Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
die Musik der Jukebox, des Grills, der Fritteuse.
Joanie knallte ihr die nächste Bestellung hin. »Einmal Bohnensuppe – die ist in dem Topf hier -, dazu gehören Cracker.«
Reece nickte nur, warf die Pilze und Zwiebeln auf den Grill und machte währenddessen die zweite Bestellung zurecht. »Nächste Bestellung!«, rief Joanie und warf ihr einen neuen Zettel hin.
»Ein Reuben-Sandwich, ein Club-Sandwich, zwei Beilagensalate.«
Reece arbeitete eine Bestellung nach der anderen ab, ließ einfach alles auf sich zukommen. Die Atmosphäre, die Gerichte mochten anders sein, aber der Rhythmus war derselbe. Immer schön weitermachen, immer in Bewegung bleiben.
Sie richtete die erste Bestellung an und drehte sich um, damit Joanie sie begutachten konnte.
»Ab damit«, befahl die. »Los, die nächste Bestellung. Wenn wir in der nächsten halben Stunde nicht den Arzt rufen müssen, bist du eingestellt. Über deinen Verdienst und die Schichten reden wir später.«
»Ich muss …«
»Mach die nächste Bestellung«, schnitt ihr Joanie das Wort ab. »Ich geh eine rauchen.«
Reece arbeitete weitere anderthalb Stunden, bis es etwas ruhiger wurde, sie dem heißen Herd den Rücken zukehren und eine Flasche Wasser in sich hineinkippen konnte. Als sie sich wieder umdrehte, saß Joanie am Tresen und trank Kaffee.
»Keiner ist tot umgefallen«, sagte sie.
»Puh. Geht es hier immer so zu?«
»Ein typischer Samstagmittag. Der Laden läuft gut. Für den Anfang bekommst du acht Dollar die Stunde. Wenn du mir die nächsten zwei Wochen keine Schande machst, leg ich noch einen obendrauf. Außer uns arbeitet noch eine Halbtagskraft am Grill, sieben Tage die Woche. Du bekommst mehr oder weniger zwei freie Tage. Den Schichtplan mach ich eine Woche im Voraus. Geöffnet wird um halb sieben, das heißt, deine erste Schicht beginnt um sechs. Es gibt den ganzen Tag Frühstück, Mittagessen von elf bis ultimo, Abendessen von fünf bis zehn. Wenn du eine Vierzigstundenwoche willst, lässt sich das einrichten. Ich bezahle keine Überstunden. Falls du am Grill festsitzt und länger bleiben musst, ziehen wir das von deinen Stunden in der nächsten Woche ab. Irgendwelche Einwände?«
»Nein.«
»Wenn du während der Arbeit trinkst, fliegst du auf der Stelle raus.«
»Verstehe.«
»Du kannst so viel Kaffee, Wasser oder Tee trinken, wie du willst. Alkoholfreie Getränke musst du zahlen. Dasselbe gilt fürs Essen. Hier gibt’s keine Gratismahlzeiten. So wie’s aussieht, wirst du mir ohnehin nicht die Haare vom Kopf fressen, sobald ich mich umdrehe. Dürr, wie du bist.«
»Stimmt.«
»Wer die letzte Schicht hat, macht Grill und Herd sauber und schließt den Laden ab.«
»Das kann ich auf keinen Fall machen«, unterbrach sie Reece. »Den Laden kann ich nicht für Sie zumachen. Ich kann morgens aufmachen, und ich übernehme jede Schicht. Ich arbeite sogar Doppelschichten, wenn’s sein muss, oder halbe Schichten. Ich bin flexibel und habe auch nichts dagegen, mehr als vierzig Stunden die Woche zu arbeiten. Aber den Laden kann ich nicht für Sie schließen, tut mir leid.«
Joanie hob die Brauen und trank ihren Kaffee aus. »Angst vor der Dunkelheit?«
»Stimmt genau. Wenn das Schließen des Lokals zum Job gehört, muss ich mir was anderes suchen.«
»Das kriegen wir schon hin. Wir müssen noch ein paar amtliche Formulare ausfüllen, aber das kann warten. Dein Auto ist bereits repariert und steht vor Macs Laden.« Joanie lächelte. »Hier spricht sich alles rum, und ich hab mein Ohr direkt an der Quelle. Wenn du was zu Wohnen brauchst: Ich hab ein Apartment über dem Diner, das ich dir vermieten kann. Nichts Großartiges, aber es hat eine schöne Aussicht und ist sauber.«
»Danke, aber fürs Erste geh ich ins Hotel. Wir sollten es erst mal ein paar Wochen miteinander probieren und sehen, wie’s läuft.«
»Fernweh.«
»So was Ähnliches.«
»Ganz wie du willst.« Joanie stand schulterzuckend auf und ging mit ihrer Kaffeetasse auf die Schwingtüren zu. »Geh los und hol dein Auto, such dir eine Unterkunft. Um vier bist du zurück.«
Leicht benommen ging Reece hinaus. Sie hatte wieder in einer Küche gearbeitet, und zwar ohne Probleme. Sie hatte sich wohl gefühlt. Nachdem sie das geschafft hatte, war ihr ein wenig schwindlig, aber das war schließlich ganz normal – oder etwa nicht? Immerhin hatte sie einfach so aus dem Stand einen Job gefunden, einen Job, den sie noch dazu gelernt hatte. Einen Job, den sie seit gut zwei Jahren nicht
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