Verzeihen ist immer moeglich
verzeihen. Sie schaffte es noch mit siebzig Jahren, endlich ein ihr angemessenes Leben aufzubauen.«
Die Schuldgefühle in unserem Leben setzen sich von der Kindheit bis ins Erwachsenendasein fort. Sie hindern uns daran, der Mensch zu sein, der wir in Wirklichkeit sind. Schuldgefühle sind oft fordernd, kaum zu unterdrücken und wirken in letzter Konsequenz bestrafend, da wir uns selbst schaden. Wie viele Menschen glauben, Gott, der Gesellschaft oder der Familie niemals Genüge getan zu haben.
Gleichfalls können Schuldgefühle ein Kompass dafür sein, wenn etwas in unserem Leben falschläuft. Sie sind stets ein Spagat zwischen einer Handlung, die mit dem, was wir im Innersten glauben, nicht in Einklang steht. Deswegen gehört Schuld zur menschlichen Erfahrung an sich.
Mitunter versuchen wir bewusst, Schuldgefühle bei anderen zu wecken, um spezifische Reaktionen zu erzwingen. Viele Menschen glauben, dass sie die Aufmerksamkeit oder Liebe eines anderen gewinnen können, wenn sie ihn für ihre Aggressionen verantwortlich machen. Sie wünschen, dass sich die Person schuldig fühlt, um Gefühle und Zuwendung zu erzwingen, obwohl der andere das nicht empfindet. Gleichzeitig erhöht sich der innere Leidensdruck, wofür ebenfalls der andere verantwortlich gemacht wird.
Dieses permanente Egospiel von Aktion und Reaktion führt in immer tiefer werdende Verstrickungen. Wir sprechen den anderen schuldig für unser Leiden. Statt ihn anzunehmen, wie er ist, wird eine Scheinwelt aufgebaut aus Erwartungen und Bedingungen, die mit wahren Gefühlen nicht mehr das Geringste zu tun haben.
Aggression, Provokation oder Sich-vernachlässigt-Fühlen sind Reaktionen auf eine Situation, die nicht so ist, wie man es gerne hätte. Sie sind nach außen gerichtete Wünsche des Ego und halten den Betroffenen in einem permanenten Spannungsfeld von Wut und Enttäuschung, von Schuld und Übergriff. Wir bestrafen uns selbst, fühlen uns schuldig und machen gleichzeitig den anderen für unser Unglück verantwortlich.
»Elke musste sich mit der Tatsache abfinden, dass sich ihr Mann hatte scheiden lassen. Sie war noch viele Jahre später voll Wut und Zorn, da sie glaubte, ihren Mann immer noch zu lieben und dass er nur durch sie glücklich werden könnte, obwohl er längst wieder verheiratet war. Sie machte ihren Mann für ihre Depressionen und ihr Unglück verantwortlich, bis Elke eines Tages erkannte, wie sehr sie von ihren eigenen Erwartungen und Zwängen beeinflusst war. Das war das Ende der Schuldprojektionen und sie konnte sich endlich aus ihrem Schmerz befreien, der sie daran hinderte, wirklich zu leben.«
Oft entsteht ein perfider Kreislauf von unterdrückten Gefühlen und der Zwangsvorstellung, wie etwas zu sein hat. Das ist keine Liebe und führt in die Abgründe, sich selbst nicht annehmen zu können, zu einer Kränkung des Selbstwertgefühls. Unterschwellig wird der andere dafür schuldig gesprochen. Nur durch Vergebung und Selbstvergebung der eigenen Schuld kann der innere Frieden wiedererlangt werden.
Solange wir uns schuldig fühlen, bleiben wir in einem kleinkarierten Denken verhaftet und niedere Gedanken beherrschen unser Leben. Vergessen wir niemals, dass unser wahres höheres Selbst über allen weltlichen Schuldgefühlen steht. Wir sind nicht diese Schuldgefühle. Schuldgefühle lenken uns ab von der Liebe und der inneren Anbindung. Sie sind ein Teil der Vergangenheit, nicht aber der Gegenwart.
Sterbende erfahren in der Auseinandersetzung mit ihrem gelebten Leben die innewohnende Kraft der bedingungslosen Liebe Gottes, der keine Schuld kennt. Wir mögen viele Fehler gemacht haben, aber es geht darum, sie als solche zu erkennen, sie anzunehmen und loszulassen. Wir werden von einer Macht geliebt, die größer ist als wir. Das Ende aller Schuld besteht in der Heilung durch Vergebung.
Akzeptanz und Dankbarkeit
Wenn ein Leben sich endgültig seinem Ende zuneigt, ist es der schwierigste Schritt des Sterbenden, den bevorstehenden Tod akzeptieren zu können. Wer durch den Prozess der Lebensbilanz den positiven und negativen Aspekten seines Lebens ins Auge sehen konnte durch Aussöhnung und Vergebung, erfährt einen inneren Frieden, den er so in seinem ganzen Leben nicht kennengelernt hat. Gleichzeitig öffnen sich die inneren Augen für die Gegenwart der geistigen Welt. Der Sterbende fühlt sich angenommen, geliebt und erwartet.
Wenn der Sterbende in seinen bevorstehenden Tod einwilligen kann, bedeutet das noch lange nicht, dass
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