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Verwüstung

Verwüstung

Titel: Verwüstung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. J. MacGregor
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letztendlich nehmen würde. Was war, wenn sie weggingen, nur um dann festzustellen, dass der Sturm genau dorthin kam, wo sie waren?
    Wenn du vor dem fliehst, was dir Angst macht, folgt es dir. Eines von Nadines Axiomen. Und wenn es um Hurrikans ging, hatte Mira das Gefühl, dass das stimmte. Als die Vorwarnung für Andrew ausgesprochen worden war, war er kurz vor einer Kategorie fünf, mit Windgeschwindigkeiten über 225. Tausende von Leuten von den Keys waren bis Palm Beach geflohen und hatten augenblicklich die I-95 und den Florida Turnpike in einen Hunderte von Kilometern langen Fluss aus Chrom, Stoßstange an Stoßstange, verwandelt. Manche von ihnen waren vierzehn Stunden unterwegs gewesen, und wenn Andrew größer gewesen wäre, hätte er viele von ihnen erwischt.
    Plan C?
    Sie hatte keinen Plan C.
    Klopfen an der Badezimmertür. »Mom«, rief Annie.
    »Scheiße«, murmelte Mira. Sie drehte die Dusche ab, trat hinaus auf die Matte. »Was ist?«
    »Der Zentraldruck dieses Sturms ist 931. Andrews war 922.«
    Toll, ganz toll. »Zieh dich an. Wir fahren zum Geldautomaten und dann zu Winn Dixie, Wasser und Tierfutter kaufen.«
    Sollte sie Nadine wecken?
    Nein, lass sie schlafen.
    Fünf Minuten später saßen sie, Annie und Ricki in Sheppards Wagen, dem Jetta, den Schlüssel in der Zündung, doch Mira drehte ihn nicht um. Sie verspürte ein tiefes Zögern, ihre Hände auf das Steuer zu legen. Immerhin verbrachte Sheppard viel Zeit in diesem Wagen, mit den Händen auf dem Lenkrad. Obwohl es mit Leder ausgestattet war, was normalerweise kein guter Leiter für psychische Energie ist, konnte doch fast jedes Material Emotionen speichern, vor allem, wenn sie sich über längere Zeit ansammelten. Aber da sie nirgendwo hinkäme, ohne das Lenkrad anzufassen, hob sie schließlich ihre rechte Hand und legte ihre Finger darum. Nichts. Jetzt die linke.
    Alles in Ordnung.
    Sie ließ den Wagen an und setzte rückwärts aus der Auffahrt. Als sie auf der Old Post Road nach Norden fuhren, kamen Bilder, aber nichts Überraschendes oder Schreckliches, nichts, was sie ablenkte. Es waren Szenen aus Sheppards Alltag, Musik, die er auf dem Weg zur oder von der Arbeit spielte, er und sein Partner, John »Goot« Gutierrez, lachten, dann erschien Sheppard mit ihr und Annie, Sheppard mit Ricki. Alltag. Kein Unfall. Kein umstürzender Baum. Kein entsetzlicher Sturm.
    Es schien, als hätten sie, indem sie die Wagen tauschten, tatsächlich die Zukunft verändert.
    Aus Erfahrung aber wusste sie, wenn sie ein Detail in etwas änderte, das sie gesehen hatte, bildete sich ein alternativer Weg. Nicht immer, aber oft genug. Sie hätte ihren Lieferwagen mit ihm darin lesen sollen, bevor er losgefahren war.
    »Wie viel Geld können wir abheben?«, fragte Annie.
    »Fünfhundert pro Mal.«
    »Das reicht nicht, Mom. In den Tagen nach Andrew …«
    Annie, die Andrew-Expertin. »Schätzchen, ich habe noch Geld zu Hause und im Ladensafe. Fünfhundert ist genug.«
    Die Bank war leer. Keine Überraschung. Um diese Zeit schliefen die meisten normalen Menschen. Sie steckte ihre Karte in den Schlitz, begann, ihre Geheimzahl einzugeben, und da geschah etwas: Die Bank, der Geldautomat, Annie, die Hündin verschwanden …
    Feuer, Sirenen, Rauch in der Luft. Häuser brennen, Bäume brennen wie Papier, Gärten, die Trockenheit hat alles in Zunder verwandelt, es geht in Flammen auf. Sie wendet sich ab von dem Entsetzlichen und findet sich in einem Parkhaus. Ein Fahrzeug setzt aus einem Parkplatz zurück, und als es an ihr vorbeifährt, erhascht sie einen Blick auf den Fahrer, er trägt eine Baseballkappe und eine Brille …
    Die Ader versiegte so plötzlich, wie sie zu sprudeln begonnen hatte, und Annie sagte: »Mom? Hey, das Geld ist da. Mom.«
    Mira kniff die Augen zu, öffnete sie wieder, nahm das Geld, ihre Karte, die Quittung und fuhr dann weiter, ein Teil ihres Bewusstseins verblieb immer noch in jenem Parkhaus, der Gestank von Rauch und Feuer klebte in ihren Nasenlöchern. Sie nieste.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Annie besorgt.
    »Äh, ja, klar.«
    Aber was zum Teufel ist da gerade passiert?

2
    Die Notbeleuchtung des Gefängnisses tauchte einen Ort, der aussah, als wäre eine Sprengladung hochgegangen, in einen surrealen Schein. Man kannte so etwas über Satelliten- TV aus Israel oder Bagdad. Kleine Bächlein, von denen Sheppard vermutete, dass sie von den Deckensprinklern stammten, sickerten durch den Dreck und verwandelten den Staub in Matsch, den Matsch in

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