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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Flügel aus,
    Flog durch die stillen Lande,
    Als flöge sie nach Haus.
    Ich fliege nach Hause, lieb Rosa. Zu dir, in deine Arme, und die Erinnerung an dein Lächeln hüllt mich ein in tröstende Wärme. Nie liebt ich euch mehr als in diesem Augenblick.
    Ewig Walther

46
    Marie-Luise ließ den Brief sinken. Die letzten Worte eines todgeweihten Mannes. Wir hatten ihn nicht gekannt, wir wussten nicht, wie er gelebt, was er gefühlt und für welche Dinge er gestanden hatte. Nur diese Abschiedszeilen waren von ihm geblieben. Altmodisch, ein wenig pathetisch, aber gefasst.
    Jacek hob sein Glas. »Möge seine Seele in Frieden ruhen.«
    Wir stießen miteinander an, jeder mit jedem.
    »Auf Hagens Vermächtnis.« Dann legte Jacek den Zeigefinger auf das dünne Papier. »Sagt er, das Zeug gehört mir?«
    »Das Zeug gehört dir«, erwiderte Marie-Luise. »Egal ob mit oder ohne seinen Segen.«
    »Mit Segen wäre mir lieber.«
    »Weißt du, was es ist?«
    »Könnte sein.«
    Wir warteten. Jacek goss uns in aller Gemütsruhe Wein nach und lehnte sich dann mit einem Grinsen zurück.
    »Ja und?«, fragte ich ungeduldig.
    »Der Schlüssel, von dem Zuzanna gesprochen hat, er passt zu der kaputten Tür zum Weinkeller. Aber da war nichts. Nun ist ja niemand so blöd und versteckt wertvolle Sachen, damit man sie gleich findet. Genauso war es. Ich bin den Keller rauf und runter. Wände, Boden, Fliesen. Nichts. Bis ich endlich draufgekommen bin.«
    »Auf was?« Marie-Luise rutschte ungeduldig auf ihrem Stuhl hin und her.
    »Der Schlüssel ist der Schlüssel«, erklärte ich ihr.
    »Meinen Sie den hier?«
    Wir fuhren herum. Im Gegenlicht der offenen Tür zum Wohnzimmer stand ein Mann. Hochgewachsen, blond, Camerer-Nase. John präsentierte uns einen großen, alten Schlüssel mit einem Messinganhänger. Hinter ihm tauchte Nicky auf. Bei ihrem Anblick erschrak ich zutiefst. Meine Hand fuhr vor und legte sich auf Zuzannas Arm.
    »Ruhig«, sagte ich. »Ganz ruhig.«
    In Nickys Armen lag die schlafende Alicja.
    John wies mit einer kurzen Kopfbewegung auf seine Frau. »Geh zum Wagen. Wir wollen doch nicht, dass das Mädchen aufwacht und Angst bekommt.«
    »Lassen Sie mein Kind gehen!«, schrie Zuzanna. Sie sprang auf.
    Mit einer blitzschnellen Bewegung zog John eine kleine, chromglänzende Waffe und zielte in unsere Richtung. »Ihr geschieht nichts. Wir wollen nur unser Eigentum.«
    Meine Hand umklammerte immer noch ihren Arm. Jacek rührte sich nicht. Wir alle saßen wie gelähmt am Tisch. John richtete die Waffe spielerisch auf die schlafende Alicja. Zuzannas Muskeln versteiften sich. Ein Panther auf dem Sprung, bereit, John zu zerfleischen.
    »Aber nein«, sagte Nicky. Ihre Stimme klang süß und sanft und leise. Sie streichelte dem Mädchen über den Kopf. »Nicht die kleinen Kinder erschrecken. Halte dich an die großen. Ich warte draußen.«
    »Nein!«
    Zuzanna riss sich los. Ein ohrenbetäubender Knall zeriss mir fast das Trommelfell. Putz rieselte auf uns herab. Alicja wachte auf und sah sich schlaftrunken um.
    »Sie tun, was ich sage. Verstanden?«
    »Ja«, sagte ich. »Bleiben Sie ruhig. Wir kooperieren. Was wollen Sie?«
    Alicja strampelte. »Mama!«, rief sie.
    Nicky ließ sie zu Boden gleiten und packte die kleine Hand. Dann zerrte sie das weinende und schreiende Mädchen nach draußen.
    Zuzanna wollte hinter ihr her. »Nein!«, schrie sie immer wieder. »Nein! Lassen Sie mein Kind! Alicja! Ali!«
    Es war Jacek, dem es gelang, die verzweifelte Mutter an sich zu pressen und festzuhalten. John hatte immer noch die Waffe direkt auf Zuzanna gerichtet. Das Projektil war genau drei Zentimeter neben ihrem Kopf in die Wand eingedrungen.
    »Wer sind Sie?«, fragte Marie-Luise eisig. »Was wollen Sie?«
    John trat einen Schritt vor – nicht nah genug, um ihn zu erreichen und zu überwältigen – und warf den Schlüssel auf den Tisch. Sofort zog er sich wieder in sichere Entfernung zurück.
    »Wir werden jetzt gemeinsam das Vermächtnis meines Großvaters bergen. Wenn Sie kooperieren, lassen wir die Kleine und Sie alle gehen. Wenn nicht …«
    Zuzanna wollte sich aus Jaceks eisenharter Umklammerung befreien, aber er ließ es nicht zu.
    »Die Damen bleiben hier. Los. Fesseln.«
    Er kickte mir mit dem Fuß eine Rolle Klebeband zu, mit dem Jacek die Plastikfolie auf dem Fußboden befestigt hatte. Es dauerte. Ich wollte weder Marie-Luise noch Zuzanna wehtun, aber John ließ mir keine Chance. Als ich fertig war und beide Frauen gefesselt auf ihren

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