Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
auftauchten, waren sie blutbesudelt. Es war widerlich mit anzusehen, wie gierig die Aasgeier ihre Appetithappen hinunterwürgten.
Während ich unseren Trupp anführte, dachte ich die ganze Zeit über: Entweder kommen wir durch oder wir sterben auf die schlimmste Weise, die überhaupt vorstellbar ist.
Dennoch zögerte ich nicht. Vor Jahren hatte ich in Youngstown einen Mann namens Roger Sweed gekannt, der als Zoowärter mit Raubkatzen zu tun gehabt hatte. Laut Sweed durfte man in deren Nähe niemals Angst zeigen. Wenn man sich auf ihrem Territorium aufhalte, sagte er, müsse man sich so benehmen, als gehörte man dorthin. Genau so verhielt ich mich jetzt: schlängelte mich lässig zwischen den Leichen und Vögeln hindurch und gab vor, mich überhaupt nicht für das Geschehen zu interessieren. Was nicht ganz leicht war, als ein Rabe einem Toten ein Auge ausspickte, dann innehielt und mich beobachtete, während der Augapfel am Sehnerv aus seinem Schnabel baumelte.
Ich ging weiter, die leere Savage in einer Hand, Janie an der anderen.
Überall lagen Vogelmist, Federn und menschliche Leichenteile herum. Aber auch tote Vögel in miteinander verknäuelten Haufen. Andere Vögel schleppten gebrochene Flügel hinter sich her und trippelten weg, als ich näher kam. Wenn Vögel bei meinem Anblick aufkreischten, ignorierte ich sie einfach, nutzte die Lücken in ihren Reihen, um mir einen Weg zu bahnen, und achtete auch nicht auf diejenigen, die im Fliegen fast meinen Kopf streiften. Riesige Wolken von Schmeißfliegen lösten sich hin und wieder von Leichen, verstreuten Körperteilen und Eingeweiden, um mir in die Ohren zu summen oder über den Hals zu krabbeln, aber ich schlug nicht nach ihnen. Denn ich rechnete jeden Moment mit einer Attacke der Vögel.
Doch die blieb aus.
19
»In einer Stunde ist es dunkel«, sagte ich, während wir, verschanzt in einer demolierten Apotheke, eine Pause machten, um unsere Waffen neu zu laden.
Carl blickte auf die zerstörte Stadt. »Dann suchen wir uns wohl besser was, wo wir uns heute Nacht verstecken können.«
»Scheiße, scheiße, scheiße«, fluchte Gremlin. »Ich dachte, wir wären heute Abend schon draußen, irgendwo anders. Mist.«
Mit der Erste-Hilfe-Ausrüstung aus amerikanischen Armeebeständen, die Sean mir gegeben hatte, verarztete ich Texas Slims Speerwunde. Es war ein übler, tiefer Riss, der sich über die Rippen zog, aber wohl kaum eine lebensgefährliche Verletzung. Ich desinfizierte die Wunde, deckte sie mit sterilem Pflaster und einem sterilen Wundverband ab und gab Texas zur Sicherheit noch eine Spritze mit einem Antibiotikum. Einige Tage lang würde die Stelle noch wund sein und schmerzen, ihm ansonsten aber keine Probleme machen.
Janie war unterwegs, um den Laden nach Brauchbarem zu durchsuchen. Sie blieb ziemlich lange weg. Als sie zurückkam, hatte sie einen seltsamen Ausdruck in den Augen.
»Wo bist du gewesen?«, fragte ich sie.
»Hab mich nur mal umgesehen.« Mir war klar, dass sie log. Aber erst sehr viel später sollte ich merken, welch ungeheure Lüge sie mir aufgetischt hatte.
»Warum ziehen wir nicht weiter? Wir haben doch Waffen«, sagte Mickey. »Ich glaube, wir könnten in einer Stunde bei der Garage sein, wo der Jeep abgestellt ist. Warum bis morgen warten?«
Texas Slim grinste. »Weil die Schreckgespenster, bösen schwarzen Männer und geilen Monster herauskommen, sobald es dunkel wird, mein Kind.«
»Wir können’s doch riskieren«, meinte sie. »Mit dem Jeep sind wir in 20 Minuten aus Gary raus.«
»Warum tust du uns allen nicht einen Gefallen und hältst einfach die Klappe?«, fuhr Janie Mickey an.
»Reg dich nicht auf, Janie«, mahnte ich.
Ihre Augen wirkten in diesem Moment nicht nur blau, sondern eisig-blau. »Mein Gott, Nash. Sie ist erst ein paar Stunden bei uns und bestimmt schon, wo’s langgeht? Wer zum Teufel hat sie überhaupt um Ratschläge gebeten?!«
Mickey zuckte die Achseln. »War doch nur ein Vorschlag.«
»Ach halt den Mund!«
Mickey und Janie blieben voreinander stehen und starrten sich an. Ich ärgerte mich darüber, während Texas Slim und Carl sich stillschweigend darüber amüsierten und Gremlin vor Geilheit schier platzte. »He«, sagte er, »das ist ja fast so gut wie Frauen-Schlammboxen. Gleich kriegen wir einen Kampf von Wildkatzen zu sehen. Die haben die Krallen schon ausgefahren. Es werden gleich Pelzfetzen durch die Gegend fliegen.«
»Ach fick dich doch, damit endlich Ruh ist«, gab Mickey
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