Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
meiner frühen Lebensjahre. Vielmehr meine ich das Gespräch unmittelbar danach, in dem es darum ging, was ich denn nun konkret beitragen konnte. Der Heinz zählte in den folgenden Minuten ein paar mögliche Betätigungsfelder auf, und ich schrie alle zwei Sätze: »Mach ich!« Weil ich ein Depp war. Und was für einer.
Somit war ich nun in der Stuntshow als Bankräuber eingeteilt und hatte mich zweimal am Tag auf der Mainstreet zu prügeln, herumzuballern und möglichst effektvoll in den Staub zu werfen. Kein Problem! Was ein Spaß!
Außerdem war ich Teil der Saloonshow, in der ich mehrere Lieder mit Gesang und Gitarre zum Besten geben sollte. Kein Problem! Was ein Spaß!
Dann hatte ich zusammen mit den beiden Saloongirls und Kollege Long John eine Westernpolka zu tanzen, bei dem ich am Ende in einen Spagat sprang, um dann am Ende in Frauenkleidern als »Miss Annie Oakley, die Scharfschützin« aufzutreten und mit einem Gewehr über der Schulter und einem Taschenspiegel rückwärts drei Ballons kaputt zu schießen. Dabei musste ich eine halbe Zigarre rauchen, einen Flachmann in einem Zug leeren, wie ein Brett nach vorne aufs Gesicht fallen und am Ende von einem Tisch aus kopfüber durch eine Saloontür in den Gambling Room nebenan stürzen. Dort stand ein Stapel Stühle, die ich umzutreten hatte, um auch ein entsprechendes Poltern zu erzeugen. Kein Problem! Was ein Spaß …
… am ersten Tag.
Kapitel 2: 60 Steaks pro Woche
oder: Vom Boxen zum Büffel
Von Heinz Bründl
B evor wir gleich in die vielen Anekdoten und Erinnerungen abtauchen, würde ich gerne erzählen, wie es eigentlich dazu kam, dass von 1987 bis 1995 eine Westernstadt in Poing bei München stand.
Eigentlich hatte ich ja Metzger gelernt. Der Vater eines damaligen Freundes von mir hatte einen Lebensmittelmarkt, und der fragte mich irgendwann mal: »Magst du Kaufmann oder Metzger werden?« Ich dachte mir, Kaufmänner gibt’s schon so viele, also hab ich mich recht pragmatisch für Metzger entschieden. Aber kaum hatte ich ausgelernt, zog es mich mehr in den kreativen Bereich.
Und deswegen bist du dann erst mal Boxer geworden?
Ich war ein kreativer Boxer.
Für mich hat das immer gleich ausgesehen: »Batsch«, und da liegt er.
Aber die lagen immer anders.
Hab ich nicht drauf geachtet.
Für so was muss man auch einen Sinn haben.
Ich hatte relativ früh angefangen zu boxen, weil mein Bruder ein sehr bekannter deutscher Mittelgewichtler war. Ich selbst war dann mit siebzehn Jahren deutscher Vize-Meister im Mittelgewicht, Bayerischer Meister und so weiter. Bald hatte ich so gut wie alles erreicht, was man als Amateur in Deutschland so erreichen konnte, und dann war das für mich erledigt. Ich war eh immer recht trainingsfaul, sonst wäre ich vielleicht noch weiter gekommen. Aber nach sechzig Kämpfen hatte ich keine Lust mehr.
Zählen da die Kämpfe auf der Mainstreet in No Name City dazu?
Das waren keine Kämpfe. Das waren Diskussionen über die Hausordnung in einem Freizeitpark.
Selbstverständlich.
Zum Wilden Westen kam ich aber durch meine Arbeit als Metzger. Denn da gab es einen Kunden, der holte jeden Freitag immer achtzig Steaks. Irgendwann war ich einfach neugierig und fragte ihn, wozu man so viele Steaks braucht. Er antwortete mir: »Ich bin im Cowboy-Club. Magst mal mitgehen?« Und von diesem Moment an nahm das Ganze seinen Lauf.
Denn ich bemerkte sehr schnell, dass dort eine große Marktlücke klaffte. Fast jeder machte sich damals ja seine Ausrüstung selbst. Und das war manchmal recht gelungen, viel öfter aber eben überhaupt nicht. Und außerdem war es 1976 noch ganz schön schwierig, an das richtige Zubehör und das Material zu kommen. Um den Mangel zu beheben und natürlich auch aus geschäftlichen Überlegungen gründete ich schließlich die erste »Hudson’s Bay Indian Trading Post« in München. Ich glaube sogar, dass das der erste Laden dieser Art in Europa war.
Entsprechend den Vorbildern aus dem Wilden Westen konnte man dort alles kaufen, was man brauchte, um sich authentisch auszurüsten. Ich besorgte originalgetreue Decken aus England, Büffelfelle aus den USA oder Glasperlen aus Italien – und zwar aus Murano. Dort war ich pro Jahr sicher fünfmal, denn daher stammten auch viele Glasperlen der damaligen Indianer. Natürlich auch in den richtigen Farben, denn gewisse Perlfarben waren damals recht selten und kaum zu bekommen.
Ich weiß noch, wie ich den Namen meines Ladens auf die Fenster malte und ein
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