Verschleppt
er es konnte. Heute denkt er oft, dass das nicht genug war. Sie stürzte sich nach diesem Schicksalsschlag in Arbeit und verbiss sich in nahezu jeden Fall. Matt fiel es in der Zeit nicht so auf, weil er selber dabei war, seine Karriere als Anwalt voranzutreiben. Er hatte gerade sein Studium beendet und startete als Junganwalt in einer renommierten Kanzlei.
Mit Mitte 20 heiratete er Sara. Es war eine kleine Hochzeit am Strand, sie waren beide barfuß. Er erinnerte sich, wie Sara strahlte. Es war bis dato der schönste Tag seines Lebens. Er dachte, sie könnten alles zusammen meistern, egal, was kommt. Er lag falsch, wie er heute traurig einsehen musste. Er hatte alles versucht, die Ehe zu retten, aber Sara blockte ab. Er kam gar nicht mehr an sie heran, schließlich sah er nur noch den Weg der Trennung. Eigentlich wollte er ausziehen, aber Sara kam ihm zuvor. Dass Noah bei ihm bleiben würde, war von Anfang an klar. Er jonglierte mit seiner Rolle als Anwalt, Vater und Hausmann. Da er seine Arbeit mit nach Hause nehmen konnte, hatte er nicht den Zwang, neun Stunden am Tag im Büro zu sitzen. Eine Nanny half ihm mit Noah am Nachmittag. Es war anstrengend. Aber er war jeden Tag froh, dass Noah bei ihm war, schließlich war er auch ein Teil von Sara, das Einzige, was ihm von ihr geblieben zu sein schien. Nach der Trennung holte Sara Noah zunächst jedes Wochenende zu sich. Da sie sonst unter der Woche auch kaum da war, musste Noah sich nicht wirklich umstellen. Doch die Wochenenden wurden immer seltener. Sie richtete ihren Dienstplan irgendwann nicht mehr nach Noah aus und arbeitete oft am Wochenende. Matt bildete sich lange ein, dass Noah nicht darunter leiden würde. Doch wenn er ihn in letzter Zeit beobachtete, fiel ihm oft sein trauriger Blick auf. Matt schloss die Augen. Er wurde durch das Klingeln an der Haustür aus seinen Gedanken gerissen, er ignorierte es und blieb liegen. Es war bestimmt Sara.
Kapitel 34
Bryan hörte Geräusche. Er zuckte wie jedes Mal zusammen, als der Unbekannte die schwere Tür öffnete. Von Noah hatte er nichts mehr mitbekommen. Bei Jason wusste er manchmal gar nicht, ob er überhaupt noch atmete. Die Tür ging auf und ein Schatten stand in der Tür, der Fremde war wie immer vermummt. Die ersten Male hatte Bryan immer unheimliche Angst bekommen, aber mittlerweile hatte er ein Gesicht zu der Gestalt. Der Mann aus der Reinigung. Das Licht ging an, was ein gutes Zeichen war. Bryans Atem beruhigte sich, der Mann würde nur Essen bringen. Als erstes ging der Vermummte zu Jason in die Zelle. Er legte ihm Brote neben seine Matratze. Jason rührte sich aber nicht, der Kerl schien irritiert. Er stupste Jason an, immer noch nichts. „Hey, wach auf!“, sagte er energisch zu Jason. Nichts. Er beugte sich runter und schüttelte den Kleinen. Erst leicht und dann immer heftiger. Er schien Panik zu bekommen. Jason kam langsam zu sich und murmelte irgendwas vor sich hin. Bryan konnte es nicht verstehen. Der Typ ließ ihn los und ging hintereinander zu den anderen Kindern in die Zellen und verteilte das Essen.
Bryan war der letzte. Er saß auf seiner Pritsche, als der Kerl in seine Kammer kam. Er legte auch ihm zwei belegte Brote hin – dieses Mal mit Wurst. Einen Moment schaute er Bryan in die Augen. Bryan zuckte zusammen, der Blick war bedrohend, so als würde der Kerl ihn gleich mit seinen Augen töten wollen. Bryan bekam schrecklich Angst und rückte weg. Plötzlich kamen Laute aus Jasons Zelle. Jason versuchte aufzustehen, brach aber zusammen und lag regungslos auf dem kalten Boden. Der Kerl schreckte zusammen, lief aus Bryans Zelle rüber zu Jason. Er hockte sich zu ihm und hob den Jungen hoch. Bryan zögerte keinen Moment, seine Zellentür war offen. Er stürmte hinaus, vorbei an Noah und Jessica, die nur regungslos auf ihren Pritschen lagen und ihm nachsahen. Der Entführer reagierte nur sehr langsam. Er legte Jason auf seine Matratze und stürmte auch aus der Zelle. Bryan war aber wieselschnell schon an ihm vorbei, die Stufen hoch, hinaus in den langen Gang gerannt. Der Kerl fluchte. „Verdammter Mist! Bleib stehen, Bryan.“ Seine Stimme hallte. Bryan zuckte zusammen. Der Kerl war sehr langsam, das war Bryans Glück. Er erreichte die Stufen zur Öffnung, kletterte diese flink hoch, die Luke war offen, er musste sie nur noch aufstemmen. Das bereitete ihm große Mühe, doch unter enormer Anstrengung bekam er sie schließlich auf. „Gott sei Dank“, murmelte Bryan. Er kletterte die Stufen
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