Vertrau mir deine Sehnsucht an (Der romantische Liebesroman) (German Edition)
"Tante Anna hätte gewollt, dass wir glücklich sind. Ach Mami, du darfst nicht mehr traurig sein, dass sie gestorben ist. Es war für sie eine Erlösung", versuchte der Junge, seine Mutter zu trösten.
Melanie nickte und lächelte traurig. "Du hast ja Recht, mein Schatz. Nur wenn ich sehe, wie liebevoll meine Tante ihr Heim eingerichtet hat, und jetzt werden wir es bewohnen, dann blutet mir das Herz." Sie strich Tim über seine dunkelblonden, etwas struppigen Haare. "Du hast schon Recht. Wir müssen ganz einfach nach vorne sehen. Das ist unsere einzige Chance."
"Wir werden glücklich hier, das spüre ich genau. Und wenn Vater sich hier blicken lässt, dann holen wir die Polizei." Instinktiv hielt der Junge seine rechte Hand vor den Mund bei der Erinnerung an den Mann, der ihn immer geschlagen hatte, oft sogar grundlos.
Melanie hatte die hastige Bewegung ihres Sohnes gleich gesehen, und das Herz krampfte sich ihr zusammen vor Mitleid. Zudem tat es ihr von Herzen Leid, dass sie ihrem Kind nur bedingt hatte helfen können, weil sie einfach zu schwach war gegen ihren gewalttätigen Mann. "Wir werden hier alles vergessen, was in den vergangenen Jahren geschehen ist." Die Worte waren für Tim bestimmt, aber auch Melanie fühlte sich für den Moment getröstet.
Gemeinsam räumten sie den Kombi aus, mit dem sie ihre ganze Habe gebracht hatten. Die Möbel, die an die furchtbare Ehe erinnerten, die sie endlich hinter sich hatte, waren in der alten Wohnung geblieben. Die Nachmieterin war froh gewesen, dass sie nichts Neues zu kaufen brauchte, denn sie war gerade erst aus dem Elternhaus ausgezogen.
"Schau nur, wie schön der Garten ist. Darf ich eine Weile spielen?" Tim wurde immer gelöster, je länger er sich in dem neuen Haus befand. Alle Sorgen und Ängste der Vergangenheit fielen von ihm ab, als hätte es sie nie gegeben.
"Wir sind fast fertig mit Ausräumen", antwortete Melanie und spürte überrascht, dass auch sie sich irgendwie glücklich fühlte, wenn man von der geheimen Trauer absah. Torsten, ihr geschiedener Mann, rückte in immer weitere Ferne, hatte schon viel von seiner Wirklichkeit verloren. Ja, jetzt spürte sie es auch: Hier würden sie endlich in Ruhe leben können.
Spontan breitete die Frau ihre Arme aus und legte sie um Tim, der sie überrascht anschaute. So gelöst hatte er die Mutter schon lange nicht mehr gesehen. "Wir schaffen das, Mami, solange wir nur zusammen halten", versicherte er und hielt die Frau ebenfalls fest. "Nie wieder darf der Mann uns das Leben schwer machen. Er ist nicht mein Vater. Ich... hab keinen Vater mehr. Er ist vor Jahren gestorben, als er den Alkohol auf einmal lieber hatte als uns."
Darauf konnte Melanie nichts sagen. Sie fürchtete, das Maß zu vergessen und Torsten zu einem Monster abzustempeln, das er eigentlich die letzten Jahre auch gewesen war. "Ich geh schon mal in den Garten, will mich mal umsehen, solange noch die Sonne scheint. Komm mit, mein Schatz, vielleicht fällt uns ja was ein, was wir verändern könnten."
Hand in Hand verließen Mutter und Sohn das Haus durch die Terrassentür. Vor ihnen breitete sich ein wundervoll angelegter Garten aus mit einem kleinen Teich in der Mitte, an dessen Rand hohe Gräser standen. Ein schmaler, geschotterter Weg teilte das Grundstück in zwei Teile und führte zum niedrigen Zaun, der den Garten vom Nachbargrundstück trennte.
Tim lief begeistert zum Teich, zog seine Schuhe aus und ließ seine Beine ins Wasser hängen. Er war offensichtlich wunschlos glücklich. Melanie beobachtete ihren Sohn mit weichem Lächeln, dann ging sie den Weg weiter, bis sie in den Nachbargarten sehen konnte.
Eine junge Frau war gerade damit beschäftigt, die ersten verblühten Rosen abzuschneiden. Sie schien sehr in ihre Arbeit vertieft zu sein, denn ihr hübsches Gesicht war entspannt und irgendwie abwesend.
"Hallo, haben Sie einen Moment Zeit?", rief Melanie und hoffte, jetzt keinen Fehler zu machen. "Ich bin Ihre neue Nachbarin und würde Sie gern kennen lernen."
Die blonde Frau zuckte erschrocken zusammen und drehte sich um. Dann lächelte sie und kam näher, zog die Gummihandschuhe aus und reichte Melanie die rechte Hand. "Ich bin Stefanie Guske. Ich lebe mit meinem Vater hier in diesem Haus und hoffe, dass wir eine gute Nachbarschaft haben werden."
"An mir soll es nicht liegen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns mit der Zeit näher kennen lernen könnten. Mein
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