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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Leinenhandtücher.
    »Krystyna wollte herausfinden, was das ist«, stellte Zuzanna fest.
    »Nein«, sagte Zygfryd schnell. Zu schnell. »Wir waren uns alle einig, dass es das nicht mehr gibt. Es ist viel vergraben worden in dieser Zeit. Und viel gefunden. Es gehört demjenigen, dem die Siedlung jetzt gehört.«
    »Den Zielińskis. Warum hat sie nicht mit den beiden darüber geredet?«
    Zygfryd seufzte. »Wir … wir gehen uns aus dem Weg. Man muss die alten Geschichten nicht immer wieder aufrühren.«
    Zuzanna nickte zögernd. »Eine Frage hätte ich noch. War es Zufall, dass Krystyna und Helmfried Hagen sich im Heim begegnet sind?«
    »Ja. Eine Ironie des Schicksals«, antwortete Lenka. »Der Rabe und die Traube. In einem der Briefe ist das erwähnt. Mama wollte es erst gar nicht glauben, doch dann kam raus, dass der alte Mann, den sie betreut hat, in der osada Janekpolana geboren wurde, neunzehnhundertzweiundvierzig, als Sohn des Gutsbesitzers. Er hatte diesen Schlüssel. Den hat sie sich mal geborgt.«
    »Woher weißt du das?«, fuhr der alte Mann sie an. »Sag nicht, dass deine Mutter gestohlen hat!«
    »Sag ich doch gar nicht. Aber sie hatte ihn mal dabei, in ihrer Handtasche. Ich bin im Flur dagegengekommen, sie ist heruntergefallen, und da habe ich ihn entdeckt. Ein schwerer, alter Schlüssel mit einem Anhänger. Rabe und Traube.«
    Zuzanna kannte diesen Schlüssel. Sie wusste auch, in wessen Besitz er war und wie verzweifelt die verschwundene Tür immer noch gesucht wurde. »Wann war das?«
    »Vor gut zwei Monaten. Sie hat mich überrascht, wie ich im Flur alles wieder zusammengesammelt habe. Sie sagte, ein Verwandter von Hagen hätte sie darum gebeten.«
    »Darum gebeten, den Schlüssel zu borgen?«
    »Ich … ich weiß es doch auch nicht. Sie war sehr nervös. Bitte, es war doch nur der Schlüssel! Sie hat ihn zurückgebracht. Das weiß ich. Als sie die Woche darauf wiederkam, hatte sie ihn nicht mehr dabei.«
    »Ist dir bei ihrer Rückkehr etwas aufgefallen?«
    »Sie war traurig. Der Mann, dem der Schlüssel gehört hat, ist gestorben. So etwas kommt immer wieder vor, aber dieses Mal hat es Mama besonders mitgenommen. Einmal habe ich sie nachts in der Küche weinen gehört. Ich bin zu ihr und habe sie gefragt, was los ist. Da sagte sie, dass ihr dieser Tod besonders nahegeht, weil es der Sohn von dem Mann war, der die Briefe geschrieben hat.«
    »Hat sie ihm die Briefe vor seinem Tod gezeigt?«
    »Nein.«
    »Das ist seltsam.«
    »Warum? Wenn Sie das alles gelesen hätten! Es war schrecklich! In den Augen dieses Mannes ist sein Vater im Krieg geblieben. Wahrscheinlich hat er ihn sogar noch als Held verehrt. Und dann soll er auf einmal halb verhungert und fast wahnsinnig in einem Keller krepiert sein?«
    »In einem Keller?«
    »Oder sonst wo!« Lenka schrie fast. Ihr Großvater machte wieder ein beruhigendes Geräusch, aber sie ließ sich nicht darauf ein. »Sie glauben uns nicht. Stimmt’s? Sie glauben uns nicht!«
    »Doch. Ich glaube Ihnen.« Zuzanna stand auf. »Wo sind die Briefe?«
    Lenka senkte den Kopf. »Sie sind weg.«
    »Alle?«
    »Alle!«
    »Wirklich? Hat Krystyna nicht doch noch irgendwo welche versteckt?«
    Das Mädchen begann zu weinen. »Denken Sie, wir wären nicht auf die gleiche Idee gekommen? Dass Mama versucht hat, die Briefe an die Hagens zu verkaufen? Ich hab das viele Geld nie gewollt. Nie. Wir hätten es auch ohne geschafft.«
    Zuzanna beugte sich zu dem Mädchen hinab. Ihr Herz klopfte so stark, dass sie glaubte, es würde ihr aus der Brust springen.
    »Welches Geld?«
    Lenka schüttelte wild den Kopf.
    »Welches Geld? Lenka! Sagen Sie die Wahrheit! Das ist wichtig!«
    Mühsam, taumelnd erhob sich Zygfryd und ging um das Bett herum auf die andere Seite zu einem Nachttisch. Er zog die Schublade auf. Sie fiel ihm aus den Händen und landete auf dem Bettvorleger. Zuzanna sprang auf, um ihm zu helfen. Er stand da und starrte auf das, was zu seinen Füßen ausgebreitet lag. Fassungslos ging sie in die Knie und begann, die Geldscheine aufzusammeln. Es waren neue Fünfhunderteuroscheine, und bei zwanzig hörte sie auf zu zählen, denn sie wusste, welche Summe auf dem Bettvorleger lag. Dann tastete ihre Hand unter das Bett, weil dort, von der Überdecke fast verborgen, noch etwas lag.
    »Was ist das?«, fragte sie und hielt Zygfryd ein dünnes, glatt gefaltetes, vom Alter mürbe gewordenes, eng beschriebenes Blatt Papier entgegen. »Was ist das?«
    Zygfryd schluckte. »Das ist … den

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