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Versteckt

Versteckt

Titel: Versteckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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verfiel. Meine Eltern waren gute Menschen, aber dumm. Und irgendwann hatte ich nur noch Wut für sie übrig.
    Obwohl ich gar nicht wusste, worauf ich so wütend war. Wir vertrugen uns einfach nicht mehr. Ich fing bei der Sägemühle an und nahm mir eine kleine Zweizimmerwohnung an der Hauptstraße, direkt über Brodys Eisenwarengeschäft. Ich besuchte meine Eltern, sooft ich mich dazu überwinden konnte. Es kam eher selten vor.
    Ab und zu fragte ich mich, warum ich nicht gleich ganz abhaute. In diesem Punkt hatte ich Casey aufrichtig geantwortet: Faulheit. Ein faules Leben führt zu faulen Entscheidungen – oder gar keinen. Ich war stinkfaul. Mutlos. So war es schon immer gewesen.
    Und dann kam Casey.
    Sie zeigte uns allen den Mittelfinger, und das war wunderbar. Eine wahre Freude. Das hätte ich mich nie getraut, so sehr war ich Teil dieser Stadt. Es musste jemand von außerhalb kommen, der einem zeigte, wie es geht. Jemand, der sich keine Sorgen um seinen Ruf machte, jemand, dessen Vater nicht mit dem Bürgermeister oder dem halben Polizeirevier einen heben ging. Jemand, der nichts zu verlieren hatte.
    Selbst wenn sie nicht so begehrenswert gewesen wäre – ich wäre ihr überallhin gefolgt.
    Doch sie war begehrenswert. Als ich mit ihr an jenem Tag in der Bar saß, konnte ich mir nichts Schöneres vorstellen. Dagegen wirkte alles andere winzig und unbedeutend. Es war nur Verlangen, nur Lust – aber die hatte scharfe Zähne.
    Was ich damit sagen will: Sie hat mich dazu gebracht, endlich ein paar Dinge zu tun, die ich schon viel zu lange aufgeschoben hatte. Das habe ich auch keine Sekunde lang bereut.
    Wenn ich mich heute daran erinnere, ist es genau das, was ich so an ihr mochte.
    Manches davon.
    Manches an ihr war auch schrecklich.
    Und das sollte ich vielleicht schnell erzählen, damit ich drüber nachdenken und es verarbeiten kann. Sonst ergibt der Rest keinen Sinn, obwohl das, was geschah, meiner Meinung nach zwangsläufig geschehen musste. Wir vier zusammen in dieser Stadt? Es war unvermeidlich. Das klingt weit hergeholt, aber dieser Zusammenhang existiert, und ich werde ihn aufdecken. Und dann kann ich möglicherweise endlich alles hinter mir lassen.
    Das Crouch-Haus.
    Dieses Thema kam gleich zu Anfang zur Sprache, und es setzte sich wohl irgendwie in einer Ecke ihres Gedächtnisses fest wie eine Spinnwebe in einem Speicher voll ausrangierter Spielsachen.
    Die Spinne dazu hätte ich gerne mal gesehen.
    Wir saßen an der Theke im Harmon’s, weil Steven uns schon den ganzen Tag mit seiner Schokoladen-Egg-Cream auf die Nerven gegangen war. Er knirschte mit den Zähnen und zischte uns an, als müsste er dringend auf die Toilette und wir würden ihn nicht lassen, bis wir schließlich nachgaben und zu Harmon’s gingen, wo er Mrs. Harmon die Zubereitung ganz genau erklärte: ein großer Spritzer Schokoladensirup, etwas Milch und viel Mineralwasser. Mrs. Harmon schüttelte den Kopf. »Keine Eier?«
    Wie üblich drehte sich die Unterhaltung darum, dass hier nichts los war und was man machen könnte, und da fiel mir das Crouch-Haus ein und was wir als Kinder dort erlebt hatten.
    Vielleicht hat es die Sache ja sogar bis in die Bostoner Tageszeitungen geschafft, dann habt ihr möglicherweise davon gelesen. Ich weiß, dass der Globe einen Artikel brachte. Rafferty und ich haben die Ausgabe aufgehoben, bis sie vergilbt und zerrissen war. In Dead River passierte nur selten etwas Interessantes, deshalb lasen wir den Artikel wieder und wieder. Wie die Polizei und die Tierschutzbehörde die Wohnungstür aufgebrochen hatten, nachdem Ben und Mary verschwunden waren. Mr. Harmon und Chief Peters hatten ihren Senf dazugegeben, und eine Zeit lang sahen sich ständig irgendwelche komischen Typen das Gebäude an, obwohl es da gar nicht viel zu sehen gab.
    Es war nur ein altes, baufälliges einstöckiges Haus auf der Winslow Homer Avenue – einem kleinen Feldweg, der von Dead River zur Küste führte –, umgeben von einem eineinhalb Hektar großen Grundstück. Der Vorgarten war schon seit Langem mit dem Wald dahinter verwachsen, und das Gestrüpp kroch langsam die Stufen zur verwitterten grauen Haustür hinauf. Überall wuchs Efeu und anderes Unkraut. Hinter dem Haus reichte das schmale Grundstück bis zu den Klippen, die steil zum Meer abfielen.
    Während meiner Kindheit hatte ich sie nie zu Gesicht bekommen. Ben und Mary Crouch hatten sich lange vor meiner Zeit in das düstere Gemäuer zurückgezogen. Aber es kursierten

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