Versunkene Inseln
herziehen, davonhuschen und zwischen sich wiegenden Farnblättern verschwinden. Sie hinterlassen funkelnde Rätsel, denen man zwar nachzugehen vermag, die man aber nie ganz lösen oder begreifen kann.
Dem All ist es völlig gleichgültig, ob man da ist oder nicht, und der Überlebenskampf zwischen den Welten ist gegen die Leere selbst gerichtet, dagegen, nicht vom Vakuum aufgesogen und vom Ultimaten Nichts vereinnahmt zu werden. Der Weltraum ist unerbittlich in seiner Interesselosigkeit: Er tötet Leben durch seine Existenz allein, und er zermalmt den Menschen, indem er ihm das Wissen um seine Gleichgültigkeit vermittelt. Das Meer aber ist nicht apathisch. Es reagiert und verändert sich mit der An- oder Abwesenheit des Menschen; es macht seine eigenen unerbittlichen Gesetze deutlich, doch nur einen Augenblick später liefert es das Musterbeispiel einer Ausnahme von diesen Regeln und läßt ihn unbehelligt durch seine nassen Arme gleiten. Man akzeptiere seine Fremdartigkeit, und der Ozean eröffnet sich dem Besucher, bietet seine Freiheit und Schönheit dar und gewährt einen Einblick in seine Andersartigkeit. Mischt sich jedoch Furcht in das Staunen, dann wird aus der Schönheit der Tiefe plötzlich das bedrohliche Beben entfernter Pflanzen, das erschreckende Zucken massiver Schwärze zwischen den Felsen.
Hier, nahe der Oberfläche, schimmerte die Welt des Wassers in hellem Licht und vielen Farben. Ich fing Jennys Blick ein und deutete hinauf. Daraufhin hob sie den Kopf und betrachtete die wogende Decke der funkelnden See. Paul starrte mürrisch in die Dunkelheit hinab.
Langsam ließen wir die oberen Bereiche hinter uns und glitten tiefer, und die Servos folgten uns wie treuergebene Wächter. Ich betätigte die Düsen und verkürzte den Abstand zwischen Jenny und mir. Sie schwebte weich im Zentrum ihrer Sphäre aus Luft, und sie drehte dauernd den Kopf und versuchte, die 360 Grad ihrer Umgebung auf einmal zu erfassen. Paul schwamm vor ihr und erschrak, als ein großer Speer fisch verächtlich an ihm vorbeiglitt, und er entspannte sich erst wieder, als der große Meeresbewohner außer Sicht war. Ich drehte mich leicht auf die Seite und entdeckte Tobias, der bereits die Ruinen unter uns ins Auge faßte. Zwei der Servos sausten in die Tiefe, als er das entsprechende Signal gab.
„Haben Sie schon Sichtkontakt?“ erkundigte sich Greville in einem Tonfall, der so wissenschaftlich wie möglich klang.
„Ja, sieht aus wie ein Hotel“, berichtete Tobias, als wir uns den Gebäuden näherten. „Ganz unten sind einige hellere Flecken zu erkennen, bei denen es sich um Swimmingpools gehandelt haben könnte. Und hier sind eine Menge Fenster. Alle zerbrochen. Viel Schlamm. Müssen ursprünglich etwa zehn bis zwölf Etagen gewesen sein; das Erdgeschoß ist doppelt so hoch wie die anderen Stockwerke.“
Die Servos hatten das erste Gebäude erreicht. Ich löste den kleinen Bildschirm vom Gürtel und hielt ihn vor die Sichtscheibe meiner Tauchermaske. „Scheint eine Eingangshalle zu sein“, fuhr Tobias fort. „Empfangen Sie das Bild?“
„Ja, und die Auflösung ist gut“, antwortete Greville. „Können Sie eine Holoprojektion bewerkstelligen?“
„Noch nicht“, meldete ich mich zu Wort. „Warten Sie, bis wir selbst da sind.“
In dem Gebäude unter uns flammte plötzlich Licht auf. Der zweite Servo war hineingeschwommen und hatte die Scheinwerfer eingeschaltet. Ich justierte meinen Schirm auf seine Sendefrequenz um, und Tobias ließ ihn eine langsame Panoramaansicht von der Eingangshalle aufnehmen.
„Schalten Sie auf Nummer Zwei“, informierte ich Greville. „Da sind die Liftschächte, der Tresen, einige Türen, eine
Weitere Kostenlose Bücher