Versuchung des Blutes - Cole, K: Versuchung des Blutes
seit sie gehört hatten, dass er nicht geplant hatte, sie so lange dort einzusperren, aber sie waren auch nicht gerade versessen darauf, gleich Freundschaft mit einem Lykae zu schließen.
Er ließ seinen Rucksack fallen. „Da drin sind ihr Handtuch und was sie sonst noch brauchen könnte.“ Dann senkte er die Stimme. „Aber du darfst die Hexe nirgendwo anders hingehen lassen. Sie muss hier am Wasser bleiben. Und lass sie nichts anfassen. Gar nichts. Kann gut sein, dass irgendwas ihre Neugier erregt und sie herumstromert, also darfst du sie nicht aus den Auge n … “
„Es reicht jetzt, Lykae! Ich werde nicht zulassen, dass sie getötet wird, während du dein Wasser abkochst, okay?“
Mari zitterte fast vor Aufregung. Dieser Ort wa r … der Garten Eden. Pflanzen mit Blüten, so groß wie Teller, genossen die Sonne. Ihre scharlachroten und gelben Blütenblätter waren so leuchtend und makellos, dass sie künstlich zu sein schienen. Aus flachen Becken strömte türkisfarbenes Wasser stufenförmig herau s – eine Kaskade nach der anderen. Jedes Becken war von Farnen umgeben oder mit Blumeninseln besprenkelt.
Sie fragte sich, ob schon je einmal eine Person auf eine Oase gehofft hatt e – keine Oase, die Schutz vor der Sonne bot, sondern eine Oase der Sonn e – und dann auf diese Weise belohnt worden war.
Nachdem MacRieve und Rydstrom sich auf den Weg gemacht hatten, ein Feuer zu entfachen, hatten Tera und sie sich auf den Rucksack gestürzt. Tera schnappte sich Seife und Shampoo und lieh sich Kleidung zum Wechseln, und Mari holte ihren Badeanzug heraus.
Kurz bevor sie sich in ihrem Badeanzu g – einem schwarzen String-Bikin i – hinlegte, verspürte sie einen Moment des Zauderns, ganz untypisch für sie. Abgesehen von MacRieve hatte sie seit Jahren niemand mehr so spärlich bekleidet gesehen. Die Stoffdreiecke des Oberteils waren eher schmal, und wenn der Bikini-Tanga hinten auch nicht nur aus einem Riemen bestand, war es doch nicht viel mehr.
Und sie war alles andere als schlank.
Sie hatte sich noch nie zuvor für ihre Kurven geschämt, die die meisten Frauen vermutlich mit Aerobic zu beseitigen versuchen würden. In ihrem letzten Highschooljahr hatte sie einen Pakt mit sich selbst geschlossen. Sie würde in dem Moment eine Diät anfangen, wenn ihr mit einem Bikini bekleideter Körper keine Bewegung mehr in die Shorts wenigstens eines Jungen am Strand bringen würde.
Warum an etwas herumpfuschen, was prächtig funktionier t …
Doch die Sonne lockte, und sie erinnerte sich an MacRieves Reaktion, als er sie nackt gesehen hatte, also ließ sie ihr Handtuch sinken.
Während Tera sich hinlegte, ihr Haar dick mit Conditioner überzogen, löste Mari ihre Flechten, hörte Musik auf ihrem iPod und genoss die Sonnenstrahlen. An diesem Ort fiel es ihr schwer zu glauben, dass sie ihre Zukunft noch heute Morgen in so düsterem Licht gesehen hatte.
Sie konnte kaum fassen, dass sie sich wegen der Prophezeiung derart Sorgen gemacht hatte. Versuchen, sie wegzuschließen? Nichts konnte sie aufhalten! Weder ein unsterblicher Krieger noch ein Grab voller Inkubi.
Sie war hier, frei wie ein Vogel, nachdem sie geglaubt hatte, an jenem Ort sterben zu müssen. Bald schon würde sie ihre Freunde wiedersehen. Sie würde wieder mit Regin und Carrow grauenhaft Karaoke singen, im Cat’s Meow, und zwar ohne ihren Umhang. Anonymes, unter einem Umhang verborgenes Karaoke brachte einfach nicht denselben Kick.
Auf dieser Reise war ihr etwas Monumentales gelungen, als sie die Inkubi vernichtet hatte. Die Tour hatte sie vielleicht nicht gewonnen, na ja, sie war nicht mal ins Finale gekommen, aber wenn sie nach New Orleans zurückkehrte, würde sie nicht einfach gehen, sondern stolzieren.
Alle hatten auf sie gewartet? Hey, Mari hatte soeben eine tausend Jahre alte Quelle des Bösen vernichtet. Ein Hoch auf die Captromagierin!
Das konnte ihr niemand mehr nehmen. Sie hatte dieses uralte Böse zerstört; dagegen war ihr „Ungenügend“ für die Hausarbeit im Politikkurs doch total unwichtig.
Und das Allerbeste an dem ganzen Szenario war, dass sie dafür bezahlt worden war. Viele Faktionen der Mythenwelt teilten sich kollektiven Besitz, aber die Hexen machten das genaue Gegentei l – alles, was in den Koven existierte, war jemandes Privateigentum. „Alles schwesterlich teilen“ mochte ja das Motto der Walküren sein, aber das der Hexen lautete „Meins ist meins“. Und von Mari erwartete man, dass sie ihren Teil dazu beitragen
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