Versuchung des Blutes - Cole, K: Versuchung des Blutes
sich bis in alle Ewigkeit an ihrem Leiden sättigen konnte.
„Wie sieht sie aus?“, fragte MacRieve rasch.
„Sie kann jegliche Gestalt annehmen, sei es ein Gegenstand oder eine Person, lebendig oder tot. Niemand kennt ihr wahres Gesicht. Sie könnte irgendeiner von uns sei n … “, Mari beendete ihren Satz mit Unheil verkündender Stimme, „ und wir würden es nie erfahren. “
„Wie wählt sie ihre Opfer aus?“, fragte MacRieve ungeduldig.
„Es gibt kein erkennbares Muster. Sie kann genauso gut bei einem Despoten zuschlagen wie bei einem unschuldigen Bauernmädchen.“
MacRieve schien eine ganze Weile über diese Antwort nachzugrübeln, dann sagte er: „Ist es wahr, dass ihr Hexen niemanden ohne Bezahlung heilt?“
Sie hätte wissen müssen, dass MacRieve auf direktem Weg das Thema ansteuern würde, warum Hexen niemals den Respekt der anderen Mythenweltgeschöpfe erlangen würden. Sie schluckte und gab dann zu: „Da s … stimm t … zum größten Teil.“ Wie erwartet schwiegen jetzt alle. „Aber ihr müsst verstehen wieso.“ MacRieve hob die Augenbrauen, als ob er es gar nicht erwarten könnte, ihre Erklärung zu hören. „Vor tausend Jahren stellten die Hexen ihre Dienste freigiebig allen kostenlos zur Verfügung, doch am Ende wurden wir dafür immer wieder verfolgt. Meine Ahninnen schlossen daraus, dass unsere Art den Schutz und den Einfluss braucht, den Geld kaufen kann. Im Grunde geht es darum, dass Hexen, die in Herrenhäusern leben und das Vertrauen des Königs genießen, sehr viel seltener auf dem Scheiterhaufen landen als solche, die in schäbigen Hütten am Waldrand leben.“
MacRieves Miene war undurchschaubar, und genauso wenig konnte sie erkennen, was die anderen wohl dachten. Sollte sie versuchen, ihnen die missliche Lage der Hexen noch ausführlicher zu erklären? Sie davon überzeugen, dass keine andere Faktion der Mythenwelt so grausam verfolgt wurde wie die ihre?
Aber dann war die Gelegenheit auch schon wieder vorbei, als das Unterholz erneut dichter wurde und die Unterhaltung erschwerte. So bot sich ihr die nächste Gelegenheit, mit dem Spiegel zu experimentieren.
Sie öffnete die Puderdose in ihrer geräumigen Hosentasche. Die bloße Berührung des Spiegels schien ihr Konzentrationsvermögen zu erhöhen. Mari hatte längst sämtliche Zaubersprüche gelernt, die man von ihr erwartete, war aber nie imstande gewesen, sie zu verwenden. Ob sie es jetzt wohl könnte, mithilfe dieses Werkzeugs?
Während sie langsam mit dem Daumen kreisförmig über das Glas rieb, stieg Magie in ihrer Hand auf, aber jetzt fühlte sie sich zentriert an, konzentriert. Der Spiegel leitete in der Tat ihre Kräfte, steuerte sie, fast so wie ein Erddraht Elektrizität steuert.
Während sie das berauschende Gefühl der Kontrolle noch genoss, beschloss sie, ein paar kleinere Zaubersprüche an dem Werwolf auszuprobieren. Das wäre eine gute Übung für sie, und mit gute Übung meinte sie richtig amüsant für sie.
Sie brachte eine Wurzel dazu, sich direkt vor seinen Füßen aufzurichten. Als er stolperte, musste sie sich auf die Lippen beißen, um nicht laut zu lachen.
Magi e … gut .
Immer wenn sich in den nächsten Stunden seine Schnürsenkel lösten, und zwar gerade rechtzeitig, dass die Bänder ein paar schöne große Ameisen einsammelten oder ihm Zweige ins Gesicht schlugen oder er nur mit Mühe und Not Vogel- oder Affenkot ausweichen konnte, sah er sie mit misstrauisch zusammengekniffenen Augen an. Sie warf ihm dann einen unschuldigen Blick zu, und ihre Miene fragte lautlos: „Waaa s … ?“
Aber er sagte nichts, und was sie anging, na ja, sie könnte das noch den ganzen Tag so treibe n …
Aus den Augenwinkeln heraus nahm sie eine Bewegung wahr. Was wie eine Liane ausgesehen hatte, wickelte sich auf einmal auseinander und schnellte auf sie zu. Mit einem Aufschrei versuchte sie, es mit einem Energieimpuls abzuwehren, aber MacRieve hatte sich die Schlange bereits geschnappt; Maris Magie erfasste ihn und schleuderte ihn durch die Luft, wobei sein Körper mit solcher Wucht durch das Unterholz flog, dass er die Bäume, die im Weg standen, einfach fällte .
Nachdem er über dreißig Meter weit entfernt gelandet war und die Schlange mit einer wütenden Bewegung von sich geschleudert hatte, schoss er auf die Füße, stapfte zu ihr zurück und warf ihr einen Blick zu, mit Augen, die vor Zorn eisblau waren. „Verdammt noch mal, Hexe, nicht schon wieder!“
27
„Das war ein Unfall!“, rief die
Weitere Kostenlose Bücher