Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
Vom Netzwerk:
be­nö­tigt, um zum Ge­hirn zu ge­lan­gen, dort ver­ar­bei­tet und mit ei­nem Re­ak­ti­ons­si­gnal be­ant­wor­tet zu wer­den. Sa­gen wir zum Bei­spiel, der Ser­vo über­trägt das Bild ei­ner Va­se. Dar­auf­hin er­folgt die An­wei­sung, die­se Va­se auf­zu­he­ben. Doch sie er­weist sich als emp­find­li­cher, als es auf dem Bild­schirm den An­schein ge­habt hat, und sie zer­bricht. Stell dir die­sen Vor­fall in ei­nem grö­ße­ren Maß­stab vor, mul­ti­pli­zie­re ihn mit zehn für je­den Tauch­gang – dann kennst du das Pro­blem.“
    „To­bi­as sag­te, du be­nutzt einen Naß­an­zug“, warf Jen­ny ein. „Aus die­sem Grund?“
    „Und was ist das über­haupt, ein Naß­an­zug?“ frag­te Paul.
    „Es ist ein haut­en­ges Klei­dungs­stück aus Gum­mi“, er­klär­te ich. „Ein Paar Flos­sen für die Fü­ße, Sau­er­stofftanks mit Schläu­chen und Reg­lern, ei­ne Tau­cher­mas­ke fürs Ge­sicht, Ge­wich­te, um den Auf­trieb aus­zu­glei­chen, klei­ne An­triebs­dü­sen. Des wei­te­ren ge­hört noch ein Funk­ge­rät da­zu, das in die Tau­cher­mas­ke in­te­griert ist. Und was die an­de­re Fra­ge an­geht: Ja, das ist ei­ner der Grün­de, warum ich einen Naß­an­zug ver­wen­de.“
    „Und mit nichts wei­ter als dem An­zug wagst du dich un­ter Was­ser?“ frag­te Paul. Un­be­hag­lich setz­te er sich auf in dem so un­ge­wohnt mas­si­ven Ses­sel und beug­te sich ein we­nig vor, um mir di­rekt in die Au­gen zu se­hen.
    „Klar.“
    „Aber das ist ge­fähr­lich. Du bist völ­lig un­ge­schützt.“
    „Ich ha­be einen Stun­ner. Und mei­nen Ver­stand. Weißt du, wenn man ge­wis­se Er­geb­nis­se er­zie­len will, dann muß man die Ri­si­ken ab­schät­zen und ak­zep­tie­ren. Oder man be­gnügt sich mit et­was von ge­rin­ge­rer Be­deu­tung, mit et­was Zweit­ran­gi­gem. Na­tür­lich, das Ge­rä­te­tau­chen in Naß­an­zü­gen ist ge­fähr­li­cher, als in ei­nem klei­nen, voll­kom­men ab­schir­men­den Kraft­feld her­um­zu­sch­wim­men. Aber wenn man et­was er­rei­chen will, dann kann man kei­ne Erg­bla­sen und Ser­vos be­nut­zen, dann muß man sich Sau­er­stoff­fla­schen um­schnal­len und selbst raus und die Sa­che gleich beim ers­ten­mal rich­tig an­pa­cken.“
    Erst als ich sie wie­der an­blick­te, merk­te ich, wie hef­tig und lei­den­schaft­lich mei­ne Wor­te ge­klun­gen hat­ten. Ih­re Ge­sich­ter drück­ten je­ne lei­den­de Auf­merk­sam­keit aus, die in den Mie­nen von Leu­ten zu be­ob­ach­ten ist, die sich aus not­ge­drun­ge­ner Höf­lich­keit ih­rem Gast­ge­ber ge­gen­über Un­sinn an­hö­ren müs­sen. Ich seufz­te, sag­te mir, ich hät­te es bes­ser wis­sen müs­sen, und stand auf, um ins Haus zu ge­hen. Die Son­ne war ganz hin­ter dem Ho­ri­zont ver­sun­ken, und das letz­te Glü­hen der Däm­me­rung ver­blaß­te nun rasch zur Dun­kel­heit der Nacht.
    „Ich muß mor­gen früh raus. Denkt dar­an, das wir mor­gen um neun an Bord er­war­tet wer­den, ja?“
    Sie ver­si­cher­ten mir, recht­zei­tig be­reit zu sein, und wünsch­ten mir ei­ne gu­te Nacht. Ich ging ins Haus, noch im­mer ver­är­gert.
     

13
     
    Als ich Mit­te Zwan­zig war, steck­te ich, zum ers­ten­mal in mei­nem Le­ben voll­kom­men al­lein, in der For­schungs­sta­ti­on, die in end­lo­sem Or­bit die Son­ne um­kreist. Nur dar­auf be­dacht, je­nen einen Ort des gan­zen Uni­ver­sums zu mei­den, an dem ich wirk­lich gern ge­we­sen wä­re. Im­mer auf der Flucht vor dem einen Men­schen, nach des­sen Ge­sell­schaft ich mich sehn­te. In mei­nen ego­dra­ma­ti­schen Mo­men­ten nann­te ich es Schick­sal, Be­stim­mung, Fluch der Sterb­lich­keit. Kam ich auf den Bo­den der Wirk­lich­keit zu­rück, wuß­te ich, daß es Feig­heit war. Doch le­xi­ko­gra­phi­sche Un­ter­schei­dun­gen blie­ben wir­kungs­los auf die Sta­ti­on oder mei­ne Ar­beit. Mit schwin­del­er­re­gen­der Ge­schwin­dig­keit wir­bel­te ich um die Son­ne und nahm ei­ne Mes­sung nach der an­de­ren vor. Ich un­ter­teil­te die Zeit in schlich­te Ab­schnit­te, die ich mit schlicht ar­ran­gier­ten Tä­tig­kei­ten aus­füll­te. Je­den Tag funk­te ich mei­ne Be­rich­te zum Mond. Von der Or­bi­tal­sta­ti­on aus wur­den sie von

Weitere Kostenlose Bücher