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Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Familie ihn für tot hält? Ihm die letzte Hoffnung nehmen?«
    »Sie hätte sie … sie hätte sie vielleicht jemandem mitgeben können?«
    »Die meisten, die in Deutschland ankamen, hatten nicht mehr bei sich als das, was sie am Leib trugen. Das änderte sich erst zwei Jahre später, als die Situation sich etwas entspannte. Bis dahin waren die Züge ein Selbstbedienungsladen für marodierende Banden und die korrupte Miliz. Wer von den Deutschen auch nur annähernd in Verdacht stand, ein Nazi zu sein oder kollaboriert zu haben, kam ins Lager. Das Risiko, mit den Briefen eines Unbekannten, eines ehemaligen Gutsbesitzers und NSDAP-Mitglieds erwischt zu werden, war zu groß. Ich bin mir sicher, sie hat es versucht. Aber wenn ich etwas am Leib hinüberschmuggeln will, dann habe ich nicht viele Möglichkeiten. Ein Brief von einem Fremden an eine Fremde, nein, dieses Risiko wäre ich in dieser Situation auch nicht eingegangen.«
    »Also hat sie sie aufgehoben. Warum?«
    »Es waren Liebesbriefe«, sagte Lenka. »Schreckliche, schauerliche Briefe, aber Liebesbriefe. Er hat darin beschrieben, wie er sich versteckt hielt und was mit seinem Haus passiert ist. Ich habe … ich habe das noch nie aus dieser Sicht gesehen. Er hat mir leidgetan. Sie waren immer noch versiegelt. Oma hat sie nie gelesen.«
    »Lesen und Schreiben war nicht ihre Sache.«
    »Später schon!«, protestierte seine Enkelin. »Sie hat mir das Märchen vom Schlangenkönig vorgelesen und Die Pestjungfrau und …«
    »Später, ja. Aber sie wollte ihr ganzes Leben nicht wissen, was in den Briefen steht. Es wäre besser gewesen, wir hätten sie ungeöffnet verbrannt. Dann wäre das alles nicht passiert. So ein Stapel.« Wieder machte er die andeutende Handbewegung. »Sie hat sie all die Jahre ganz hinten im Schrank versteckt. Ich wusste nicht, was drinsteht. Aber Krystyna konnte sie lesen. Sie hat sie uns übersetzt. Es war … sehr berührend.«
    »Oma hatte es ihm versprochen. Er hat all die Briefe an seine Frau geschrieben, die gar nicht wusste, dass er noch lebt. Für sie war er gefallen.«
    »Woher wissen Sie das?« Die Frage richtete Zuzanna an Zygfryd.
    »Aus der Registratur. Im Repatriierungsamt mussten wir so schnell wie möglich Klarheit über die Besitzverhältnisse erlangen. Die Siedlung Johannishagen war ein begehrtes Objekt bei den Neuankömmlingen. Die ehemaligen Besitzer, Rosa Hagen und ihre zwei Kinder – Ende vierundvierzig ausgereist. Walther Hagen – gefallen. Der Bescheid lag im Standesamt, er ist im Januar fünfundvierzig an Rosa nach Hamburg geschickt worden, mit einem der letzten Postzüge. Aber Walther Hagen hat überlebt. Er muss im März hier eingetroffen sein, nachdem er eine Odyssee entlang der Frontlinie hinter sich hatte. Wahrscheinlich wollte er sich zu einem Kampfverband durchschlagen, aber die gab es nicht mehr. Da hätte er schon bis Berlin gemusst, um doch noch den Heldentod zu sterben. So ist er nach Johannishagen zurückgekehrt. Lenka lebte dort noch, als Einzige. Ich hab ihr das Kutscherhaus sichern können, aber es war klar, dass es nicht von Dauer sein konnte. Sie wollte da nicht weg. Sie war treu. Ja. Treu .«
    »Liebesbriefe.«
    Zuzanna wusste nicht, was sie davon halten sollte. Wegen ein paar Liebesbriefen setzte sich doch niemand aus Deutschland in Bewegung. Wegen ein paar Liebesbriefen wurde doch Sinter nicht aktiv. Deshalb konnte doch niemand erschlagen worden sein, deshalb war Krystyna doch nicht in den Tod gestürzt.
    »Was ist mit den Briefen geschehen? Sind sie noch hier?«
    »Nein. Mama wollte sie den rechtmäßigen Eigentümern zurückgeben.«
    »Wann?«
    Lenka sah zu ihrem Großvater. Der nickte ihr aufmunternd zu.
    »Vor ein paar Wochen. Sie wollte sie aus dem Haus haben. Denn in den Briefen war noch von etwas anderem die Rede. Von etwas, das in der Siedlung versteckt ist. Walther Hagen hat nie geschrieben, was es war. Aber es muss einen Schlüssel dazu geben. Und eine Tür. Das hat er angedeutet. Etwas, das heute sehr viel wert sein könnte.«
    Langsam kam Licht in das Dunkel um Janekpolana. Es ging nicht nur um Heimattourismus. Es ging um etwas, das dort in den letzten Kriegstagen in Sicherheit gebracht worden war. Was konnte das sein? Schmuck? Juwelen? Silberbestecke? Immer noch waren Schatzgräber in den Wäldern unterwegs. Doch wenn tatsächlich einmal eine alte Milchkanne auftauchte, dann fanden die enttäuschten Sucher darin kaum etwas anderes als Einmachgläser und bestickte

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