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Verzeihen ist immer moeglich

Verzeihen ist immer moeglich

Titel: Verzeihen ist immer moeglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Jakoby
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Wenn wir uns in unserem Alltagsleben immer wieder darauf einüben, brauchen wir das Sterben nicht zu fürchten.
    Der Sinn des Leidens
    Den meisten Menschen bleibt es nicht erspart, leidvolle Erfahrungen in ihrem Leben zu machen. Das gehört einfach zu unserem Leben dazu. Nur der Mensch ist fähig, bewusst zu leiden. Allerdings können wir dem Schmerz gegenüber eine bestimmte Haltung einnehmen und das Leiden annehmen oder uns dagegen auflehnen. Dabei verkennen wir, dass Leiden uns bereichern kann. So mancher wächst dadurch über sich selbst hinaus. In diesem Sinn ist Leiden eine tiefe Selbsterfahrung, die uns mit unserem inneren Kern und schöpferischen Potenzial in Verbindung bringen kann und zu mehr Mitgefühl führt mit uns selbst und anderen. Wir haben die Wahl, das Leiden anzunehmen oder daran zu verzweifeln oder sogar daran zu zerbrechen.
    Seelisches Wachstum, Reifung sowie die Erfahrung, im tiefsten Inneren geborgen zu sein, lässt uns erkennen, dass nur bedingungslose Liebe wirklich zu heilen vermag. Für sehr viele Menschen stellt eine schwere Krankheit, der sie sich stellen müssen, einen Wendepunkt im Leben dar. Sie sind dann nicht mehr dieselben Menschen, die sie vorher waren. Wer den Schmerz oder die Krankheit annehmen kann und hindurchgeht, kommt mit seiner inwendigen Kraftquelle in Berührung. Dadurch wird es möglich, die Herausforderung zu überstehen und daran zu wachsen.
    Nicht von ungefähr haben wissenschaftliche Forschungen bei Menschen nach einer Nahtoderfahrung erhebliche Persönlichkeitsveränderungen festgestellt. Die Konfrontation mit dem Tod und dem Zentrum der tiefsten Angst ins Gesicht geschaut zu haben verändert den Erlebenden. Er hat die persönliche Erfahrung gemacht, Teil eines größeren Ganzen zu sein. Der Nahtoderfahrene weiß, dass der Tod eine Illusion ist. Dadurch verändert sich die Sichtweise auf das Leben dramatisch: Es ist das Ende der Angst!
    In den Tagebuchaufzeichnungen einer unheilbaren Krebspatientin heißt es:
    »Es hat mich erwischt, es ist endgültig. Warum gerade ich? Das Leben ist so schön für mich, soll es zu Ende sein? Der gepeinigte Leib – früher wusste ich nicht, was das heißt. Die Bäume, diese verfluchten Bäume! Sie werden im nächsten Frühling wieder blühen, und ich? Meine Kinder und mein Mann, wie werden sie es bewältigen? Friede ganz tief innen kostbar.« 5
    Der seelische Reifungsprozess der Frau besteht in der Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass die Zeit des Abschieds nahe rückt. Schwerkranke wollen dem Schmerz auf den Grund gehen und nach Ursachen im eigenen Leben forschen. Wer sich selbst hinterfragt, um herauszufinden, welche mögliche Botschaft hinter dem Schmerz liegt, wird mitunter Heilung erfahren.
    Heute werden allzu leicht körperliche oder seelische Symptome durch Tabletten oder Spritzen unterdrückt. Das Leiden wird von den Menschen nicht angenommen. Wir haben jedoch immer die Wahl, es als Möglichkeit des geistigen Wachstums zu betrachten, die Chance zu ergreifen, alte Muster aufzulösen oder die Lebensumstände als Zumutung zu verstehen. Letztlich veranlassen leidvolle Zustände zu einem heilsamen Aufarbeiten des eigenen Lebens. Wir werden bewusster und dankbarer, das Leben wird leichter.
    Wer die Erfahrung macht, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein, vermag dadurch demütiger und geduldiger zu werden und das Ego durch Dankbarkeit und Akzeptanz zu transzendieren. So mancher wächst über sich selbst hinaus. Das liegt auch daran, dass während einer schweren Erkrankung die sonst üblichen Ablenkungsmanöver nicht länger möglich sind. In einem Seminar sprach eine Frau von ihrem Erleben:

    »Ich erlitt einen schweren Hirnschlag und war daraufhin halbseitig gelähmt. Selbst mein Sprachzentrum war betroffen. Ich konnte es mir überhaupt nicht erklären, wie es zu dieser Situation kommen konnte. Ich habe immer gesund gelebt und nur der Stress in der Schule, an der ich als Lehrerin arbeite, konnte doch nicht so etwas herbeiführen. Doch da lag ich nun, bewegungsunfähig und fast sprachlos. Im Laufe einiger Wochen erkannte ich, dass ich nie wirklich Zeit für mich hatte und schon viel zu lange nur noch funktionierte für Familie und Arbeit. Jetzt war ich zum ersten Mal in meinem Leben auf mich selbst zurückgeworfen und wusste, dass ich mein Leben von Grund auf verändern muss. Das war ein langer schmerzhafter Prozess, doch heute fühle ich mich von altem Ballast befreit und arbeite nicht mehr so viel. Ich bin im Einklang

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