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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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vom Fundort der Pepsidose entfernt stöberte Herr Schweitzer zwischen zwei zementgrauen und stellenweise von Moos überwucherten Felsen ein Getränkedepot auf. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Nicht etwa, weil sich zwischen einer Gin- und einer Kirschlikörflasche noch eine fast volle Wasserflasche auftat, nein, es war der Apfelwein, der ihn jubilieren ließ. Zwar war das Wasser in seiner jetzigen Lage zur Durstlöschung weitaus besser geeignet, aber der Ebbelwei, ja der Ebbelwei, der war aus dem Hessenland. Am liebsten hätte er ein paar Luftsprünge gemacht. Hessen, ach mein geliebtes Hessen! Der gute alte Ebbelwei! Wer hätte das gedacht. Das Hessenland legte sich wie Manna auf sein Gemüt. War er also doch nicht in der Hohen Tatra. Plötzlich sah Herr Schweitzer die Bäume um sich herum mit ganz anderen Augen. Der Taunus? Mit Odenwald und Vogelsberg hätte er sich auch angefreundet. Hauptsache in Heimatnähe, der Rest war ihm egal.
    Herr Schweitzer war ein Mann, der die Dinge hinterfragte. Ergo, was sollte ein Getränkedepot mitten in der Pampa? Wer hatte es angelegt und wozu? Er unterzog den Hohlraum einer gründlichen Inspektion. Aber bis auf das bereits zutage Geförderte war er leer. Allerdings lagen haufenweise Kippen herum. Ein paar neueren Datums sogar mit Lippenstiftspuren. Aha, aha, hier hielt man sich also länger auf. Ein geheimer Treffpunkt? Er gedachte seiner eigenen Jugend. Auch sie hatten damals vor langer, langer Zeit – buah, wie die Zeit vergeht – Geheimverstecke, in denen heimlich geraucht, gekifft, gesoffen und, später dann, erste Erfahrungen mit weiblichen Rundungen et cetera pp. gesammelt wurden. In vielem mochte Jugend heute anders aussehen, in diesen Dingen aber bestimmt nicht, lediglich die Reihenfolge variierte, weibliche Rundungen kamen früher an die Reihe. Die nächste Frage war zwangsläufiger Natur: Wie oft kamen sie hierher? Stand der nächste Abstecher unmittelbar bevor? Herr Schweitzer sah an sich herunter – hatten sie Angst vor einem Waldschrat? Fragen über Fragen und doch keine Antworten.
    Na denn, erst mal den Durst löschen. „Prösterchen“, sagte er zu Pepsi. Herr Schweitzer goß ein bißchen Wasser in die hohle Hand, damit das Kätzchen schlabbern konnte.
    Einen Wehmutstropfen hatte es noch. Es waren Sommerferien und viele Jugendliche mußten mit ihren Eltern und gegen ihren Willen in den Urlaub fahren. Ihr Treffpunkt könnte also vorübergehend stillgelegt worden sein. „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern …“
    Pepsi sah Herrn Schweitzer an, als hätte er sie nicht mehr alle.
    Kopf an Kopf lasen sie, was das Internet über Fedor-Gas hergab. Der Firmensitz befand sich in Sankt Petersburg, die Privatisierung fand 1992 statt, also nach der Perestrojka, und man war mit über zwanzig Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung und fast zehn Prozent Marktanteil nach Gazprom der zweitgrößte Energiekonzern Rußlands. Was die Beteiligung einzelner Personen betraf, gab man sich bedeckt. Die Mitarbeiterzahl schwankte in den beiden Berichten, die Maria von der Heide aufgerufen hatte, zwischen fünfunddreißig- und vierzigtausend.
    „Nicht schlecht, Herr Specht!“ fand der Oberkommissar als erster die Sprache wieder.
    „Und wenn man bedenkt, daß dieser Michailovitsch Großaktionär von diesem Unternehmen ist, kann man sich leicht ausrechnen, was der so täglich ausgeben kann.“
    „Yeap. Die Zimmerrechnung im Frankfurter Hof dürfte vergleichbar sein mit … so wie wenn unsereiner mal eine Centmünze in den Klingelbeutel schmeißt.“
    „Womit wir aber weiter im dunkeln tappen“, fuhr Maria fort, „was Michailovitsch in Frankfurt will.“
    „Die suchen doch immer nach neuen Beteiligungsmöglichkeiten, um ihr dreckiges Geld zu waschen. Vielleicht will der Knilch einen deutschen Energiekonzern kaufen. Guck doch mal nach.“
    Maria überlegte kurz und gab Fedor-Gas und Beteiligung ein. Kein Treffer.
    „Probier’s mal mit Michailovitsch und Frankfurt.“
    Bingo. Allerdings war der bevorstehende Gastauftritt des Pianisten Ivan Michailovitsch im Sendesaal des Hessischen Rundfunks an der Bertramswiese von eher untergeordnetem Interesse. Alexander Michailovitsch hatte mit Frankfurt offensichtlich nichts am Hut.
    Schmidt-Schmitt: „Es ist aber Fakt, daß er hier ist. Jetzt wissen wir wenigstens, daß er in geheimer Mission unterwegs ist. Wir sind auf der richtigen Spur. Das ist so sicher wie die Armen in der Kirche.“
    Pepsi balancierte auf einem Baumstamm

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