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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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liegen, und Sie hörten meinen Schritt nicht. Haben Sie geschlafen? Ich wollte Sie nur etwas fragen …«
    »Ich habe geträumt«, sagte Juan linkisch. Er sah zu Boden, denn ihre Augen waren auch schwarz, und sie hatten einen Glanz, der ihn verwirrte. Wenn er in sie schaute, würde er kein Wort sagen können, das spürte er. Und wenn er sie ansah, mußte es ihm sein, als sei sie gerade aus jenen Bildern gekommen, von denen er träumte … den Bildern aus den Lebensmärchen außerhalb der Hügel um Solana del Pino. »Was wollten Sie mich fragen?« sagte er leise.
    »Ich möchte zu der Familie Torrico.«
    Juan zuckte zusammen. Sie wollte in das alte Haus? Sie fragte nach dem Namen seiner Familie?
    »Ich bin Juan Torrico«, sagte er stockend.
    »Welch ein Zufall!« Sie klatschte in beide Hände und freute sich. »Dann kann ich es Ihnen ja sagen. Mein Vater schickt mich.«
    »Ihr Vater?«
    »Ja. Ricardo Granja. Er wollte von Pedro Torrico – es ist Ihr Bruder? –, er wollte von ihm einen Karren voll Äpfel. Es ist Dürre in der ganzen Umgebung, und man will von einem Obsthändler Früchte haben. Mein Vater hat gehört, daß Pedro Torrico einer der wenigen Bauern ist, der noch Obst auf den Bäumen hat.«
    »Pedro ist ein fleißiger Mann.« Juan nickte. »Er ist ein guter Bauer. Er wird Ihnen den Karren voll geben.«
    »Wollen Sie es ihm sagen?« Das Mädchen lächelte ihn an. »Ich könnte mir den Weg sparen …«
    Juan nickte wieder. Es war etwas Hilfloses in diesem einförmigen Nicken, etwas um Vergebung Heischendes, das er nicht anders ausdrücken konnte.
    »Ich werde es Pedro sagen«, meinte er stockend. Dann wagte er doch, aufzublicken, und sah in ihre schwarzen Augen, deren Blick ihn wie eine Flamme durchzog. »Ich wollte heute nachmittag zu Ihrem Vater kommen und einige Kuhseile kaufen. Wie gut, daß Sie gekommen sind, daß wir uns trafen, daß Sie mich fragten …« Er schwieg wieder aus Verlegenheit, zuviel von dem zu sagen, was er im Augenblick in seinem Inneren empfand. »Haben Sie Zeit bis zum Mittag?«
    Sie zögerte. Sie blickte ihn an, abschätzend, wie er dachte. Und er schämte sich seiner geflickten Kleider und des Staubes, der auf ihnen lag. Ich hätte sie nicht fragen sollen, dachte er traurig. Wie kann ein so armer Bauer wie Juan Torrico auch ein so schönes Mädchen fragen? Ein lumpiger Bauer, der abends nichts zu essen hat als einen Hirsebrei oder ab und zu einen Mehlkuchen aus weißem Weizen.
    »Ist es noch weit bis zu Ihrem Haus?« fragte das Mädchen.
    »Vielleicht zwei Stunden.«
    »Dann kann ich bleiben.« Sie lachte und setzte sich in das staubige Gras. Juan sah es mit Entsetzen und wollte sie daran hindern, aber in der Bewegung stockte er und schämte sich. Der schöne Seidenrock, dachte er nur. Sie macht sich schmutzig, und ich bin schuld, weil ich gefragt habe … Das Mädchen strich sich die schwarzen Locken aus der Stirn. »Wenn ich bis zum Hof gemußt hätte, wäre ich auch vor Nachmittag nicht nach Hause gekommen. Mein Vater ist nämlich sehr streng«, sagte sie und nickte dabei mit dem kleinen, schmalen, schönen Kopf. »Er hält nichts von den freien Sitten, wie sie im Norden Spaniens sind.«
    »Ich habe den Norden nie gesehen.« Juan ließ sich an ihrer Seite nieder und verbarg seine schadhaften Schuhe unter den Oberschenkeln, indem er die Beine kreuzte, wie es die Orientalen tun. »Ich kenne auch den Süden nicht, den Westen oder den Osten – ich kenne nur das Dorf und die Hügel und den Fluß und die Pinien und die Herden und die Felder und die Sonne und den Wind.«
    »Dann kennen Sie die ganze Welt«, sagte das Mädchen leise.
    »Aber die Welt ist doch so groß.« Er steckte seinen Skizzenblock in das offene Hemd auf die Brust und knöpfte es zu, als müsse er ein Geheimnis verstecken. Dann beugte er sich zu dem Mädchen vor: »Ich möchte so gerne Madrid sehen …«
    »Madrid?« Sie hob die dichten Augenbrauen. »Ich war schon einmal in Madrid.«
    »Sie waren in Madrid?« Juans Körper zuckte. »Sie ist schön, diese Stadt, nicht wahr? Groß, breit, und die Menschen sind so vornehm, und sie können in ein Haus gehen, wo bewegliche und sprechende Bilder auf einer Leinwand sind. Film nennen sie es … meine Mutter hat mir davon erzählt, und auch Pedro hat einmal einen in Puertollano gesehen, als er Korn verkaufte. Er war ganz begeistert und hat eine Woche lang allen Bauern von diesem Film erzählt. Haben Sie auch schon einen Film gesehen?«
    »Mehr als einen!« Das Mädchen

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