Vertrau mir deine Sehnsucht an (Der romantische Liebesroman) (German Edition)
können. Tims Vorwürfe waren jedenfalls unberechtigt und herzlos.
"Es tut mir Leid, Mami", sagte Tim wenig später. Schuldbewusst war er seiner Mutter ins Haus gefolgt. "Das hätte ich nicht sagen dürfen. Papa war ja nicht immer so. Er ist erst so geworden, als er seine Arbeit verloren hatte. Aber inzwischen hat er wieder Arbeit, viele Jahre schon, aber geändert hat er sich deshalb nicht mehr", trumpfte er zornig auf. "Deshalb kann er mir für alle Zeiten gestohlen bleiben."
"Mir auch, Timmy, mir doch auch", schluchzte Melanie und nahm ihren Sohn ganz fest in die Arme. "Aber wir beide halten zusammen, was auch kommt. Versprochen?"
"Versprochen", antwortete der Zwölfjährige und blinzelte hastig die Tränen weg, die ihm gerade in die Augen stiegen. Mit zwölf Jahren durfte man nicht mehr weinen, wenn man einmal ein Mann werden wollte. Aber ein bisschen traurig sein, das war schon noch erlaubt.
* * *
Im Schein der untergehenden Sonne wirkte die dunkle Silhouette des Rollstuhls richtig gespenstisch. Eine reglose Gestalt kauerte in dem Gefährt, das schon seit Stunden auf dem gepflegten Rasen stand. In der alten Eiche zwitscherte noch ein einzelner Vogel und begrüßte die aufsteigende Nacht.
"Willst du nicht endlich hereinkommen, Vater? Wenn es dunkel ist, wird es ziemlich rasch abkühlen. Dann erkältest du dich bloß wieder." Eine besorgt wirkende junge Frau trat auf den Mann im Rollstuhl zu und legte eine Hand auf dessen magere Schulter.
"Lass mich zufrieden, Stefanie!", herrschte er sie an. "Ich weiß selbst, was für mich gut ist. Du sollst mich nicht bevormunden. Außerdem stört es mich nicht, wenn ich richtig krank werde und sterben darf. Dann wirst du endlich deine lang ersehnte Freiheit zurückbekommen, und ich habe meine Schuld abgearbeitet."
gehabt hättest. Du weißt doch, dass ich dich über alles liebe." Ihrer Stimme bebte vor unterdrücktem Zorn.
"Ist ja schon gut, Kind." Der Behinderte lenkte erschrocken ein. Fast hätte man glauben können, er hätte es darauf angelegt, seine Tochter zur Verzweiflung zu bringen und würde erst jetzt die möglichen Folgen erkennen. "Wenn es dir also so wichtig ist, dann schieb mich nach drinnen. Es ist ohnehin gleichgültig, wo ich meine Zeit verbringe. Im Haus ist alles genauso sinnlos wir draußen im Garten." Er wirkte verbittert.
Stefanies Herz krampfte sich vor lauter Mitleid zusammen. Sie griff nach der Lehne des Gefährts und schob es vorsichtig vor sich her. "Schau nur, Vater wie schön dieses Jahr die Rosen blühen. Ich habe sie heute Vormittag gerichtet. Dieses Jahr brauchen wir Sie nicht einmal zu spritzen. Nicht eine einzige Laus konnte ich entdecken. Ich bin ganz glücklich, dass uns das Ungeziefer bis jetzt noch verschont hat."
Martin Guske lächelte freudlos. "Früher habe ich das immer erledigt, bis ich unbedingt diesen Auftrag annehmen musste. Vor sechs Jahren ging mein Leben zu Ende."
"So darfst du nicht reden, Vater." Stefanie unterdrückte die aufsteigenden Tränen. "Du kannst noch immer alles unternehmen, was dir in den Sinn kommt, das du im Sitzen verrichteten kannst."
"Lass es sein, Mädchen, mir solch einen Schwachsinn einreden zu wollen! Was kann man schon tun, wenn man ständig auf die Hilfe anderer angewiesen ist? Von den manchmal unerträglichen Schmerzen ganz zu schweigen?" Seine Lippen wurden schmal, während er seine Tochter beobachtete, die die Wäsche schrankfertig zusammenlegte, die sie heute Morgen gewaschen und später dann gebügelt hatte.
"Die Ärzte wissen selbst nicht, weshalb du noch immer an den Rollstuhl gefesselt bist. Du hast unzählige Untersuchungen durchlaufen, doch bis jetzt konnte die Ursache für deine Behinderung noch nicht gefunden werden. Bitte, Vater, lass dich noch einmal in der Spezialklinik untersuchen, die Doktor Authenried dir so dringend empfohlen hat."
"Dieser junge Schnösel hat keine Ahnung", wehrte Martin Guske verächtlich ab. "Es kann noch nicht so lange her sein, dass er die Schulbank gedrückt hat. Und so einer will mir sagen, was ich tun soll? Er konnte nicht einmal seiner eigenen Frau helfen. Da siehst du es, Stefanie. Diese schlimme Geschichte ist sogar bis zu mir vorgedrungen." Sein Lachen klang freudlos. "Bemüh dich nicht, mein Kind. Ich muss mich damit abfinden, dass ich für den Rest meines Lebens dir zu Last fallen werde. Wenn du es nur noch eine Weile mit mir alten Griesgram aushältst, ehe du mich in ein
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