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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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vergeblich. Dann hatten sie ihm ein Foto gezeigt. Wladimir Putin und Alexander Michailovitsch Arm in Arm vorm Kreml, umrahmt von humorfreien und stiernackigen Bodyguards. Herr Schweitzer hatte erst auf seinen Auftraggeber, dann auf sich gezeigt und vehement den Kopf geschüttelt. „Not same. Not same. He and me not same, not same!“
    Irgendwann war es ihnen wohl zu bunt geworden. Mit Handschellen wurde Herr Schweitzer wieder ans Bettgestell gefesselt. Mit Handschellen? Wo waren die eigentlich? Ach egal, was soll ich damit? Der einzige, den er damit gefangennehmen konnte, war draußen der Tote. Aber der würde auch ungefesselt kaum das Weite suchen.
    Im Nachhinein stellte er sich auch die Frage, wieso die Aufforderung vom vermeintlichen Boß der Kidnapping-Geschichte, ihn, Herrn Schweitzer, ins Jenseits zu befördern, auf deutsch ins Handy gebrüllt wurde, obschon keiner der beiden finsteren Gesellen diese Sprache konnte. War es auf einen impulsiven Wutausbruch zurückzuführen oder war Deutsch neuerdings als Killerjargon international salonfähig? Egal, sagte sich der Detektiv, ich lebe ja noch, bin halt zäh wie Leder.
    Auch von Bertha, der alten und kauzigen Wirtin vom Sachsenhäuser Weinfaß, war nichts Genaues zu erfahren, außer daß der Simon seit Montag nicht mehr aufgekreuzt sei. Die meisten gemeinsamen Freunde und Bekannten hatte sie telefonisch bereits abgeklappert. Niemand wußte Simons momentanen Aufenthaltsort. Bertha hatte ihr gerade einen Belle Rose vor die Nase geknallt – die andernorts übliche Kundenfreundlichkeit war der Wirtin seit jeher abhold –, als Marias Handy klingelte. Es war der Oberkommissar, der wissen wollte, wo sie gerade sei.
    „Im Weinfaß.“
    „Warte dort auf mich. Ich komm auf einen Sprung vorbei.“
    „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern, keine Angst, keine Angst, Rosmarie.“ Herr Schweitzer war am Singen. „Wir lassen uns das Leben nicht verbittern, keine Angst, keine Angst, Rosmarie.“
    Das ging nun schon ein paar Minuten so, in denen er das Lied von Bruno Balz ständig wiederholte. Man merkte gleich, Herr Schweitzer hatte wieder Spaß am Leben. Musik erleichterte schon seit Menschengedenken die Arbeit. Sei es im Steinbruch, bei der Truppe oder sonstwo. Und Herr Schweitzer arbeitete, nein, er schuftete sogar. Das tat er äußerst selten. Er war mehr der geschmeidige Hängematten-Typ.
    Nun galt es, den kaputten Fuß zu schienen. Die bislang angewandte Fortbewegungsart reichte ihm nicht mehr. Sie war ihm zu langsam. Herr Schweitzer rechnete fest damit, sein Plan würde aufgehen. Im Angesicht seines Schweißes hatte er mit dem vorher an einem Felsbrocken geschliffenen Messer einen Teil der Decke in Streifen geschnitten. Geplant war eine Art hölzerner Skischuh.
    Der erste Versuch mißlang deshalb, weil er nicht einkalkuliert hatte, daß er, der nicht als Handwerker Geborene, ja noch reinschlüpfen mußte. Er war viel zu eng. Also noch einmal. Trotzdem war es ein recht ansehnlicher Prototyp. Niemand, der Herrn Schweitzer kannte, hätte ihm ein derartiges Geschick zugetraut. „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern …“
    Schmidt-Schmitt war vorbeigesprungen. Er saß auf einem Hocker Maria gegenüber und erzählte ihr, was er von Simon über dessen Auftrag wußte. Viel war es nicht. Immerhin konnte er mit dem Namen Alexander Michailovitsch, der wohl hinter dem Kürzel A.M. steckte, aufwarten, und daß es sich bei ebendiesem Herrn um einen erfolgreichen Geschäftsmann aus dem Osten handelte. Und wenn er sich recht erinnere, so der Oberkommissar weiter, habe der gute alte Simon auch erwähnt, der Typ scheffle seine Millionen mit Öl oder Gas oder so was in der Richtung. „Aber vielleicht hab ich mir das auch bloß eingebildet.“
    Maria zog ihr Handy aus der Handtasche. Keine Nachricht von ihrem Schatz. „Was sollen wir jetzt machen?“
    „Wenn ich das nur wüßte …“
    Maria seufzte. „Michailovitsch logiert im Frankfurter Hof. Ich war bereits dort, aber die haben mich nicht an ihn rangelassen.“
    „Das ist doch schon mal was. Ich schlage vor, wir warten diese Nacht noch ab. Wenn sich Simon bis morgen nicht gemeldet hat, schalten wir die Bullen ein und ich knöpfe mir diesen Michailovitsch mal vor.“
    „Wieso sagst du Bullen zur Polizei? Du gehörst doch selbst dazu.“
    „Ist doch kein Schimpfwort. Wir sind eben stark wie Bullen, betrachte es doch mal so rum.“ Erst im letzten Moment hatte sich der Oberkommissar davon abhalten können,

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