Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
…«
»He, he, keine Provinzclubs«, kontert Ruso.
»Dann aber auch keine aus den unteren Ligen. Aber bitte, wenn du meinst: Unión Deportivo Morón, Instituto de Córdoba. Reicht’s oder brauchst du noch mehr?«
Fernando hat sich schweigend angehört, wie Mauricio die Namen heruntergerasselt hat, selbstsicher, entschlossen, ja fast kalt. Wie ein Trommelfeuer. Wenn sich seine Freunde in die Haare kriegen, passiert immer das Gleiche: Mauricio scheint über ein ganzes Waffenarsenal zu verfügen, während Ruso naiv in jede Falle tappt.
»Was gibt’s da zu lachen?«, blafft Mauricio Fernando an.
»Ich lach doch gar nicht, ich lächle.«
»Und worüber?«, regt sich sein Freund weiter auf. Unglaublich, wie schnell man ihn in Rage bringen kann.
»Moment! Maniyú de Corrientes!« Ruso strahlt, als hätte er gerade ausgeglichen.
»Da kommen die Jungs von Santiago aus der Kabine«, sagt Fernando, froh, die beiden ablenken zu können. So erspart er Ruso eine weitere Niederlage.
»Wer von denen ist Pittilanga?«
»Der, der sich gerade an der Seitenbande aufwärmt.«
»Wer? Der Dünne? Der so flink aussieht?«
»Nein, der Große, der aussieht wie ein Rumpelfüßler.«
»Ah …«
Als die Partie angepfiffen wird, sagt Ruso, er komme sich vor wie so ein Beobachter, den die Trainer ein, zwei Spieltage vor der Begegnung losschicken, um den Gegner auszuspionieren. Aber die anderen hören ihm nicht zu. Fernando, weil er alles, was ihm wichtig scheint, in ein Notizbuch schreibt, Mauricio, weil er sich konzentriert: Ernst, schweigend, mit vor der Brust verschränkten Armen verfolgt er das Spielgeschehen.
Nach der ersten Halbzeit – ein zähes, torloses Unentschieden – geht Ruso aufs Klo und kommt mit Hamburgern und Cola zurück. »Wisst ihr, was mich das hier gekostet hat? Das ist die reinste Abzocke!«
Die anderen kramen in ihren Hosentaschen nach Geld und geben ihm jeweils einen Zehner. Als die Mannschaften wieder aufs Spielfeld laufen, stellen sie erleichtert fest, dass Pittilanga auch die zweite Halbzeit bestreiten wird. Die Heimmannschaft spielt besser und schießt kurz hintereinander zwei Tore. Atlético Mitre hingegen wirkt hilflos. Pittilanga wird eine Viertelstunde vor Schluss ausgewechselt. Der Trainer klopft ihm zerstreut auf die Schultern.
»Für diesen Versager hat Mono dreihunderttausend Dollar hingeblättert«, sagt Mauricio. Seine Stimme klingt düster, und es ist auch keine Frage, sondern eher eine Feststellung. Ein Urteil.
»Dreihundertzehntausend«, korrigiert Ruso.
»Der soll bei der U-17 gewesen sein?«
»Ja, war er.«
»Und was ist schiefgelaufen?«
Den Rest des Spiels betrachten sie schweigend. Als der Schiedsrichter abpfeift, stehen die Fans der Heimmannschaft auf und applaudieren ihren Spielern, die am Mittelkreis stehen und grüßend die Arme heben.
Auch die drei Freunde stehen auf. Sie folgen den anderen Besuchern, steigen die schmutzigen, weiß gestrichenen Stufen hinunter, schieben sich Entschuldigung murmelnd an mehreren Leuten vorbei, bis sie sich endlich zur Gästekabine durchgeschlagen haben. Ruso klopft an. Ein kleiner Kerl im Trainingsanzug öffnet ihnen. Auf seiner Baseballkappe steht: Weingut El Tanito – Mendoza .
»Wir müssen mit Señor Bermúdez sprechen«, sagt Ruso und fügt hinzu: »Wir sind die Besitzer von Pittilanga und kommen extra aus Buenos Aires.«
Fernando fragt sich, ob es eine gute Idee ist, sich so vorzustellen. Besitzen sie den Spieler oder besitzen sie nur die Transferrechte? Eigentlich weder das eine noch das andere. Als Mono klar wurde, dass er sterben würde, bestand er darauf, schnell noch einen Vertrag aufzusetzen, in dem er seiner Mutter die Transferrechte übertrug. Somit ist Fernando der Sohn der Pro-Forma-Rechteinhaberin. Ziemlich kompliziert, das Ganze.
»Moment.«
Durch den Türspalt erhaschen sie einen Blick in die Kabine: halbnackte Spieler, Wasserdampf, herumliegende Trikots, bedröppelte Gesichter. Das erwartbare Szenario, wenn man zwei zu null verloren hat. Plötzlich erscheint ein Hüne im Türrahmen, der den gleichen Trainingsanzug trägt wie der andere eben und die gleiche Baseballkappe. Gibt es in Santiago del Estero keinen einzigen Sponsor?, fragt sich Fernando. Müssen die sich wirklich einen in Mendoza suchen?
»Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragt der Hüne und sieht sie abwechselnd an, als wüsste er nicht recht, an wen er sich wenden soll.
»Wir kommen aus Buenos Aires. Die Besitzer von Pittilanga«, stammelt Ruso.
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