Versprechen der Nacht
nicht.«
Verdammt.
Gideon warf die Bettdecke ab und schwang die Beine aus dem Bett, ignorierte den heißen Schmerz, der wie ein Speer in seine Wunde schoss. »Ich muss sie sehen. Ich muss sie finden. Keatons Meister ist immer noch irgendwo da draußen. Sie ist nicht sicher –«
»Sie ist weg, Alter.« Tegan stand in der Tür des Krankenzimmers, seine Miene war grimmig. Er nickte Danika flüchtig zu, die jetzt leise aus dem Raum schlüpfte und die beiden Krieger alleine ließ. »Meine Schuld, Gideon. Ich wusste nicht –«
»Was ist passiert?« Ein Adrenalinstoß schoss durch seine Adern, dann Furcht. »Was hast du mit ihr gemacht?«
»Ihr die Wahrheit gesagt. Was du ja offenbar versäumt hast.«
»Ach, verdammte Scheiße.« Gideon fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich Idiot. Was hast du ihr erzählt, T.?«
Ein vages Schulterzucken, seine grünen Augen blieben undurchdringlich. »Dass du total besessen von ihr warst, seit du sie nach dem Angriff in der Universität im Fernsehen gesehen hast.«
Gideon stöhnte. »Scheiße.«
»Ja, sie war nicht gerade erfreut, das zu hören.«
»Ich muss zu ihr. Sie könnte in Gefahr sein, Tegan. Ich muss sie finden und mich davon überzeugen, dass sie in Ordnung ist. Ich muss ihr sagen, dass ich sie liebe. Dass ich sie brauche.«
»Du bist nicht in der Verfassung, das Hauptquartier zu verlassen.«
»Ach, scheiß drauf.« Gideon stieg schwerfällig aus dem Bett und zog angesichts des Schmerzes in seinem verletzten Bein eine Grimasse, aber er würde sich durch eine Kleinigkeit wie eine kürzlich durchtrennte Oberschenkelschlagader nicht davon abhalten lassen, die Frau zu suchen, die er liebte. »Sie gehört mir. Sie gehört zu mir. Das werde ich ihr sagen, und dann bringe ich sie zurück.«
Tegan knurrte. »Dachte mir schon, dass du so was in der Art sagen wirst. Und ausnahmsweise bin ich dir einen Schritt voraus, mein Alter. Hab den Charterjet des Ordens aufgetankt und startklar drüben im Hangar stehen. Du brauchst den Piloten nur zu sagen, wo du hinwillst.«
»Louisiana«, murmelte er. »Sie wird nach Hause gefahren sein, nach Louisiana.«
Tegan warf ihm einen Stapel frischer Sachen zu, die neben dem Bett gelegen hatten. »Worauf wartest du dann noch? Mach hinne, Alter.«
Vor ihm erhoben sich die tiefen Schatten der alten Bäume des Atchafalaya-Sumpfes. Gideon sprang von der Ladefläche des alten Pick-ups, der ihn vom Flughafen von Baton Rouge mitgenommen hatte. Seine Beinwunde schmerzte höllisch bei jeder Meile, die er rannte, tiefer in die dichte Vegetation und die tief hängenden, moosbewachsenen Äste der Zypressen der Marschlandschaft hinein.
Savannahs Schwester Amelie lebte an einer abgelegenen Straße in dieser dünn besiedelten Gegend. Gideon wusste genau, wo er sie finden würde; nachdem er in der Krankenstation aufgewacht war, war er nur noch so lange im Hauptquartier des Ordens geblieben, um sich schnell in die Datenbank der Bundessteuerbehörde einzuhacken, die im Handumdrehen ihre Adresse ausgespuckt hatte.
Er schlich von der ungeteerten Straße hinüber zu dem bescheidenen kleinen Häuschen mit grauen Schindeln und überdachter Veranda, aus dessen Fenstern ein warmer Lichtschein drang. Es standen keine Autos auf der ungeteerten Einfahrt. Aus dem Haus drang kein Laut.
Geräuschlos stieg er die gedrungenen Stufen zur Veranda hinauf und ging zur Haustür, sein Oberschenkelmuskel protestierte bei jeder Bewegung. Mit seiner übersinnlichen Gabe tastete er durch die dünnen Wände des Hauses nach der energetischen Aura der Anwesenden. Jemand saß im Wohnzimmer, allein.
Gideon klopfte an die Haustür – und merkte, dass sie gar nicht ganz geschlossen war.
»Savannah?«
Von drinnen antwortete ihm ein ersticktes Stöhnen.
»Savannah!« Jetzt zog Gideon die Waffe und stürmte ins Haus, sein Körper in voller Alarmbereitschaft.
Es war nicht Savannah. Es musste ihre Schwester sein. Die nicht mehr ganz junge schwarze Frau saß gefesselt und geknebelt mitten im Wohnzimmer auf einem Küchenstuhl. Um sie herum Kampfspuren – umgestürzte Möbel, zerbrochener Krimskrams.
Aber keine Spur von Savannah.
Amelie Duprees Augen wurden groß, als Gideon sich ihr mit der Pistole in der Faust näherte. Sie schrie durch ihren Knebel, kämpfte panisch gegen ihre Fesseln an.
»Schsch«, sagte Gideon beruhigend und versuchte, seine Angst davor, was wohl mit Savannah geschehen war, niederzukämpfen. Er riss Amelies Fesseln los und nahm ihr den Knebel ab. »Ich tu
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