Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
Vom Netzwerk:
sagte er: „Entschuldige mich bitte.“ Er ließ sie stehen und ging zur Toilette. Es war besser für ihn, wenn er etwas Abstand hielt. Er ertrug ihre Augen nicht. Nie wieder würden sie ihn zärtlich ansehen, und er würde sie nie wieder berühren. Es war Zeit, dass er ging.
    Als er die Toilette verließ, kam Katja auf ihn zu. „Wir gehen jetzt noch etwas essen. Herbert lädt uns ein.“ Heftig schüttelte Harald den Kopf.
    „Aber das kannst du Kai nicht antun.“
    „Verdammt, Katja! Meinst du, ich stecke das alles so einfach weg? Die ganze Stimmung ist angespannt, und ich will Kai den Abend nicht verderben.“
    „Also ich finde die Stimmung überhaupt nicht angespannt. Im Übrigen wirkst du echt locker und entspannt und kein bisschen so, als ob du dich nicht wohl fühltest. Und Kai freut sich doch auch so. Er wollte unbedingt , dass du kommst.“ Sie hängte sich bei ihm ein und zog ihn mit sich. „Ich werde quasseln wie ein Wasserfall.“ Da musste er lachen. „Das dürfte dir nicht schwer fallen.“
    „Och, duu!“ Sie gab ihm einen Nasenstüber. „Im Übrigen haben die beiden sich deinetwegen gestritten, nachdem du verschwunden warst.“
    Er blieb stehen. „Tatsächlich? Kai und Angelika?“
    „Ja. Ist vielleicht nicht ganz fair, dass ich dir das sage, aber es tut mir so leid, dass Ihr nicht mehr zusammen seid.“ Sie seufzte: „Kai hat ihr vorgeworfen, dass sie dich ins offene Messer hätte rennen lassen. Er an deiner Stelle wäre auch sauer gewesen. Er war der Meinung, sie hätte dich vorher aufklären sollen, zumal, wenn du schon...“ sie hielt inne.
    „Nun kannst du den Rest auch noch rauslassen.“ Zögernd fuhr sie fort: „Zumal, wenn du sowieso schon so ein unsicherer Mensch wärst.“
    „Na prima! Ein Zwanzigjähriger, der mich analysiert“, stöhnte Harald.
    „Kai bewundert dich wegen deiner Arbeit und deiner Reisen, aber bitte verrate mich nicht“, bat Katja und zog ihn weiter.
    Er schüttelte den Kopf. „Werde ich nicht.“
    Auf dem Weg zur Garderobe sah er die anderen, die auf sie warteten. Kai trug seine Dreadlocks wieder offen. Auf der Bühne hatte er sie mit einem Band im Nacken zusammengefasst.
    Als sie in einem griechischen Lokal Platz gefunden und bestellt hatten, stellte Kai ihm viele Fragen zu seiner Reise nach Norwegen. Er ahnte anscheinend nichts von der Bedeutung, die die Reise hatte. Ganz offensichtlich hatte Angelika ihm das Reisetagebuch nicht gezeigt. Katja versuchte wie immer, ihm aus der Patsche zu helfen. Sie probierte mehrmals, das Thema zu wechseln, aber ohne großen Erfolg. Man merkte, dass Kai ein großer Anhänger des Nordens und begierig war, mehr über Haralds Erfahrungen zu hören. Der Ober unterbrach das Gespräch, indem er die Speisen servierte. Eine Zeit lang war jeder mit seinem Essen beschäftigt. Als der Ober das leere Geschirr abgeräumt hatte, begann Kai, Harald über seine Arbeit auszufragen. Harald erzählte bereitwillig, froh, dass es ein Thema gab und nicht das gleiche angespannte Schweigen am Tisch herrschte wie noch ein paar Stunden vorher, als sie im Theater gesessen und auf die Aufführung gewartet hatten.
    „Wieso schreibst du eigentlich nicht ein Buch über Vögel oder über deine Reisen?“ fragte Kai.
    Harald schielte nach Angelika, die ihm das auch schon anlässlich seines Reisetagebuches vorgeschlagen hatte. Ihre Augen ließen nicht erkennen, was sie dachte. „Vielleicht werde ich das eines Tages sogar tun.“
    „Du lebst ja sehr mit und in der Natur. Was machst du, wenn du nicht arbeitest?“ fragte Katja.
    „Ich habe mir Bücher und meinen Schallplattenspieler mitgenommen.“
    Kai nickte. „Ach ja, die Musik. Ich war gestern mit Sabrina im Konzert. Ravels Bolero . Geht einem ganz schön unter die Haut.“
    „Stimmt“, sagte Harald. „Als mein Vater mir einmal die Platte vorgespielt hat, hat er mir erzählt, dass sich nach der Uraufführung viele Menschen das Leben genommen haben sollen, weil die Musik sie so aufgewühlt hat. Einige sollen sogar aus dem Fenster gesprungen sein.“ Er hob kurz die Hände. „Ich weiß allerdings nicht, ob das stimmt und woher er die Information hatte.
    „Na ja“, sagte Kai, „aber sich deswegen gleich umzubringen?“
    „Bei depressiven Menschen kann sich die Musik bestimmt so auswirken“, erwiderte Harald. „Musik kann ja genauso wie gute Literatur in unsere Seele eindringen, Gefühle berühren, unterdrückte oder auch bewusste, schöne oder auch schmerzhafte. Vielleicht hat der Bolero

Weitere Kostenlose Bücher