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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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nach, und als die Husaren dazu noch einem peitschenden Musketenfeuer von der Seite ausgesetzt wurden, machten sie im Pulvernebel kehrt. Ohne Unterstützung der Kvartianer – deren Ansturm von einem schwedischen Gegenstoß, der sie in die Flanke traf, gestört worden war – zogen sie sich ungeordnet zurück. Als ein buntes Gewimmel verschwanden sie, zurück zu den Sandhügeln, wo die brausende Flut von Menschen und Pferden sich in kleinere Ströme teilte und außer Sichtweite verrann.
    Der Angriff, der nur ein paar kurze Minuten gedauert hatte, war vorüber.
    Zurück blieben rund 150 Husaren, die getötet oder verwundet worden waren, und eine große Menge ihrer schönen und wertvollen Pferde. Die schwedischen Verbände schlossen zueinander auf und formierten sich wieder in Schlachtordnung. Die durchbrochene Linie verdichtete sich aufs Neue zu einer lückenlosen Mauer. Die Krise war vorüber. Zumindest für den Augenblick. Die Husaren, das Beste, was Polen ins Feld führen konnte, waren gescheitert. In der folgenden Stunde wurden weitere Angriffe gegen verschiedene Teile der alliierten Linie vorgetragen. Polnische Reiterei rollte heran wie schnelle Gezeitenwellen: Ein paar schnelle Salven und ein paar hastige Stöße mit Lanze oder Degen, und dann flutete die Gezeitenwelle wieder zurück. Alle Angriffe prallten ab, und keiner von ihnen stieß so weit vor, wie es den Husaren bei ihrem ersten Schock gegen den linken Flügel gelungen war. An einigen Punkten kam es zu kurzen, doch ergebnislosen Nahkämpfen. Die schwedischen und brandenburgischen Soldaten machten meistens keine Gefangenen – die Feinde, die sich zu ergeben versuchten, wurden mit dem Ruf «Warschauer Akkord» getötet, was darauf anspielte, dass eine Reihe schwedischer Gefangener bei der Kapitulation Warschaus getötet worden waren. Es waren grausige Begegnungen, diese chaotischen Treffen, bei denen die Leute mit Pistolen schossen und mit scharf geschliffenen Säbeln und Degen aufeinander einhackten, -hieben und -schlugen. (Man kann sich leicht das Ergebnis eines solchen Kampfes mit blanken Waffen vorstellen; erschöpfte Männer mit vor Schreck geweiteten Augen reiten davon, Gesichter und Kleider verwüstet, einige mit blutenden Händen, nachdem sie versucht haben, sich gegen sausende Hiebe zur Wehr zu setzen: die Handflächen zerschnitten von tiefen Wunden, so tief, dass die Knochen hervortreten, die Finger abgehackt und baumelnd.)
    Bei einem dieser Nahkämpfe war der König nahe daran, sein Leben zu verlieren. Während eines Kampfes erblickte nämlich einer der polnischen Husaren, ein Jakub Kowalski, Karl Gustav, der im vordersten Glied ritt. Der Husar folgte ihm mit dem Blick. Der König hatte die Gewohnheit, die rechte Hand mit dem Degen und dem Zügel hoch in die Luft zu halten, und als er einem Reiter im Glied zu nahe kam, blieb der Zügel an dessen Pistole hängen. Das Pferd des Königs, «ein apfelgrauer Engländer», wurde irritiert und bäumte sich auf. In diesem Augenblick gab Kowalski seinem Pferd die Sporen und warf sich mit gesenkter Lanze in dem staubigen Wirrwarr nach vorn. Der Stoß traf Karl Gustav gegen die Brust, in Höhe des Halses. Der Harnisch des Königs verhinderte jedoch, dass er eindringen konnte. Im Gedränge setzte Karl Gustavs Leibknecht Bengt Travare schnell seine Pistole gegen die Seite des Polen und drückte ab. Kowalski wurde vom Pferd geschleudert.
    Überall auf dem Schlachtfeld wiederholte sich das schon bekannte Muster: Die Polen ritten tapfer an, wurden aber von heulenden Garben von Kugeln und Schrot begrüßt und mussten hübsch umkehren. Die Rufe der Polen, ihre schmucken Pferde und flatternden Tigerfelle halfen wenig gegen den maschinenmäßigen Drill und die mörderische Feuerkraft der Schweden und Brandenburger. Als sich der Staub legte und der übel riechende Pulverdampf in dem warmen Wind verweht war, konnten die alliierten Soldaten immer mehr tote und verwundete Polen auf den Feldern verstreut liegen sehen, umgeben von Blutlachen, Waffen, zuckenden Pferdekörpern und gestürzten Kadavern.
    Die polnischen Truppen zogen sich entmutigt und zusammengestaucht in der Nachmittagssonne zurück, hinter die Sandhügel, wo sie in Verteidigungsstellung gingen und Verstärkungen heranholten. Nun war es an den Alliierten, zurückzuschlagen.
    Um sich eine eigene Auffassung vom Zustand des Heeres zu bilden, ritt Karl Gustav an den aufgestellten Verbänden entlang. Um für den folgenden Tag die bestmögliche Ausgangslage zu

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