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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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bei dem einen oder anderen Menschen eine innere Saite zum Klingen gebracht, ein diffuses, unnennbares Gefühl der Wertlosigkeit des eigenen Lebens, und derjenige wurde dann übermannt von seiner Verzweiflung.“
    Es herrschte Schweigen am Tisch. Harald fühlte Angelikas Blick, wagte aber nicht, sie anzusehen. Dachte sie daran, wie er in ihren Armen wegen der Gefühle und Erinnerungen, die durch die Musik hervorgerufen worden waren, geweint hatte? Ihm stand wieder alles so vor Augen, als sei es gestern gewesen.
    Kai begann, Harald über seine Reise nach Island Fragen zu stellen.
    Schließlich schaltete Herbert sich ein. „Wenn dich das so interessiert, Kai, warum machst du dann nicht selbst eine Reise nach Norwegen oder Island? Die Semesterferien sind schließlich lang genug, und dein Geburtstagsgeschenk von mir ist auch noch offen. Bis jetzt hast du mir ja keinen Wunsch nennen können. Das wäre doch etwas.“
    „Wäre schon prima. Aber allein?“ Er sah Harald an. „Vielleicht könnten wir beide...“
    „Du solltest Harald nicht so bedrängen“, mischte sich nun Angelika ins Gespräch.
    „Und du sag mir nicht, was ich tun oder lassen soll!“ fuhr Kai sie an.
    Angelika erwiderte nichts. Es war das erste Mal, dass Harald eine Unstimmigkeit zwischen Mutter und Sohn mitbekam. Ihm wurde das jetzt alles zu viel. Der Druck in seiner Brust hatte zugenommen. Er wusste auch nicht, was Kai eigentlich von ihm wollte. Ihm war nur klar, dass es um mehr ging als das Reisen. „Es werden sich schon Reisegenossen für dich finden. Es gibt ja auch noch diese Gruppenreisen für junge Leute“, murmelte er und sah demonstrativ auf die Uhr. „Es ist schon spät. Ich bin es gewohnt, mit der Sonne aufzustehen und abends früh schlafen zu gehen, und deswegen würde ich jetzt gerne gehen.“ Er stand auf. „Vielen Dank, Kai, dass du mich zu deiner Premiere eingeladen hast, und vielen Dank, Herbert, für die Essenseinladung.“ Er umarmte Katja und Kai und gab Angelika und Herbert förmlich die Hand. Bevor noch irgendeiner etwas sagen konnte, verließ er den Tisch Richtung Ausgang. Kai folgte ihm jedoch und hielt ihn auf. „Warum haust du denn schon ab?“
    „Du bist so aggressiv gegen Angelika. Hat das etwas mit mir zu tun?“
    Kai gab keine Antwort.
    Harald sprach leise, aber bestimmt. „Hör zu Kai. Ich mag dich wirklich sehr, Du bist ein netter Bursche, und ich freue mich schon auf deinen Besuch. Aber meine Beziehung zu Angelika geht dich nichts an. Sie hat die Beziehung beendet, weil ich ein egoistisches Arschloch war. Ich habe ihr ziemlich wehgetan, und ich glaube nicht, dass sie es gebrauchen kann, wenn du dich gegen sie stellst.“
    „Sie hätte dir sagen müssen...“
    „Es geht dich nichts an, Kai.“ Als er sah, dass Kai verletzt war, sagte er: „Mensch Kai. Ich wäre froh gewesen, wenn ich solch eine Mutter gehabt hätte. Euch an diesem Samstag zusammen zu erleben... das war … das war... wunderschön, aber ich habe dich auch beneidet. Verstehst du?“ Als Kai nickte, legte er ihm die Hand auf die Schulter und sagte: „Ruf mich an, wann du mich besuchen willst. Aber lass dir nicht mehr allzu lange Zeit. Ich werde bald für eine Weile weg sein.“ Er wandte sich zum Gehen und war schon fast beim Ausgang, als er Kai hinter sich rufen hörte: „Wohin gehst du?
    Er drehte sich um, winkte noch einmal und rief: „Nach Kenia.“
    Als er am anderen Morgen nach einer unruhigen Nacht im Frühstücksraum der Pension mit Katja am Tisch saß, fragte sie ihn. „Hast du wirklich zu Kai gesagt, du hättest dich bei Angelika wie ein egoistisches Arschloch verhalten?“
    Harald seufzte: „Musste er das unbedingt ausplaudern?“
    Katja lächelte. „Er ist eben noch jung und schwärmt für dich.“ Sie goss erst ihm und dann sich selbst Kaffee nach.
    „Ich habe ihm gesagt, er sollte sich da nicht einmischen.“
    „Weißt du, Kai kommt nicht besonders gut mit seinem Vater zurecht und...“
    Harald ließ sein Brötchen sinken. „Willst du damit sagen, dass er in mir eine Art Vater sucht?“ fragte er ungläubig.
    „Vielleicht nicht einen Vater, aber... einen väterlichen Freund.“
    Harald grunzte. „Na klasse!“ Er rieb sich über die Stirn. „Na, jedenfalls werde ich ihn nicht nackt malen oder mit ihm ins Bett gehen.“
    „Du bist also doch nicht über sie hinweg?“
    „Es wäre besser, wir würden dieses Thema lassen.“ Er biss in sein Brötchen. Als er zu Ende gegessen hatte, fragte er: „Weiß Angelika, dass Kai

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