Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)
Jahre alt, stattlich, recht korpulent, blond, mit gezwirbeltem Schnurrbart und einem ins Rötliche gehenden Spitzbart, großen, hellblauen Augen und einer kräftigen, gebogenen Nase; ein intelligenter, eifriger und rastloser Mann, immer in Bewegung, immer unterwegs, der oft, lange und wohlgesetzt redete, wobei er lebhaft gestikulierte und den Kopf bekräftigend in einer heftigen Bewegung zurückwarf; in mehrfacher Hinsicht ein Realpolitiker und wie alle Realpolitiker hart und rücksichtslos; vorsichtig und berechnend als Stratege, aber aufgrund seines hitzigen Temperaments zu schnellen und jähen Umschwüngen neigend, was auf der persönlichen Ebene in einem cholerischen und heftigen Gemüt seinen Ausdruck fand; tief gläubig, aber auch von der gotischen Geschichtsschwärmerei beeinflusst, mit allem, was das an Vorstellungen von der einstigen Macht und Ehre des Svea-Reichs umfasste; bei den Turnierspielen, die aus Anlass seiner Krönung 1617 abgehalten wurden, war er als der Gotenkönig Berik verkleidet aufgetreten, jene Sagengestalt, die sich im Jahr 836 nach der Sintflut von übel gesinnten Nachbarn bedroht fand, aber mit einer Flotte über das Meer segelte und Pommern, Polen und Mecklenburg und nicht zuletzt das wertvolle Ulmerugien eroberte. Natürlich haben ihm auch solche Bilder vorgeschwebt, als der große Beschluss gefasst wurde.
Er war ein außerordentlich tüchtiger Militär, der alle Seiten des Kriegshandwerks perfekt beherrschte – unter anderem war er ein guter Kanonier –, dem das Leben im Feld zusagte und der nie davor zurückschreckte, sich in einen Kampf zu stürzen. Im Gegenteil, zuweilen legte er einen Eifer an den Tag, der an Tollkühnheit grenzte – das sollte eines Tages sein Tod werden. Während des eben abgeschlossenen Feldzugs in Preußen war er auch zweimal verwundet worden: das erste Mal im Mai 1627 , als er an einem gescheiterten Angriff über die Weichsel am Danziger Haupt teilnahm und sein Ruderboot von polnischem Feuer getroffen und er an der Seite verwundet wurde. Danach im August des gleichen Jahres während einer Schlacht bei Dirschau, als er sich in der vordersten Linie befand und eine Musketenkugel ihn traf, «zwei Fingerbreit von der Kehle am Hals auf der rechten Seite, so daß das Geschoß über das Schlüsselbein ging und hinten über dem Schulterblatt in den Muskeln steckenblieb, so daß der Arm in die Höhe fuhr». Aber all seiner sprühenden Kampfeslust zum Trotz war er sich auch des Elends des Kriegs und aller seiner moralischen Probleme voll bewusst. Er hatte alles mit eigenen Augen gesehen und war mehr als einmal selbst vom Blut Gefallener bespritzt worden. Der Krieg, schrieb er einmal, ist «nicht ein Strom oder ein See, sondern ein Meer alles Bösen».
Die Formel, zu der er und sein Rat griffen, als sie nun den Krieg vor dem Ausland und vor den eigenen Untertanen rechtfertigen wollten, lautete, dass das Eingreifen sowohl ein schwedischer Verteidigungskrieg, ausgelöst durch die Bedrohung durch den Kaiser, als auch ein rechtmäßiger Interventionskrieg sei, in den man eintrete, um den unterjochten Protestanten in Deutschland zu Hilfe zu kommen. Die religiösen Motive waren nie ausschlaggebend, aber ohne Zweifel gehören sie als wichtige Triebkraft, von der abzusehen in diesem tief gläubigen Zeitalter unmöglich ist, mit ins Bild. (Die Zeitgenossen nahmen diese Motive sehr ernst. So schlossen sich später, nach der schwedischen Landung, große Scharen von Exulanten – also landflüchtige böhmische Protestanten – den schwedischen Truppen an.) In allen protestantischen Ländern bestand große Furcht vor Rekatholisierung und Papismus. Die schwedischen Staatsinteressen und die religiösen Interessen waren ebenfalls eng verflochten; ein auf theologischem Grund ruhender Staat wie der schwedische konnte nicht umhin, sich durch religiöse Umwälzungen in den Nachbarländern ernsthaft bedroht zu sehen. So gesehen war es auch ein Kampf für den protestantischen Glauben.
Im Juni 1629 wurde diese Formel auf einem Reichstag in Stockholm ausprobiert, und es zeigte sich, dass sie den gewünschten Erfolg hatte: Der König bekam das Geld, das er haben wollte, um den Krieg gegen den Kaiser führen zu können. Gustav Adolf war jedoch gezwungen, mit seiner Expedition zu warten, bis der Waffenstillstand mit Polen unter Dach und Fach war. Die Kriegspläne wurden bei einem Ausschusstreffen, das Ende Mai 1630 abgehalten wurde, erneut gutgeheißen. Die Stände bekräftigten dabei, dass
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