Versuchung des Blutes - Cole, K: Versuchung des Blutes
…
Wenn er sie haben wollte, würde er sich ändern müssen.
Vor einigen Wochen hatte er angewidert feststellen müssen, dass Lachlain seiner Vampirgefährtin erlaubte, von ihm zu trinken. Vampire hatten Lachlain auf unvorstellbare Weise gefoltert und seine Familie nahezu vollständig ausgelöscht. Er wiederum hatte Tausende von ihnen getötet.
Der Biss eines Vampirs galt unter Lykae als Zeichen der Schwäche, ein Mal tiefster Schande; Lachlain jedoch trug Emmas Biss wie einen Orden. Für sie hatte er sich geändert und irgendwie einen tausend Jahre alten Hass überwunden.
Jetzt begriff Bowe, wieso Lachlain das getan hatte. Aber war Bowe ebenfalls in der Lage, diese eindrucksvolle Frau vor sich zu akzeptieren? Konnte er seine eingefleischten Denkweisen für sie ändern?
Bowe selbst hatte Lachlain geraten, Emma nicht mit Gewalt an die Sitten und Gebräuche der Lykae zu gewöhnen, aber das bedeutete noch lange nicht, dass Bowe dafür war, dass Lachlain ihre Gepflogenheiten übernahm.
„Hast du herausgefunden, was mit den anderen geschehen ist?“, fragte er Mariketa.
„Sie sind in Sicherheit“, antwortete sie, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
„Werden sie sich uns wieder anschließen?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Ich habe nur herausgefunden, dass sie sich nicht in unmittelbarer Gefahr befinden.“
Als er schwieg, murmelte sie: „Wenn du meinst, ich wüsste nicht, wie ich aussehe, dann irrst du dich. Bei mir gibt’s weder Schmetterlinge noch Faune oder Singvögel.“ Endlich blickte sie ihn an. „Muss schwer für dich sei n … der Abstieg von einer echten Feenprinzessin zu der bösen Hexe, die für Geld tötet.“ Sie zog die Stirn kraus. „Ich schätze, in diesem Stück bin ich die Böse.“
„Vielleicht passen wir darum so gut zueinander.“ Wie zum Teufel konnte er von ihr erwarten, die Bestie in ihm zu tolerieren, wenn er nicht bereit war, die ihr innewohnende Macht zu akzeptieren? „Wenn du die Böse bist, dann denk dran: Ich bin das Ungeheuer.“
Mari stützte sich mit den Händen auf den Knien ab, während sie tief durchatmete. Bei jedem Atemzug schaukelten ihre Zöpfe hin und her. „Das machst du nu r … um dich für letzte Nacht zu rächen.“ Er scheuchte sie schon den ganzen Morgen lang durch den Wald, unzählige Kilometer weit, wie ihr schien. Er selbst lief voraus und hackte sich mit seiner Machete und seinen Klauen in mörderischem Tempo durch den Dschungel. „Na gut. Nimm das Pflaste r … von mir aus schwängere mich mit einem ganzen Wur f … aber ich brauche jetzt eine Pause! “
„Ich will mich nicht rächen.“ Seine Laune, die nach einer im Regen verbrachten Nacht schon nicht die beste gewesen war, hatte sich im Verlauf des Tages stetig verschlechtert.
„Und warum hast du’s dann so eilig?“
„Ich hatte gehofft, dass Rydstrom und die anderen uns inzwischen eingeholt haben würden.“
Sie verdrehte die Augen. „Ein kleiner Tipp: Wenn man von jemandem eingeholt werden will, verlangsamt man normalerweise das Tempo.“
„Sie sollten doppelt so schnell wie wir vorankommen. Sie müssten sich uns bald anschließen.“ Er reichte ihr die Wasserflasche. „Hör mal, Mariketa, ich möchte, dass du weißt, dass es mir leidtut wegen letzter Nacht. Auch wenn ich schon verdammt lange auf Kinder warte, würde ich doch lieber darauf verzichten, wenn die Alternative wäre, dich leiden zu sehen. Ich weiß nicht, wie ich dich davon überzeugen kann, aber es ist die Wahrheit.“
Es schien ihm wirklich ernst zu sein, aber sie blieb misstrauisch. „Ich weiß auch nicht, wie du mich davon überzeugen könntest.“
„Hier.“ Er streckte die Hand aus. „Ich werde dich auf dem Rücken tragen, aber wir müssen weitergehen. Möglicherweise befindet sich hier irgendwo eine Straße in der Nähe. Du könntest jemanden finden, der dich nach Belize mitnimmt, und zur Küste gelangen, vielleicht sogar zu einem Flughafen.“
„Und warum sollte ich alleine eine Mitfahrgelegenheit finden?“
Er fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare.
„Was? Rück schon raus mit der Sprache.“
„Heute Abend ist Vollmond.“
„Oh.“ Das war ihr natürlich schon aufgefallen, aber sie hatte nicht geahnt, dass die Auswirkungen so fatal sein könnten, bis sie gerade eben seine Miene gesehen hatte. Ach du Scheiße!
„Ich überlege schon die ganze Zeit, wie ich dich am besten aus meiner Reichweite schaffen könnte. Wenn ich vor dir weglaufe, bleibst du schutzlos zurück.
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