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Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Titel: Verschwiegen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Landay
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bin. Allerdings glaube ich nicht, dass man als Eltern die eigenen Kinder mit objektiven Augen sieht, das gebe ich zu.
    Mister Logiudice:
    Doch Laurie durchschaute ihren Sohn, nicht wahr?
    Zeuge:
    Diese Frage müssen Sie ihr selbst stellen.
    Mister Logiudice:
    Laurie hatte kein Problem damit, einen Zusammenhang zwischen Jacob und dem Verschwinden des Mädchens herzustellen?
    Zeuge:
    Laurie war über das Verschwinden sehr aufgebracht, das habe ich bereits gesagt. Sie war außer sich und zog ihre eigenen Schlüsse.
    Mister Logiudice:
    Hat sie sich mit ihrem Verdacht jemals an Sie gewandt?
    Zeuge:
    Nein.
    Mister Logiudice:
    Ich wiederhole meine Frage: Hat Ihre Frau Ihnen gegenüber jemals ihren
Verdacht geäußert?

    euge:
    Nein, das hat sie nicht.
    Mister Logiudice:
    Ihre Frau vertraute sich Ihnen nicht an?
    Zeuge:
    Dazu hatte sie nicht das nötige Vertrauen zu mir. Nicht, was diese Sache anging. Natürlich hatten wir über den Fall Rifkin gesprochen. Aber sie ahnte, dass sie über bestimmte Zusammenhänge nicht mit mir reden konnte und dass sie in dieser Sache auf sich allein gestellt war.
    Mister Logiudice:
    Was geschah nach Ablauf der zwei Wochen in Jamaika?
    Zeuge:
    Wir kehrten nach Hause zurück.
    Mister Logiudice:
    Und hat sich Laurie dann zu ihrem Verdacht gegenüber Jacob geäußert?
    Zeuge:
    Nicht wirklich.
    Mister Logiudice:
    Was heißt das?
    Zeuge:
    Als wir aus Jamaika zurückkehrten, zog sich Laurie in sich selbst zurück und sprach mit mir über gar nichts mehr. Sie war sehr auf der Hut, und sie hatte Angst. Ich versuchte, mit ihr zu reden, aber sie traute mir nicht über den Weg.
    Mister Logiudice:
    Hat sie mit Ihnen jemals über Ihre moralische Verpflichtung als Eltern in einer derartigen Lage gesprochen?
    Zeuge:
    Nein.
    Mister Logiudice:
    Was hätten Sie ihr gesagt? Welche moralische Verpflichtung hat man als Eltern eines Mörders in Ihren Augen?
    Zeuge:
    Die Frage ist hypothetisch. Wir sind nicht die Eltern eines Mörders.
    Mister Logiudice:
    Meinetwegen, dann eben als Hypothese: Wenn Jacob schuldig gewesen wäre, was hätten Sie und Ihre Frau Ihrer Meinung nach tun sollen?
    Zeuge:
    Sie können mir diese Frage stellen, wie Sie wollen, Neal. Ich werde sie nicht beantworten, denn diese Annahme ist schlicht falsch.
    Was dann folgte, war die ehrlichste und unvermitteltste Reaktion, die ich jemals an Neal Logiudice gesehen hatte. Er schmiss seinen gelben Notizblock hin. Wie ein Vogel, der im Himmel von einer Kugel getroffen wird, flog der Block in die hinterste Ecke des Saals.
    Einer älteren Geschworenen blieb vor Schreck der Mund offen stehen.
    Einen Augenblick lang hielt ich das für eine von Logiudices launigen Gesten – so etwas wie ein Augenzwinkern an die Jury, nach dem Motto Sehen Sie nicht, wie der lügt? –, die etwas Ausgeklügeltes hatte, denn sie würde im Protokoll nicht auftauchen. Aber Logiudice stand einfach nur da, hatte die Hände auf die Hüften gestützt und schaute kopfschüttelnd zu Boden.
    Nach einem Augenblick hatte er sich gesammelt. Er verschränkte die Arme und holte tief Luft. Also, weiter: reizen, in die Enge treiben, fertigmachen.
    Als sein Blick mich traf, sah er – was genau? Einen Verbrecher? Ein Opfer? Auf jeden Fall einen Versager. Ich hatte meine Zweifel, dass er in der Lage war, die Wahrheit zu sehen: Es gibt Wunden, die noch schlimmer sind als der Tod. Die Justiz mit ihrem auf Gegenpole aufgebauten Gedankensystem – Schuld/Unschuld, Verbrecher/Opfer – kann sie nicht erfassen, geschweige denn schließen. Das Gesetz ist ein Hammer, kein Skalpell.
    Mister Logiudice:
    Sie begreifen, dass die Grand Jury wegen Ihrer Frau, Laurie Barber, tagt?
    Zeuge:
    Selbstverständlich.
    Mister Logiudice:
    Den ganzen Tag haben wir über sie gesprochen, und warum sie das getan hat.
    Zeuge:
    Ja.
    Mister Logiudice:
    Jacob ist mir völlig egal.
    Zeuge:
    Wenn Sie das sagen.
    Mister Logiudice:
    Und Ihnen ist auch klar, dass nicht Sie unter Verdacht stehen, nicht wahr?
    Zeuge:
    Wenn Sie das sagen.
    Mister Logiudice:
    Aber Sie stehen unter Eid. Daran brauche ich Sie hoffentlich nicht zu erinnern?
    Zeuge:
    Nein, ich kenne die Regeln.
    Mister Logiudice:
    Ihre Frau hat … Andy, ich verstehe nicht, warum Sie uns nicht helfen wollen. Es geht um Ihre Familie.
    Zeuge:
    Stellen Sie eine Frage, Neal, und halten Sie hier keine Reden.
    Mister Logiudice:
    Macht Ihnen die Tat Ihrer Frau gar nichts aus …?
    Zeuge:
    Einspruch. Das ist keine zulässige Frage.
    Mister Logiudice:
    Man müsste sie

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