Vielleicht Verliebt
stehen offen und lassen Licht durch. Es duftet nach frisch gebackenem Kuchen, nach warmem Kakao und nach – Beo!
»Hereinspaziert! Herzlich willkommen!«, krächzt es ihnen aus der Tür am Ende des Flurs entgegen.
»Ist das B-O?«, fragt Elisa ungläubig.
Max verdreht die Augen. »Allerdings. Der ist so eine Labertasche geworden, das glaubt ihr nicht.« Er nimmt Elisa und Joram die Jacken ab und hängt sie auf. »Geht schon rein, ich komm sofort.«
Elisa folgt mit klopfendem Herzen dem Krächzen. Sie muss B-O nicht erst suchen: Er fliegt gerade quer durchs Wohnzimmer und landet auf einer Sessellehne. »Nicht auf den Tisch, B-O!«, quäkt er dabei streng.
»Das ist ja die Stimme von Max!«, ruft Joram.
Elisa steht ganz still da. Es ist, als würde sie durch ein Fernrohr gucken, das auf B-O gerichtet ist. Alles andere sieht sie nicht.
Ob er sich überhaupt noch an sie erinnert? An die zwei Tage, als sie seine Vogelmutter war?
»Hallo, B-O«, sagt sie sanft.
B-O sieht sie an, legt seinen Kopf schief und flötet den Urwald-Ton. »Mein Lieblingston«, flüstert sie. »Du kennst mich noch!«
»Hassu-wassu-essen?«, gurrt B-O.
»Du sollst doch nicht betteln!«, ruft Max von nebenan.
Schuldbewusst beugt B-O sich runter und wetzt seinen Schnabel an der Sessellehne. Aber als Elisa ihre Tupperdose aufmacht und ihm ein Stückchen Birne hinhält, kommt er sofort angestakst und zieht es ihr aus der Hand.
»Dangedange«, nuschelt er mit vollem Schnabel und fliegt in die hinterste Ecke des Zimmers zu einem riesigen Kletterbaum mit knorrigen, rindenlosen Ästen. Dort zerfetzt er die Birne mit seiner Schleuder-Methode. Unter dem Baum ist ein großes Wachstuch ausgebreitet, auf dem eine kleine Badewanne steht. Das Wachstuch ist patschnass. Offenbar hat B-O sich ihnen zu Ehren vorhin noch mal frischgemacht.
Ganz oben an der Wand entdeckt Elisa einen Holzkasten mit einem runden Loch in der Mitte. Das muss B-Os Schlafbox sein.
»Guck mal«, sagt Elisa zu Joram. »Er hat ein Hängebett, genau wie ich.«
»Skandal!« Max kommt mit einem Marmorkuchen aus der Küche. »Ihr sitzt ja noch gar nicht!«
»Skandal!«, echot B-O mit Max-Stimme.
Erst jetzt bemerkt Elisa den liebevoll gedeckten Tisch mit Kakao und Saft und Blümchen-Geschirr und Servietten, die zu Schwänen gefaltet sind!
»Wow«, sagt sie, »hast du das alles gemacht?«
Max blinzelt verlegen. »Ist doch nichts Besonderes«, murmelt er und stellt den Kuchen auf den Tisch. »Nur Kerzen können wir leider keine anmachen.« Er deutet mit dem Kopf in Richtung B-O. »Das ist zu gefährlich.«
»Wo hat B-O denn seinen Käfig?«, fragt Joram.
Max schüttelt den Kopf. »Drinnen hat er gar keinen. Nur nachts, da geht er in seine Schlafkiste.«
»Er kann im ganzen Haus frei rumfliegen?«, fragt Elisa. »Das ist ja cool.«
»Wollt ihr mal was richtig Cooles sehen?« Max zieht die Schürze aus, geht zu B-O rüber und hält ihm seinen Arm hin, den B-O sofort als Rampe zu seiner Schulter benutzt. »Kommt mit.« Er hebelt die Terrassentür auf und geht nach draußen. Mit B-O auf der Schulter!
Fliegt der nicht weg? , will Elisa fragen, aber als sie B-O liebevoll an Max’ Ohrläppchen knabbern sieht, wird ihr klar, dass die Frage komplett überflüssig ist.
»Was sagt ihr jetzt?« In Max’ Stimme liegt eine Mischung aus Stolz und Freude.
»Hammer!«, hört Elisa Joram neben sich japsen.
Und als sie es schafft, ihren Blick von B-O loszureißen und in Richtung Garten zu schwenken, da sieht sie ihn: den einsamen Nussbaum, um den herum der riesengrößte Außenkäfig gebaut ist, den Elisa jemals gesehen hat! Höher als die Baumkrone.
»Wer hat den denn gemacht?«
»Mein Vater.« Max öffnet die schmale Drahttür, die ins Innere des Geheges führt. »Ich hab natürlich geholfen. Hier haben wir mehr oder weniger den kompletten Sommer verbracht. Hereinspaziert! Herzlich willkommen!«
Das »Herzlich willkommen!« kräht B-O mit. Sobald sie den Riesenkäfig betreten haben, flattert er los und verschwindet irgendwo in der Baumkrone.
»Wollt ihr mal rauf?« Max klopft einladend auf die Stufen-Bretter, die am Stamm festgenagelt sind.
»Klar!« Elisa klettert sofort los. Irgendwo hoch oben hört sie eine leise Melodie. Wo die Bretter aufhören, gabelt sich der Stamm in mehrere dicke Äste, die eine Art Sofaecke mitten im Baum bilden. Die Blätter sind rot und gelb, aber immer noch dicht, sodass von dem Maschendraht und der Welt dahinter nichts zu sehen ist.
»Wie cool!«
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