Verschollen am Mount McKinley - Alaska Wilderness ; 1
lehnte Julie mit beiden Unterarmen auf der Haltestange und wurde plötzlich unsicher. Vielleicht hätte sie sich doch auf ein Date einlassen sollen. So einen attraktiven jungen Mann bekam man nicht alle Tage zu fassen, und was machte es schon, wenn er am nächsten Morgen wieder verschwunden war?
Eine ganze Menge, tröstete sie sich und feuerte ihre Hunde an. »Wollt ihr wohl laufen, ihr Faulpelze? Nun macht schon, ich will endlich nach Hause. Wir sind spät dran, und ich hab keine Lust, heute Abend ohne den leckeren Eintopf der Queen ins Bett gehen zu müssen. Vorwärts, Chuck, schneller!«
Doch als die Huskys eine schnellere Gangart einschlugen und sie sich immer schneller von dem jungen Mann entfernte, wurde sie wütend und fluchte insgeheim. So dumm kann doch nur ich sein! Gibt dem Doppelgänger von Robert Pattinson einen Korb! Oder sah er eher wie der junge Brad Pitt aus? »Heya, heya, Chuck! Warum trödelt ihr so? Sonst gibt’s heute Abend kein Fressen!«
Die Huskys schienen sie zu verstehen und rannten noch schneller. Nur Chuck drehte sich verwundert um und schien zu fragen: Was ist mit dir los? Was sollen diese nervösen Kommandos? Müssen wir uns Sorgen machen?
2
Die Happy Loon Lodge von »Queen« Elizabeth McCormick lag ungefähr zehn Meilen östlich von Fairbanks an einer Seitenstraße des Chena Hot Springs Highway. Das zweistöckige Blockhaus ragte am Ufer eines kleinen Sees zwischen den Bäumen empor, weit genug vom Highway entfernt, um den Gästen das Gefühl zu geben, ihren Urlaub in der Wildnis zu verbringen.
Queen Elizabeth war um die fünfzig und joggte jeden Morgen eine Stunde durch den Wald, auch im Winter, wenn die Temperaturen weit unter null lagen. Selbst jüngere Gäste, die sich ihr beim Frühsport anschlossen, hatten manchmal Mühe, mit ihr Schritt zu halten. Sie war gerade vor dem Haus und nahm einige Holzscheite von dem Brennholzstapel neben der Tür, als Julie den Schlitten bremste und von den Kufen stieg. »Beeil dich!«, rief sie mit gedämpfter Stimme, damit man sie im Haus nicht hörte. »Wir haben einen Gast, einen jungen Mann aus Chicago, der fragt mir schon den ganzen Nachmittag ein Loch in den Bauch. Ob er die richtige Kleidung für eine Wintertour dabeihat, ob er Angst vor Wölfen haben muss, ob es schwer ist, auf Schneeschuhen zu laufen, was Touristen so fragen. Wäre nett, wenn du mich ablösen könntest, während ich das Essen fertig koche. Den Tisch hab ich schon gedeckt.«
Julie verspürte keine große Lust, sich mit einem Fremden zu unterhalten, sie hätte lieber ihren Koffer gepackt und den Schlitten auf ihrem Pick-up festgeschnallt, konnte ihrer Wirtin aber schlecht einen Wunsch abschlagen. »Mache ich«, versprach sie. »Sobald ich mit den Huskys fertig bin, nehme ich mir den Knaben vor.« Sie verwöhnte Chuck mit einem freundschaftlichen Klaps und befreite die Hunde von ihren Geschirren. »Gibt’s heute wieder Elcheintopf?«
Elizabeth lachte. »Mit viel Fleisch und wenig Kartoffeln, wie du ihn magst. Und gegen ein Glas Limonade hast du sicher auch nichts einzuwenden.« Auf ihre selbst gemachte Limonade war die Wirtin besonders stolz.
»Ganz nach meinem Geschmack.«
Die Aussicht auf ein schmackhaftes Abendessen ließ sie noch schneller arbeiten. Sie fütterte die Hunde mit dem Futtermix, den sie am liebsten mochten, mischte ordentlich Wasser unter den getrockneten Lachs und den Reis, damit sie genug Flüssigkeit bekamen, und redete ihnen gut zu, bevor sie ins Haus ging: »Dass ihr mir keinen Ärger macht! Keine Streitereien und keine Jaulkonzerte, hört ihr? Wir müssen morgen früh um vier Uhr los, und wer weiß, was uns im Nationalpark noch alles erwartet.«
Nachdem sie ihren Parka, die Mütze und die Handschuhe ausgezogen und sich ein wenig frisch gemacht hatte, ging sie ins Esszimmer und begrüßte den Gast. Er stand mit einem Glas Limonade am Fenster und stellte sich als Scott Jacobsen vor, ein schlanker Mann um die dreißig, in dessen Augen eine wilde Entschlossenheit zu erkennen war. Aber vielleicht sahen alle Männer in Chicago so aus, dachte Julie. Er trug Jeans, Sweatshirt und Laufschuhe und sprach mit jenem nasalen Dialekt, den sie aus alten Gangsterfilmen kannte.
»Sie sind eine … wie sagt man? Eine Musherin?«, begann er die Unterhaltung.
»Ich fahre einen Hundeschlitten«, bestätigte sie, »das tun einige Frauen hier oben im Norden.« Sie lächelte. »Wir sind nicht so zart besaitet wie die Frauen in Chicago, und zum Shoppen gibt es hier
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