Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
Fabriken und Raffinerien erkennen, für die Gary berühmt war. Irgendwann überquerten wir einen grasbewachsenen Hügel, schlugen uns durch verdorrtes Gestrüpp und stießen plötzlich auf eine riesige dunkle Grube, die sich in alle Richtungen erstreckte.
Eine Grube voller Leichen.
20
Na ja, Leichen ist nicht ganz richtig. Tatsächlich war die Grube voller Skelette, die früher mal Leichen gewesen waren. Da unten lagen keine jüngst Verstorbenen, sondern aufeinandergeschichtete, zerfallene Skelette inmitten von Asche – offenbar Tausende. Die Grube war so groß wie mehrere Häuserblöcke.
»Offenbar hat man die Leute hier verbrannt«, meinte Mickey. »Eine ähnliche Grube hab ich auch am Rand von Allentown gesehen.«
Texas Slim nickte. »Die Krankheitserreger und der Fallout müssen hier schlimm gewütet haben. Liegt zu nahe an Chicago. Vermutlich haben sie die Leichen hier abgeladen und abgefackelt. Der Asche nach muss das ziemlich lange so gegangen sein.«
Ich sah, dass dort unten nicht nur Knochen lagen, sondern auch Wracks von Personen- und Lastwagen. Man hatte hier vieles abgeladen. Es war ein Müllplatz.
»Wusstest du denn nichts von der Grube?«, fragte Janie Mickey.
»Nein ... Wie sollte ich?«
»Na ja, schließlich hast du uns direkt dorthin geführt.«
»Und weiter?«
»Du führst uns also zu dem Jeep. Weißt genau, wo er ist. Und dann willst du keine Ahnung von dieser Grube gehabt haben?«
»Nein, hatte ich nicht. Ich war nur ein einziges Mal hier draußen, aber nicht zu Fuß. Wir sind eine Straße nördlich von hier entlanggefahren, auf der anderen Flussseite. Die Interstate 90.«
Diese Antwort schien Janie nicht zu befriedigen. Mir war klar, dass ein weiterer Streit ausbrechen würde, wenn wir nicht bald weiterzogen. Mein kleiner Trupp war inzwischen müde und frustriert. Die Leute brauchten irgendein Ziel. Deshalb hatte ich den Jeep ja auch sofort und nicht erst am kommenden Morgen holen wollen. Zumindest war das einer der Gründe gewesen. Außerdem war der Drang nach Westen in mir immer stärker geworden.
Die Sonne stand jetzt knapp über dem Horizont. Ich sah, dass ein Pfad durch die Grube schnitt und auf der uns gegenüberliegenden Seite wieder hinaufführte. Falls wir die Grube umrundeten, würde es wahrscheinlich schon dunkel sein, bis wir am Fluss ankamen.
»Gehen wir«, sagte ich.
»Etwa dort hinunter?«, fragte Gremlin. »Ich steig nicht zu diesem Friedhof hinunter!«
»Dann bleibst du eben hier.«
Ich begann mich vorsichtig nach unten zu bewegen, damit ich im Sand nicht ins Rutschen geriet. Kiesel und lockere Steine lösten sich und rollten in die Grube mit den Gebeinen. Meine Leute folgten mir schweigend, auch Gremlin. Diese Grube musste früher mal ein Steinbruch oder eine Sandgrube gewesen sein, die man dann stillgelegt und später wieder geöffnet und erweitert hatte, als täglich Tausende starben und Seuchen in der Stadt wüteten.
Die Abhänge ringsum waren mit Skeletten übersät, die in zerschlissene Lumpen gehüllt waren. Deutlich hoben sich die Knochen, die so weiß waren, dass sie zu leuchten schienen, vom Sand ab.
Während wir uns dem Boden der Grube näherten, fiel mir auf, dass sich dort überall große Teile von Steinplatten befanden, wie auch Stücke geborstenen Betons, die so aussahen, als hätten sie früher zu gepflasterten Gehwegen gehört. Uralte Abflussrohre aus Zement ragten aus dem Abfall heraus, außerdem verrostete Betonpfeiler und Kanalisationsröhren aus Porzellan, die hier schon jahrzehntelang lagern mussten. Klar: Zuerst war das hier ein Steinbruch gewesen, danach eine Müllgrube und noch später eine Leichengrube.
Als die Schatten länger wurden, fasste Janie nach meiner Hand, was mich so freute, dass ich den Druck erwiderte. Irgendetwas raschelte an den sich immer weiter ausbreitenden Stellen, die im Dunkel lagen. Einzelne Vögel schwangen sich von einem Autowrack zum nächsten. Auf einem verrosteten Motorblock hockte eine Ratte, die zusah, wie wir an ihr vorbeigingen. Der Pfad wand sich im Zickzack durch die Trümmer und Gebeine. Irgendjemand musste ihn gut ausgetreten haben, also wurde er eindeutig benutzt. Allerdings bezweifelte ich, dass sich irgendjemand im Dunkeln hier hinuntertraute.
Während es Abend wurde, marschierte ich weiter und weiter. An vielen Stellen ragten irgendwelche Gegenstände aus den Schatten hervor. Als ich über ein gekrümmtes Stück Stahlbeton stolperte, wäre ich fast hingefallen, deshalb holte ich die
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