Verschleppt
ein ganz anderes Problem viel gewichtiger war.
Kapitel 32
Bryan vernahm ein Geräusch, ein Rascheln. Er setzte sich rasch aufrecht hin. Noah musste zu sich gekommen sein. „Hörst du mich? Bist du okay?“, fragte Bryan, während er aufstand. „Ja, hallo. Wo bin ich?“, Noah war irritiert. Sein Schädel brummte und er hatte schlimmen Durst. „Wer ist da?“, fragte er ängstlich ins Nichts hinein. „Nicht erschrecken. Ich bin Bryan.“ Die anderen Kinder gaben keinen Mucks von sich. Noah verstand nicht, was passiert war. „Wo, wo bin ich?“, wollte er wissen. Bryan überlegte, was er sagen sollte. „Keine Ahnung. Dieser Kerl hat uns hergebracht.“ Noah konnte nicht glauben, was er da hörte, er bekam schreckliche Angst. Sein Atem ging immer schneller. Er erinnerte sich an die letzten Momente. Katie hatte ihn ins Bett gebracht und jetzt war er hier. Er schaute an sich herunter, er trug seinen Bären-Pyjama, den seine Mama ihm geschenkt hatte. Er fing an zu weinen. Bryan versuchte, Noah alles zu sagen, was er wusste. Noah bekam aber immer mehr Angst. Die anderen Kinder gaben weiterhin keinen Laut von sich. Bryan stellte Noah viele Fragen, bekam aber keine Antworten. Noah stand unter Schock. Bryan versuchte, ihn zu beruhigen, aber Noah fing plötzlich an zu wimmern. Bryan sah ein, dass er ihn in Ruhe lassen musste.
Bryan ließ sich auf seine Matratze fallen und schloss die Augen. Die Luft schien immer dünner zu werden. Das Knarren von dem Gitter über ihm war nur manchmal zu hören, genau wie das Spüren der frischen Luft. Er vernahm, wie Noah langsam immer ruhiger wurde, er musste wieder eingeschlafen sein. Bryan war in Gedanken. Immer wieder ging Bryan die Stimme des Entführers durch den Kopf. Immer wieder. Plötzlich riss er die Augen auf. Er wusste, wo er diese Stimme schon mal gehört hatte. Es kam ihm wie ein Blitz. In der Reinigung, der Typ, der sich über Baseball mit ihm unterhalten hatte.
Kapitel 33
Matt lag auf dem Bett, starrte an die Decke. Er trug immer noch die Sachen von letzter Nacht. Sein blaues Hemd war nun aufgeknöpft, darunter trug er ein weißes T-Shirt. Er hatte alle Rollos runtergezogen, es herrschte absolute Dunkelheit. Er hatte in der Nacht kein Auge zugemacht. Matt konnte das alles nicht fassen. Die Digitaluhr neben dem Bett zeigte 12.45 Uhr. Sein Telefon hatte bereits mehrfach geklingelt – jedes Mal Sara. Er konnte nicht mit ihr reden. Er wollte es nicht, sein Schmerz und seine Wut saßen zu tief. Ihm war richtig schlecht. Sobald er seine Augen schloss, sah er Noah. Seinen kleinen Noah, der strahlend vor ihm stand. Er erinnerte sich an seine Geburt, wie winzig er war. Sein Kinderzimmer hatte Matt schon sechs Monate vor seiner Geburt fertiggestellt. Er konnte es kaum erwarten, den kleinen Wurm im Arm zu halten. Dann war er endlich da. Sara und er waren so glücklich. Sie hatten Noah mit Samthandschuhen angefasst. Sara war übervorsichtig, hatte ihn nie eine Sekunde aus den Augen gelassen. Noahs erste Worte, sein erstes Lachen, die ersten Schritte, sein erstes Pflaster, die gemeinsamen Ausflüge an den Strand – all diese Bilder schossen Matt plötzlich in den Sinn. Er musste grinsen, als er an den Moment dachte, wo Noah das erste Mal Hirsche gesehen hatte und ungläubig vor den Tieren stand. Das war wohl die glücklichste Zeit in seinem Leben, dachte Matt. Die ersten zwei bis drei Jahre mit Noah. Ungefähr als Noah drei war, wurde es zunehmend schwierig zwischen ihm und Sara. Sara war kaum noch zu Hause. Sie war nur noch im Büro, jagte von einem Tatort zum nächsten. Am Anfang machte er sich keine Sorgen, aber irgendwann konnte er die Stunden in der Woche abzählen, die Sara bei ihm und Noah war. Er wurde zunehmend skeptisch, unterstellte Sara sogar eine Affäre mit Cruz. Als er dann erfuhr, dass Cruz schwul war, war ihm das äußerst unangenehm. Erste Anzeichen für ihre Arbeitswut stellte er schon vor Noahs Geburt fest, vor allem nach dem Tod ihres Dads. Sie flüchtete sich förmlich in ihre Arbeit. Das war ihre Art, mit der Trauer umzugehen. Matt dachte an Max, Saras Dad. Er mochte ihn sehr. Nachdem seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen, da war er 16 Jahre, waren die Webbers seine Ersatzfamilie. Er war zu diesem Zeitpunkt ein Jahr mit Sara zusammen. Max und Dana Webber kümmerten sich um ihn. Vor allem Max. Er spielte mit ihm Fußball, ging aber auch mal mit ihm in eine Bar. Es war ein harter Schlag für alle. Matt versuchte, für Sara da zu sein. So, wie
Weitere Kostenlose Bücher