letzter Sekunde fand er das schon bewusstlose Kind. Die
Wiederbelebung am Ufer hatte Erfolg. Das Mädchen hatte keinen Schaden
davongetragen — abgesehen von einer starken Erkältung. Tim bekam nicht mal die,
denn kaum war der von Passanten alarmierte Notarzt eingetroffen, sprintete Tim
im Höllentempo zum Internat zurück, lief sich warm trotz tropfender Nässe.
    Außer der Ehrenurkunde und
vielfältigem Schulterklopfen hatte Tim 300 Euro aus der Lebensretter-Kasse der
Stadt erhalten. Den größten Teil des Geldes legte er an für eine sauteure
Atomzeit-Weckeruhr, die sich Gaby schon lange gewünscht hatte. Ein schönes
Geschenk.
    Nun war also das Helden-Foto
zum zweiten Mal erschienen und Tim zum OB-Sohn aufgerückt.
    „Eugen-Marcel kann dich nicht
leiden“, meinte Gaby. „Weil er bei mir abgeblitzt ist. Das schiebt er dir zu.
Auf die Idee, dass ich ihn für ein Brechmittel halte, kommt er nicht.“
    „Kann er gar nicht. Er hat
einen Politiker als Vater. Da wächst Hornhaut auf dem Organ, dass die
Selbstkritik steuert. Mir ist das hier einerseits peinlich, andererseits finde
ich’s komisch. Hoffentlich werde ich nicht dauernd angelabert, wie von dem
Schnapsfass im Kiosk.“
    Gaby kicherte wieder. Tims
Handy klingelte erneut. Es war Karl.
    „Hallo, Eugen-Marcel“, feixte
er durch die Leitung, „ich lese gerade Zeitung und…“
    „Geschenkt!“, wurde er von Tim
unterbrochen. „Wir haben die Heiterkeit bereits hinter uns und überlegen, wo
wir uns treffen. Das Rumgondeln hat ein Ende. Denn der Psycho hat seine
Knallerbse schon gezündet.“ Tim erzählte. „Ich schlage vor, wir treffen uns vor
dem Präsidium. Gemeinsam tanzen wir dann bei Wespe an. Der freut sich halb
tot.“
    „Aber nur über Gaby“, meinte
Karl. „Okay, ich verständige Klößchen. Hab ihm eingeschärft, er soll sein Handy
eingeschaltet lassen.“

7. Brüder
     
    Bernd Riedmeyer war schon lange
dabei. Damals hatte sein polizeiliches Führungszeugnis genügt. Alles okay. Er
bekam den Job. Und hoffte nun, dass er ihn behalten würde. Denn Olafs Schatten
fiel auch auf ihn. Olaf, sein Bruder. Olaf Riedmeyer, der Schwerverbrecher.
Olaf, der Ausbrecher aus der Landesstrafanstalt. Nach ihm wurde gesucht wie
nach chemischen Waffen im Irak. Olaf war eine schwere Bürde für Bernd. Zur
Hölle mit Olaf!
    Früher — lange her — hatten sie
sich gut verstanden. Aber dann — nach dem Tode der Eltern, als beide Brüder
noch halbwüchsig waren — verliefen ihre Wege getrennt.
    Als Bernd seinen Dienst antrat
an diesem Vormittag war sein Kollege Jochen Beike müde wie ein Wischlappen und
der Atem roch nach Alkohol. Das war gegen die Vorschrift. Trotzdem — da war
Bernd ganz sicher — hatte Jochen auch heute seine Zweitwaffe nicht vergessen:
einen kleinen Derringer mit gleichwohl großem Kaliber. Jochen trug die Pistole
an den rechten Unterschenkel geschnallt.
    „Hallo, Jochen!“
    „Hallo, Bernd.“
    „Fühlst du dich so, wie

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