Verschwiegen: Thriller (German Edition)
stapelten sie klappernd für den nächsten Tag aufeinander; dann gingen auch sie, und es blieben nur noch einige Betrachter zurück, welche der Sonne beim Untergehen zusahen. Wir sahen vor uns in die Ferne, wo zwei Landstreifen die kleine Bucht eingrenzten und der Horizont langsam seine Farbe von leuchtendem Gold in Rot wechselte, bis schließlich die Nacht aufzog.
Im Rückblick sehe ich uns alle drei an diesem kleinen Strand sitzen und den Sonnenuntergang betrachten, und für mich könnte die Geschichte da aufhören. Wir müssen wie eine ganz normale Familie ausgesehen haben, Laurie, Jacob und ich. Wir waren wie all die anderen Feriengäste, und im Grunde ist es genau das, was ich mir immer gewünscht habe.
Mister Logiudice:
Und dann?
Zeuge:
Und dann …
Mister Logiudice:
Und was geschah dann, Mister Barber?
Zeuge:
Dann verschwand das Mädchen .
Vierzigstes Kapitel
Kein Ausweg
Der Abend war angebrochen. Draußen schwand das Tageslicht, und an dem für Neuengland typischen grau-kalten Frühlingshimmel zog die Nacht auf. Der Verhandlungssaal, in den jetzt nicht mehr das Tageslicht fiel, war hell erleuchtet.
Während der letzten Stunden hatte die Aufmerksamkeit der Geschworenen geschwankt, aber jetzt spitzten sie die Ohren. Sie wussten, was jetzt kam. Ich hatte den ganzen Tag im Zeugenstand gesessen und wirkte sicher erschöpft. Logiudice umkreiste mich wie ein Boxer seinen angeschlagenen Sparringpartner.
Mister Logiudice:
Haben Sie irgendeine Kenntnis davon, was mit Hope Connors geschehen ist?
Zeuge:
Nein.
Mister Logiudice:
Wann haben Sie von ihrem Verschwinden erfahren?
Zeuge:
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Aber ich weiß noch, wie es anfing: Am Abend, kurz vor dem Essen, erhielten wir einen Anruf von Hopes Mutter, die uns fragte, ob Hope bei Jacob sei. Sie hatte den ganzen Nachmittag nichts von ihr gehört.
Mister Logiudice:
Und wie lautete Ihre Antwort?
Zeuge:
Dass auch wir sie nicht gesehen hatten.
Mister Logiudice:
Und Jacob? Was hatte er dazu zu sagen?
Zeuge:
Er war bei uns, und ich fragte ihn, ob er wisse, wo Hope sei. Er verneinte.
Mister Logiudice:
Reagierte Jacob irgendwie merkwürdig, als Sie ihm diese Frage stellten?
Zeuge:
Nein, er zuckte nur mit den Schultern. Es gab auch keinen Grund zur Besorgnis. Wir nahmen alle an, dass sie einfach ein bisschen herumschauen wollte. Wahrscheinlich hatte sie einfach die Zeit vergessen. Es gab dort keinen Mobilfunkempfang, und die Kids waren eigentlich die ganze Zeit über irgendwo unterwegs. Aber das Ferienresort war sehr sicher, es war komplett eingezäunt, und eigentlich konnte einem dort nichts passieren. Auch Hopes Mutter machte sich nicht allzu große Sorgen. Ich habe ihr gesagt, sie müsse sich keine Sorgen machen, Hope würde bestimmt bald wieder zurück sein.
Mister Logiudice:
Doch Hope Connors tauchte niemals wieder auf.
Zeuge:
Nein.
Mister Logiudice:
Man hat ihren Leichnam erst nach einigen Wochen gefunden, stimmt das?
Zeuge:
Nach sieben Wochen.
Mister Logiudice:
Und wo?
Zeuge:
Ihr Körper war mehrere Meilen vom Resort entfernt ans Ufer gespült worden. Sie war offenbar ertrunken.
Mister Logiudice:
Offenbar?
Zeuge:
Wenn ein Leichnam so lange im Wasser verbleibt, ist die Verwesung stark vorangeschritten. Außerdem hatten wohl Meerestiere daran genagt. Ich weiß das nicht sicher, ich hatte mit den Ermittlungen nichts zu tun. Jedenfalls lieferte der Leichnam wenig Hinweise.
Mister Logiudice:
Ein ungeklärter Mord also?
Zeuge:
Ich weiß es nicht. Es gibt aber keine Hinweise auf einen Mord. Man kann davon ausgehen, dass das Mädchen beim Schwimmen ertrunken ist.
Mister Logiudice:
Das entspricht nicht ganz der Wahrheit, oder? Es gibt Hinweise darauf, dass Hope Connor erdrosselt wurde, bevor sie irgendwie ins Wasser kam.
Zeuge:
Dafür gibt es keinerlei Indizien. Der Leichnam war stark verwest. Außerdem, was die Polizeiarbeit angeht … es gab einen ungeheuren Druck, auch vonseiten der Medien. Die Ermittlungen waren von Anfang an fehlerhaft.
Mister Logiudice:
Und Jacob stand im Mittelpunkt, nicht wahr? Eine Anklage wegen Mordes, fehlerhafte Ermittlungen. Nicht leicht für den Jungen.
Zeuge:
War Letzteres eine Frage?
Mister Logiudice:
Machen wir weiter. Im Zusammenhang mit diesem Mordfall wurde immer wieder der Name Ihres Sohnes genannt, stimmt das?
Zeuge:
Ja, in der Schmuddelpresse und auf entsprechenden Webseiten. Für Geld behaupten die alles. Mit der Aussage, dass Jacob unschuldig ist,
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