verwundet (German Edition)
Geburtstag wirklich nicht verderben.“
Herbert schüttelte den Kopf. „Um mich geht es nicht. Ich will gern zugestehen, dass es von Angelika nicht sehr klug war, dich nicht über unsere frühere Beziehung aufzuklären. Aber das gibt dir nicht das Recht, so dermaßen ausfallend zu werden.“
„Ich weiß selbst, dass es nicht richtig war. Das brauchst du mir nicht zu sagen.“
„Und wieso entschuldigst du dich dann nicht?“
„Zu gegebener Zeit werde ich das schon noch tun“, sagte er schroff. „Misch dich bitte nicht ein.“
Herbert wollte etwas erwidern, als er Angelika auf sie zusteuern sah. „Na, meine Hübsche. Wie gefällt dir dein schauspielernder Sohnemann?“
Ihr Blick ging zwischen Harald und Herbert hin und her. „Vielleicht bilde ich es mir als liebende Mutter ja nur ein, aber ich glaube, er hat Talent.“
„Das hat er ohne Zweifel. Mich müsst Ihr jetzt mal entschuldigen. Ich will auch noch austreten.“
Harald sah sich plötzlich allein mit Angelika. Sie standen voreinander, als seien sie Fremde, die man einfach sich selbst überlassen hatte, ohne sie einander vorzustellen. Schließlich gab Harald sich innerlich einen Schubs. Er trank einen Schluck seines inzwischen schal gewordenen Sekts, bevor er Anlauf nahm. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen.“
Ihr Blick war nun nicht mehr gleichgültig, sondern kühl. „Hat Herbert dir das eben gesagt?“
„Ich mache es, weil ich es will, und nicht, weil es mir irgend jemand sagt.“ Sein Ton war bestimmt. Er sah Zweifel in ihren Augen. „Es tut mir wirklich leid.“ Er schloss kurz die Augen, um sich Frau Donners Gesicht zu vergegenwärtigen, mit der er oft über seine Angst vor einer Begegnung mit Angelika gesprochen hatte. Seien Sie einfach ehrlich , hatte sie ihm geraten. Er öffnete seine Augen wieder und traf auf Angelikas unzugängliches Gesicht. „Du bist klug genug, um zu wissen, dass ich maßlos eifersüchtig war. Ich dachte, dass ich für dich so wenig Bedeutung hatte und dass ich dir so wenig wert wäre, dass du mir nicht einmal gesagt hast, dass Herbert für dich mehr als nur ein väterlicher Freund war. Die Bilder zu sehen war ein Schock für mich. Schließlich sieht man auf diesen Leinwänden nicht nur deinen Körper, sondern man spürt deine selbstverständliche Ungezwungenheit, Eure Vertrautheit, und ich fühlte mich ausgeschlossen.“ Er suchte nach Worten, die es ihm ermöglichen würden, sie davon zu überzeugen, dass er seine Fehler und Schwächen erkannt hatte. „Hatte ich sowieso schon meine Zweifel gehabt, dass ich für dich auf Dauer interessant sein könnte, war mir spätestens jetzt klar geworden, dass ich gegen einen Riesen wie Herbert nicht würde ankommen können. Wie konnte ich als kleiner Tierpfleger schon gegen ihn, gegen seine Lebenserfahrung, gegen seine Kunst und gegen Eure gemeinsame Vergangenheit und Gegenwart ankommen? Was hatte ich schon dagegenzusetzen?“ Er schwieg kurz und fuhr dann fort: „Ich habe damals gedacht, dass ich dir nichts zu bieten hätte, dass ich deiner Liebe nicht würdig sei, dass ich dir im Grunde genommen nicht das Wasser reichen konnte, Dir mit deinem Wissen, deiner Reife, deiner Lebendigkeit, deiner Fröhlichkeit, deinem Selbstbewusstsein.“ Er stoppte sich, denn Angelika blickte ihn aufmerksam an. Ihr Gesicht hatte sich verändert. Es war, als hätte man bei einem Haus die Rolläden geöffnet. Er wich ihrem Blick nicht aus, und seine Stimme war leise und ruhig, als er weiter sprach: „Bist du einmal auf den Gedanken gekommen, dass man sich neben dir schrecklich winzig vorkommen könnte? Ich mit meinen ganzen seelischen Blessuren, mit meinen unverarbeiteten Erlebnissen, mit meiner Unfähigkeit, meine Gefühle zu artikulieren, mit meiner Angst, dich zu verlieren, mit meiner Angst vor irgendeiner Bindung, in der ich wieder nur ein Bittsteller sein würde? Denn diese Furcht hatte ich, weil ich es als Kind so gelernt hatte. Wie sollte ich mich nicht klein neben dir fühlen, neben dir, die du täglich Menschen analysierst und ihnen hilfst, sie selbst zu werden? Du bist eine gestandene Frau, ich hingegen war mir immer wie ein unreifer Junge vorgekommen.“ Er hielt inne. „Na ja, damals war ich das ja auch. Ich…“ Der Gong, der das Ende der Pause einläutete, unterbrach ihn. Er drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus, bevor er sich ihr wieder zuwandte. „Das soll allerdings keine Entschuldigung für mein Verhalten sein. Es tut mir wirklich aufrichtig leid, dass ich
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